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Frust, Unsicherheit und Angst: Insbesondere jüngere Journalisten denken verstärkt daran, ihren Job aufzugeben.

© imago/Reiner Berg

Bleiben oder gehen?: Warum Journalisten mit ihrem Beruf hadern

Studie der Otto-Brenner-Stiftung konstatiert zunehmenden Arbeitsdruck im Journalismus. Das bleibt nicht ohne Folgen.

Mehr Tempo, höhere Arbeitsbelastung, weniger Personal: Eine neue Studie zeigt, dass die aktuelle Transformation im Journalismus zu noch größerem Stress und Zukunftssorgen unter den Beschäftigten führt.

„Am eindrücklichsten ist mir die Darstellung einer jungen Printjournalistin in Erinnerung geblieben. Sie sagte, dass sie mittlerweile das Schreiben – was für sie das Schönste am Journalismus war – mittlerweile hasst, weil sie so viele Sachen nebenbei machen muss“, sagt Rainer Nübel. Er ist Co-Autor der Studie „Arbeitsdruck – Anpassung – Ausstieg. Wie Journalist:innen die Transformation der Medien erleben“ der Otto-Brenner-Stiftung.

Gemeinsam mit seinen Kollegen Burkhard Schmidt, Simon Mack und Daniel Rölle hat er untersucht, welche Folgen der digitale Wandel, die ökonomische Krise – und die damit verbundenen Personaleinsparungen – sowie der Vertrauensverlust gegenüber den Medien für Journalistinnen und Journalisten hat. „Meine Hauptmotivation war zu fragen: Was machen Medien mit ihren Machern?“, sagt Nübel.

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Dafür haben er und sein Team Interviews mit 20 hauptberuflichen Journalistinnen und Journalisten aus Print, Radio, TV und den digitalen Medien geführt. Bei der Auswahl der Befragten achteten sie darauf, die Branche möglichst strukturgetreu abzubilden: So lag das Durchschnittsalter der Befragten mit knapp 48 Jahren etwas über dem Mittelwert von 46 Jahren. Acht Personen waren weiblich. Drei von 20 Befragten, allesamt männlich, hatten Leitungspositionen. Auf Grundlage der Ergebnisse aus den Gesprächen entwickelten die Forscher zusätzlich eine Online-Umfrage, an der rund 160 Personen teilgenommen haben.

[Die Studie der Otto-Brenner-Stiftung finden Sie hier.]

Beide Untersuchungen zeigen, dass sich der sowieso schon große Druck auf Journalistinnen und Journalisten durch die Transformation im deutschen Medienbetrieb weiter erhöht. Ein Grund dafür ist Nübel zufolge der digitale Wandel, „der das Berufsbild verändert und die Arbeitsverdichtung vergrößert hat“. Parallel sei die ökonomische Krise bei den privatwirtschaftlichen Medien ein Problem, die aufgrund gesunkener Vertriebs- und Werbeerlöse Personaleinsparungen zur Folge hat. „Und als ob das nicht reichen würde, kommt noch der Aspekt des Vertrauensverlusts gegenüber den Medien in Teilen der Bevölkerung hinzu, der von den Journalistinnen und Journalisten auch als solcher wahrgenommen wird“, sagt Nübel.

Jetzt muss man in die Tiefe gehen

All diese Herausforderungen lösten negative Gefühle wie Frustration, Unsicherheit und Ängste um die Jobsicherheit bei den Studien-Teilnehmern aus. Jeweils zwei Drittel der Online-Befragten gaben an, „sich schon vor der Arbeit müde zu fühlen und dass die Belastungen durch die Arbeit nicht zu ertragen seien“. Insbesondere die Befragten im Alter zwischen 30 und 40 Jahren würden verstärkt daran denken, ihren Job aufzugeben.

Wenngleich die Ergebnisse erschreckend klingen, ist fraglich, wie repräsentativ sie mit Blick auf die Auswahl und Anzahl der Interviewten sind. Nübel betont deshalb: „Unsere Studie ist eine Pilotstudie, ein Anfang. Man muss jetzt in die Tiefe gehen und fragen, welche Bewältigungsstrategien Journalistinnen und Journalisten zusammen mit dem Management erarbeiten können, um ihre Befindlichkeiten zu verbessern.“

Ähnlich äußert sich der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zu den Ergebnissen der Studie. „Heute rächt sich die radikale Sparpolitik von Medienunternehmen in ihren Redaktionen“, sagt Frank Überall. Aus Sicht des DJV-Vorsitzenden müssten die Personalchefs von Sendern und Verlagen verstärkte Anstrengungen unternehmen, um den Arbeitsdruck zu senken, und die Journalisten professionell durch den digitalen Wandel zu begleiten.

Anastasia Trenkler

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