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TV-Therapeut: Spürhund und Menschenkenner - Bloch auf der Höhe seiner Weitsicht

Psychologen haben in populären Medien wie dem Fernsehen zumeist einen schlechten Ruf. Nicht so der ARD-Therapeut Bloch.

Bloch-Filme sind immer so gut wie Bloch im Film. Dieser ebenso schergewichtige wie hochsensible Psychotherapeut, als Rolle dem Schauspieler Dieter Pfaff auf den Leib geschrieben, ist sich selbst der wichtigste Patient. Und an dieser harten Nuss, die das eigene Ego für den Psychologen darstellt, beißt sich Bloch immer mal wieder die Zähne aus. Je nachdem, wie viel Spielraum das Drehbuch ihm lässt, fremden Ratsuchenden zur Verfügung zu stehen, läuft der Doktor dann aber doch zu großer Form auf. In „Die Geisel“ steht er vor der delikaten Aufgabe, einer traumatisierten Ministerin, gespielt von Claudia Michelsen, bei der Verarbeitung ihrer Todesangst zu helfen. Und tatsächlich, er kommt hinter das Geheimnis seiner schwierigen Patientin. Dafür muss dieser Spürhund und Menschenkenner seine sensibelsten Tentakel ausfahren. Er macht das mit der für ihn typischen Mischung aus Einfühlsamkeit und Zielsicherheit. Und weil Bloch im Film gut ist, ist auch der Bloch-Film gut.

Marianne Herbst gehört der baden-württembergischen Landesregierung an. Ein Jahr lang war sie in der Gewalt von Aufständischen in Honduras. Sie kam frei, ist jetzt wieder zu Hause bei Mann und Kindern. Und sie kehrt zurück ins Büro, nimmt an den Sitzungen teil. Sie sagt, sie könne wieder arbeiten, sie habe die Schrecken der Gefangenschaft hinter sich. Aber so ist es nicht. Bei geringfügigen Anlässen rastet sie aus. Erträgt die Leibesvisitation am Flughafen nicht. Wirft dem Justizminister, der Kritik an ihr übt, ein Handy an den Kopf. Kurz: Sie ist keineswegs über alles hinweg. Ihr Mann besteht darauf, dass sie in Therapie geht. Sie ruft Bloch an.

Psychologen haben in populären Medien einen zweifelhaften Ruf. Sie müssen schon mit besonderen Fähigkeiten aufwarten, damit sie etwa im Fernsehen eine Autorität gewinnen, die der des Kommissars im Krimi vergleichbar ist. Bei „Bloch“ ist das gelungen. Und zwar weil Bloch die Krisen, in denen seine Patienten stecken, immer in einen breiteren Kontext stellt. Und nie nach Schema F verfährt, sondern sich auf seine Patienten einlässt. Und Bloch kann kämpfen. Das muss ein Therapeut können. Denn jede Sitzung ist ein Kampf um die Wahrheit. Bloch stellt der Ministerin indiskrete Fragen. Sie mauert, weil die Wahrheit für sie unerträglich ist. Bloch merkt das. Und sucht für die Erforschung des Traumas der Frau neue Wege. Er befragt ihre Familie. Er steckt seine Nase in ihre amtlichen Angelegenheiten. Er ruft sie im Ministerium an, fährt ihr hinterher, nötigt sie zum Gespräch, weist ihr die Couch. Endlich packt sie aus. „Ich war nicht ich“, resümiert sie in einer freudianischen Schlüsselszene.

Regisseur Elmar Fischer führt seine Protagonisten sicher und in gutem Timing durch den Plot. Und Autor Jörg Tensing hat ein überzeugendes Drehbuch vorgelegt; einziger Schwachpunkt ist die Nebenhandlung um Blochs Gefährtin Clara, gespielt von Ulrike Krumbiegel, die sich um den heranwachsenden Sohn Tommy sorgt. Die Unterbrechung der Haupthandlung mit einer Claudia Michelsen auf der Höhe ihrer Schauspielkunst und einem Bloch auf der Höhe seiner Hellsicht tut einfach nur weh. Barbara Sichtermann „Die Geisel“, Mittwoch, ARD, 20 Uhr 15

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