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Obama Leno

© AFP

Show und Business: Mister Feelgood

US-Präsident Barack Obama war Gast in der „Tonight Show“ des NBC-Talkers Jay Leno. Das Gespräch schwankte zwischen "First Dog" für die Töchter und Wirtschaftskrise. Immerhin, der Präsident hat die besseren Pointenschreiber als der Talkmaster.

Für jeden fiel etwas ab in der seichten Stunde rund um Mitternacht. Für die Klatschblätter die Nachricht, dass die Obama-Mädchen Anfang April den versprochenen Hund bekommen. Für den Präsidenten die Gelegenheit, seine Rettungspläne und seinen Finanzminister vor einem politikfernen Millionenpublikum zu verteidigen. Und für seine Gegner im rechten Spektrum die Vorlage für einen gesuchten Aufreger.

Im Wahlkampf hatte sich Barack Obama beim Bowling vor laufenden Kameras blamiert. Auf die Frage des Talkmasters Jay Leno in der „Tonight Show“ in der Nacht zum Freitag, ob die Bowlingbahn im Weißen Haus nun abgerissen und ein Basketballfeld gebaut werde, versicherte Obama, er habe fleißig trainiert; seine Bowlingkünste reichten jetzt ungefähr für die Behindertenolympiade. Damit habe er die Behinderten beleidigt, urteilte der rechte Sender Fox und verlangte eine Entschuldigung. So konnte jeder etwas Passendes finden im angeblich ersten Auftritt eines US-Präsidenten in einer nächtlichen Talkshow. Obama erschien wie ein Überflieger. Keine 15 Minuten nachdem er sich auf dem Bildschirm von den Studiogästen im fernen Westen verabschiedet hatte, meldete das Weiße Haus, er sei bereits in Washington, rund 5000 Kilometer weiter östlich, gelandet.

Am Ende alles nur Showbusiness? Der Auftritt war vorher aufgezeichnet worden. Die Abschrift versandte Obamas Sprecher bereits zwei Stunden vor der Ausstrahlung an das White House Press Corps, um die Spätausgaben der Zeitungen zu erreichen. Die Legende von der Premiere eines Präsidenten in so einer Show hatte die „Huffington Post“ vor Tagen widerlegt. George W. Bush habe „Deal or No Deal“, ebenfalls auf NBC, beehrt, um den Irakkrieg zu verteidigen. Die Behauptung vom „ersten Mal“ wurde dennoch fleißig weiter kolportiert.

Jay Leno, seit 17 Jahren Gastgeber der NBC-„Tonight Show“, hatte Obama bereits zwei Mal in der Sendung, da war der freilich noch Kandidat. Auch andere Präsidentschaftsbewerber drängeln im Wahlkampf in solche Auftritte. Leno erreicht im Schnitt vier bis fünf Millionen Bürger. Einen amtierenden Präsidenten hatte er noch nicht zu Gast. Ist es denkbar, dass so ein Routinier da Lampenfieber spürt? Obama dominierte die Unterhaltung, lenkte das Gespräch, Leno war mehr Stichwortgeber als nachhakender Interviewer. Im ersten Viertel der von langen Werbepausen unterbrochenen Sendung zwischen 23 Uhr 30 und 0 Uhr 30 Ostküstenzeit erfuhren die Zuschauer, dass Barack sein Flugzeug „Airforce One“ ziemlich „cool“ finde, Ehefrau Michelle sich über die langen Wagenkolonnen lustig mache und die Töchter „nicht sehr beeindruckt“ seien, wenn sie im Hubschrauber an den Wahrzeichen der Hauptstadt vorbeifliegen, sondern nach Keksen fragen.

Der Mittelteil galt der Politik. Der Volkszorn richtet sich gegen Manager, die schamlos Millionen kassieren, obwohl ihre Firmen nur dank Milliarden aus Steuermitteln überleben. Obama nahm Verantwortung für Fehlregelungen auf sich, auch wenn die noch aus Bushs Zeit stammen. „Ich bin der Typ, der das jetzt reparieren soll.“ Er verlangte eine Rückkehr zu amerikanischen Tugenden wie Fleiß und Bescheidenheit.

Das letzte Drittel war lockeres Entertainment. Mehrfach schien es, als habe Obama die besseren Pointenschreiber im Team als Leno. „Ach, das war doch nur ein Wahlversprechen“, tat er die Frage nach dem Hund zunächst ab und erntete Gelächter. Nein, das war nur ein Scherz. „Wenn ich vom Nato-Gipfel zurück bin, ist der Hund da.“ Fünf lange Monate haben die Töchter seit dem Versprechen in der Wahlnacht gewartet. Amerikas Bürger werden sich wohl länger gedulden müssen, bis die Finanzkrise überwunden ist.Christoph von Marschall

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