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Bundesligarechte: Teilchen-Beschleuniger

Die Deutsche Fußball Liga will mehr Wettbewerb im Pay-TV und sucht neue Konkurrenten für Sky. Und was wird aus der "Sportschau"?

Wenn im Zusammenhang mit dem Thema „Fußball-Bundesliga im Fernsehen“ von „Hunger nach höheren Einnahmen“ und „Zerstückelung“ die Rede ist, horcht der Fußballfan in Deutschland auf. Der war es jetzt wieder jahrelang gewohnt, mit der „Sportschau“ am Samstagabend, einer zeitnahen Spiele-Zusammenfassung der Nachmittagsspiele, recht gut bedient zu werden und muss sich nun langsam an den Gedanken einer Art Internet-„Sportschau“ gewöhnen. Oder an ein Abonnement bei mehreren Pay-TV-Veranstaltern, um live überhaupt noch bei allen Bundesligapartien dabei zu sein. Auch da scheint die Sache ab der Spielzeit 2013/14 schwieriger zu werden.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) soll für die kommende Rechte-Periode eine Zerstückelung der Pay-TV-Rechte für die erste Fußball-Bundesliga planen, mit der möglichen Folge, dass eingeschworene Fans – wie in anderen europäischen Ländern – künftig nicht nur eines, sondern mehrere Abos abschließen müssten, um alle Partien live sehen zu können. Diese Meldung vom Dienstag traf den Nerv der Fans, aber nicht unbedingt den Stand der Dinge, der laufenden Austarierungen und Erwartungshaltungen.

Fakt ist nach dem vorläufigen, mit seinen diversen Paketen und Szenarien noch etwas unübersichtlichen Ausschreibungskonzept der DFL für die Spielzeiten ab 2013/2014, das dem Bundeskartellamt zur Prüfung vorliegt: Um mehr als die bisherigen insgesamt 412 Millionen Euro für die Profiklubs pro Spielzeit herauszuholen, will die DFL mehr Wettbewerb im Pay-TV. Die Konkurrenz für den bisherigen Rechteinhaber Sky soll deutlich erhöht, mehr Nachfrager sollen angesprochen werden. Wobei noch gar nicht heraus ist, ob es so viele Nachfrager gibt, wie es die DFL gerne hätte.

So werden die drei größten und damit wohl auch teuersten Live-Pakete A, B und C der Ersten Liga separat für die Übertragungswege Fernsehen, IPTV (über das Internet bereitgestellte Fernsehbilder) und Web-TV (am Computer oder Handy zu sehen) angeboten. Potenziellen Bietern wie Sky – aber damit eben auch Neueinsteigern wie ESPN, Yahoo oder der Telekom – bliebe es überlassen, ob sie die Rechte für einen, zwei oder für alle Übertragungswege erwerben. Ein Paket für die Zweitliga-Spiele soll pauschal für alle Vertriebswege angeboten werden.

Will der Pay-TV-Sender Sky, der für die Zeit von 2008 bis 2012 pro Spielzeit gestaffelt 225 bis 275 Millionen Euro zahlt und damit für den Großteil der Medieneinnahmen der Profi-Klubs steht, wie bisher alle Spiele live und exklusiv übertragen, müsste der Sender alle Pakete erwerben oder sie Mitbewerbern überlassen, was wiederum die eigene Exklusivität mindern würde. Wie man allerdings hört, sei die DFL an einer Zerstückelung der Pay-TV-Rechte in der Praxis nicht interessiert. Bei aller veränderten Mediennutzung – ein Fußballfan mit zwei bis drei verschiedenen Pay-TV-Abos/Receivern/Computern zu Hause, um alle Ligaspiele von Freitag bis Sonntag sehen zu können? Dagegen spreche alleine schon der gesunde Menschenverstand, heißt es bei der DFL.

In der Grundlinie bleibt es dabei: Die DFL will mit mindestens zwei Verwertungsszenarien künftig mehr Einnahmen generieren, wovon ein Modell die Exklusivität des Pay-TV-Bereiches erhöht, sobald im Free-TV die traditionelle ARD-„Sportschau“ am Samstagnachmittag verschwinden würde. Zusammenfassungen von den Samstagsspielen wären dann ab 19 Uhr nur über das Internet frei empfangbar, mit einer Art Internet-„Sportschau“. Erste Highlights im klassischen Fernsehen würden dann ab 21 Uhr 45 laufen, beispielsweise im ZDF-„Sportstudio“. In diesem Zusammenhang gibt es auch eine Ausschreibungsoption, die eine deutlich frühere Free-TV-Zusammenfassung der beiden Sonntagsspiele vorsieht, statt ab 21 Uhr 45 im Ersten und den dritten Programmen wie bisher schon ab 19 Uhr.

Es hängt bei den diversen Teilchenpaketen zu viel mit zu vielem zusammen, um verlässliche Aussagen über die Art und Weise des Bundesliga-Medien-Konsums ab 2013/2014 zu machen. Fakt ist aber auch, und damit zurück zum Pay-TV, dass mit den neuen Rechte-Spekulationen die Unwägbarkeiten für den ohnehin gebeutelten Münchner Sender Sky zunehmen. Dessen Sprecher Ralph Fürther sagte dem Tagesspiegel: „Wir warten auf die finale Ausschreibung der Deutschen Fußball Liga.“ Diese wird für den späten Herbst erwartet, das Ergebnis im Frühjahr 2012. Weder sollen die Spekulationen noch die Preise angeheizt werden und schon gar die Konkurrenz erfahren, wie der Pay-TV-Sender vorgehen will. Das Geschäftsmodell von Sky ist ohne Bundesliga-Fußball nichts.

Deswegen muss das Interesse nach wie vor darauf gerichtet sein, alle Spiel live und exklusiv und möglichst im Fernsehen plus IPTV plus Web-TV anzubieten. Das würde Sky richtig viel Geld kosten, ein Sender, der pro Tag über eine Million Euro verliert. Das Engagement bei Sky Deutschland gehört zum Geschäftsbereich von James Murdoch, Sohn des News-Corp-Moguls Rupert Murdoch. Durch den jüngsten Abhörskandal sind beide geschwächt, nicht weniger die Company. Ein Insider sagt: Fällt James, fällt Sky Deutschland, gerät das Investment bei den Bundesliga-Medienrechten ins Wanken, denn für die Teilnahme an der neuen Vergabe-Runde muss Sky möglichst potent und solvent dastehen. Die Deutsche Fußball Liga in Frankfurt am Main schaut nach München, dem Sendersitz von Sky, und Sky schaut nach London und nach New York, wo die Murdochs die Zukunft des News-Corp-Imperiums sichern müssen.

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