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Siegfried-Lenz-Verfilmung: Nordsee ist Mordsee

"Die Flut ist pünktlich" ist eine ungewöhnliche Siegfried-Lenz-Verfilmung mit Jürgen Vogel, Ina Weisse und August Zirner.

Ein düsterer Tag an der Nordsee. Wie Gewichte hängen graue Wolken am Horizont. Ein Mann in wetterfester Kleidung stapft über den menschenleeren Strand. Wellen schwappen über seine Füße, er geht unbeirrt weiter hinaus, ins offene Meer. Die Flut kommt pünktlich.

Eine Literaturverfilmung. Und wiederum auch nicht. Bei der Umsetzung einer Kurzgeschichte von Siegfried Lenz hat der erfahrene Autor André Georgi („Bella Block“) etwas Ungewöhnliches geschaffen. Die Geschichte von Lenz ist im Original nur wenige Seiten stark. Von daher hat sie mit diesem 90-Minüter im Fernsehen nicht mehr so viel zu tun. Lenz’ Geschichten hätten aber immer Untiefen, sagt der Autor, er habe nur ans Tageslicht holen müssen, was sich unter der Oberfläche verbirgt.

Ein guter Fang. Der Zusammenhang, die Symbolik von  Natur/Gewalten und menschlichen Befindlichkeiten reizt die Geschichtenerzähler ja seit Menschen Gedenken. Gerade auch beim ZDF am quotenträchtigen Montagabend. Da haben Krimis und Dramen aus Stralsund, Rügen, Rostock und Husum Konjunktur. „Die Flut ist pünktlich“ wird Sylt-Liebhaber freuen. Es braucht allerdings eine gewisse Lust am drückenden Leiden, an der Melancholie.

Ein Toter, ein Verhältnis, ein Verdacht

Am Strand wird eine Leiche angespült. Der Tote ist Alexander Halbach (August Zirner), der Mann der schönen, verschlossenen Bettina (Ina Weisse). Obwohl ihre Beziehung seit langem auf Eis lag, hatte Bettina während der schweren Nierenkrankheit ihres Mannes zu Alexander gehalten. Gemeinsam besaßen sie ein Sommerhaus auf der Insel, in das sich Bettina zurückzog. Sie hatte ein Verhältnis mit Tom. Die Ehe von Tom (Jürgen Vogel) und Ulrike (Nicolette Krebitz), die eine Pension auf der Insel führen, geht ebenfalls durch eine tiefe Krise. Die Polizistin Maike (Bernadette Heerwagen), die der Familie seit Kindertagen verbunden ist, entdeckt, dass die Sache mit dem Unfall des erfahrenen Wattwanderers doch nicht so selbstverständlich ist. Ein Selbstmord? Mord im Watt? Und wenn ja, wie infam ist das denn? Maike erfährt es beim Showdown am Hafen.

Eine merkwürdige Dreiecksgeschichte. Langsam hat sich ungeheuerliches Unheil in die Protagonisten hineingeschlichen. Das Wort ergreifen heißt immer auch handeln, hat Lenz mal gesagt. Täten das diese Halbachs mal. Schweigen, Missverständnisse und Schuld führen zur tragischen Verstrickung. Das Ganze ist hervorragend besetzt, elegisch erzählt, immer wieder fängt der Vogelblick (Kamera: Frank Küpper; Regie: Thomas Berger) einsame Reethäuser und über den Deich stapfende Menschen ein. Der Film ist richtig gut. Alleine schon wegen Ina Weisse. Markus Ehrenberg

„Die Flut ist pünktlich“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15

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