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Sterbehilfe: Tod im Service-Paket bei ZDF

Trinker, Thesen, Temperamente: Ein heikler Fernsehfilm zum Thema Sterbehilfe, den das Zweite zu später Stunde bringt. Laut ZDF ein Plädoyer für die Würde des Menschen im Leben wie im Sterben.

Kann man dem Fernsehen das Thema Zukunft nicht einfach verbieten? Der Fernsehfilm „Komm, schöner Tod“, der in einem futuristischen Berlin angesichts einer überalterten Gesellschaft von der legalen, geschäftsmäßigen Tötung auf Verlangen erzählt, soll laut ZDF ein Plädoyer für die Würde des Menschen im Leben wie im Sterben sein. Die 90 Minuten hinterlassen beim Zuschauer aber eher eine gewisse Ratlosigkeit, angesichts eines ambitionierten Films mit guten Darstellern, der seine Tonlage zwischen Satire, überzeichneten Figuren und Thesenfilm einfach nicht finden will.

Worum geht es? Die Hauptstadt, in der nahen Zukunft. Verwirrte alte Menschen werden von staatlichen Einsatzkommandos aufgegriffen und in Heime gebracht. Derweil feiert der Unternehmer Sebastian von Werding (Dietrich Hollinderbäumer) ein Geschäftsmodell. Jeder darf sich sein Todespaket zusammenstellen, gegen Bares. Tochter Simona (Anna Loos), eine Ärztin, kämpft in einem Alten-Auffangheim mit Problemen des Alltags, was sie nicht daran hindert, in einer Abstellkammer eine Nummer mit einem Pfleger hinzulegen, während vor der Tür eine Frau im Rollstuhl wartet. Dritter Protagonist ist der alkoholkranke Journalist Jens Kurzhals (Herbert Knaup), der seinen demenzkranken Vater betreut und dem Unternehmer einen Werbefilm drehen soll.

Ewige Jugend, eine geliftete Unternehmersfrau, schneller Sex, übertemperierte Alte, die Notarztwagen entführen, die Vater-Tochter-Geschichte, ein versoffener Journalist – das ist alles recht dick aufgetragen und sicher nicht nur dem Grimme-Preis-gekrönten Autor und Regisseur Friedemann Fromm („Unter Verdacht“, „Die Wölfe“) anzukreiden, der das Stück nach dem Roman „Die Erlöser AG“ im Auftrag von ZDF und Regina Ziegler realisiert hat. ZDF/Ziegler zeichneten auch für die Science-Fiction-TV-Projekte „2030 – Aufstand der Jungen“ und „2030 – Aufstand der Alten“ verantwortlich, die Zuschauer und Kritik wenig überzeugten. Vielleicht liegt es generell am Thema Zukunfts-Visionen, das sich gegen eine fiktionale Aufarbeitung deutscher TV-Machart sperrt. Dass es „Komm, schöner Tod“ kaum besser macht, könnte aber auch an der Anlage, der Programmierung des Films liegen. 

Die Deutsche Hospiz Stiftung hat das ZDF dafür kritisiert. „Die Entscheider des ZDF hatten wohl Angst vor ihrer eigenen Courage“, sagte der Vorstand der Patientenschutzorganisation, Eugen Brysch, am Mittwoch. Es sei zu bedauern, dass dem Film die Ausstrahlung in der Primetime versagt worden sei. „Das ZDF hat sich nach reiflicher Überlegung für den Sendetermin entschieden“, erklärte dazu ein ZDF-Sprecher. „Eine Ausstrahlung um 20 Uhr 15 birgt das erhebliche Risiko, gerade bei ungewöhnlichen Filmen, dass sie in der mit Abstand schwierigsten Konkurrenzsituation des Abends untergehen.“ Der zuständige Redakteur, Heiner Gatzemeier, hatte bei einem Pressetermin im März kritisiert, man habe Angst davor, das Thema aktive Sterbehilfe zur früheren Uhrzeit zu platzieren. Dahinter stecke „die Mutlosigkeit des Systems“. Er habe sich dafür eingesetzt, rund um den Film einen Schwerpunkt zur Sterbehilfe zu setzen, „ darauf gab es null Reaktion“. Hätte er, so Regisseur Fromm, von vornherein um den späten Ausstrahlungszeitpunkt gewusst, so hätte er den Film etwas anders anlegen können, gerade auch, was das Thema Gewalt gegen alte Menschen betreffe.

Das mag schon sein. Was die Vermittlung der Problematik Sterbehilfe betrifft, wird so ein – unterhaltender – Fernsehfilm jedoch nie die Kraft eines Dokumentarfilms haben, beispielsweise „Choosing to Die“, zu sehen auf Youtube. Der an Alzheimer erkrankte Regisseur Terry Pratchett begleitet zwei Todkranke, die die Sterbehilfe der Organisation Dignitas in der Schweiz in Anspruch nehmen. 60 Minuten lang, bis zum letzten Becher.

„Komm, schöner Tod“, ZDF, 22 Uhr 15

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