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Medien: „Sicherheit vor Sensation“

Wochenmagazine und Onlineportale bereiten sich auf den Krieg vor

Von Kurt Sagatz

und Ulrike Simon

Sollte es zum Krieg gegen den Irak kommen, wird sich das Bedürfnis nach eindringlichen Fotos und Reportagen, aber auch schnellen, aktuellen Informationen nicht zuletzt auf die großen Wochenmagazine und Nachrichtenportale im Internet richten. Die Vorbereitungen laufen bereits. Vom „Spiegel“ ist zurzeit Auslandschef Olaf Ihlau in Bagdad, ebenso wie Volkhard Windfuhr vom Büro in Kairo. Seit einigen Wochen, sagt Redaktionssprecher Hans-Ulrich Stoldt, sei kontinuierlich ein Reporter im Irak. Sollte der Ernstfall eintreten, wolle der „Spiegel“ das Geschehen von Kairo, Kuwait, der Türkei und einem Golf-Emirat aus beobachten. Alle Reporter sind angehalten, nichts zu riskieren. Als Indikator gilt der Rückzug der UN.

„Sicherheit geht vor Sensation“ – das ist die Warnung, die „Focus“-Chef Helmut Markwort seinen Reportern mitgibt. Zwei sind gegenwärtig im Irak, ansonsten wird „Focus“ Festangestellte und freie Mitarbeiter aus Israel, der Türkei und auch von Asien aus berichten lassen. Wer eine Rechnung über eine kugelsichere Weste einreicht, sagt Markwort, könne mit seiner Unterschrift rechnen. Für die Sicherheit sind die Journalisten allerdings selbst verantwortlich.

Um im Kriegsfall Verbindung mit der Redaktion halten zu können, gibt es für die Journalisten Satellitentelefone. Beim „Stern“ werden sämtliche Teams (jeweils ein Fotograf und ein schreibender Journalist) mit Digitalkameras, Satellitentelefonen, Schutzwesten und Gasmasken ausgerüstet, sagt Chefredakteur Thomas Osterkorn. Nachdem im Kosovo-Krieg zwei „Stern“-Reporter und in Afghanistan 2001 ein weiterer „Stern“-Mitarbeiter starben, mahnt die Illustrierte zu besonderer Vorsicht. Seit Januar hat der „Stern“ ein Team in Qatar. Weitere Teams halten sich bereit, für Visa sei gesorgt. Kommt es zu Kriegshandlungen, würden alle „Stern“- Reporter abgezogen. In diesem Fall würde aus den benachbarten Ländern und vom „Stern“-Büro in Israel aus berichtet.

Zu den Stärken des Internets gehört die hohe Flexibilität des Mediums. Mitunter geht das weiter, als es der Geschmack der Online- Nutzer zulässt. Tilman Aretz, Nachrichtenchef von n-tv.de, erzählt von einer Flash-Animation beim Kooperationspartner CNN. Die Animation demonstriert die Funktionsweise eines Kampfjets – per Mausklick lässt sich gar der Bombenabwurf steuern. Für eine deutsche Internet-Ausgabe undenkbar, „wir wollen ja keine Kriegssimulationen veranstalten“, sagt Aretz. Dennoch will n-tv.de den Krieg zeigen, wie er wirklich ist. Dazu gehöre es, das Waffenarsenal der US-Streitkräfte zu erklären. Auch das geht einigen zu weit. Das Bild der Flächenbombe „Daisy-Cutters“ („Gänseblümchen-Mäher“) führte zu empörten Protest-Mails aus der n-tv-Redaktion.

Mit eigenen Reportern können Internetportale selten punkten. „Spiegel online“ bereitet derzeit die Entsendung eines eigenen Reporters in die Golfregion vorbereitet. Zudem plant der Online-Dienst, beim Kriegsausbruch die üblichen Ressortsaufteilungen aufzuheben. Nicht Politik, Wirtschaft, Panorama, sondern die strategischen, politischen und ökonomischen Aspekte sollen das Angebot bestimmen, so Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron. Wie bei den meisten Online-Ausgaben wird auch bei „Spiegel online das meiste Material vom gedruckten Heft“ geliefert. So wie bei „Tagesschau.de“, wo Videostreams der Sendung durch Hörfunkbeiträge der ARD-Sender ergänzt werden. Bei der „Netzeitung“, die ausschließlich online erscheint, setzt Chefredakteur Michael Maier neben dem üblichen Irak-Spezial darauf, die Entwicklung zusätzlich aus arabischer und israelischer Sicht zu beleuchten. Dafür hat er sich der Mitarbeit zweier Journalisten versichert. Eine ausgewogenere Darstellung erwartet Maier dadurch, dass Menschenrechtsorganisationen und andere nichtoffizielle Stimmen durch Links eingebunden werden.

Die Gefahr, dass der Krieg zum Kollaps der Internet- Server führt, wird als gering eingeschätzt. „Wir haben die Kapazitäten nach dem 11. September extrem ausgeweitet“, heißt es bei n-tv. Damals war die Seite zwei Tage offline. Helmut Martin-Jung, Chefredakteur von „Sueddeutsche.de“, sagt: „Mittlerweile wissen wir einigermaßen, wie man damit umzugehen hat.“

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