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Da geht’s lang. Thomas Bellut (re.) wurde vor 200 geladenen Gästen auf dem Mainzer Lerchenberg verabschiedet, im Hintergrund Nachfolger Norbert Himmler.

© dpa

Zum Abschied des ZDF-Intendanten: Was nun, Herr Bellut?

Nach zehn Jahren verabschiedet sich ZDF-Intendant Thomas Bellut. Nachfolger Norbert Himmler kann es kaum besser machen.

Hochrangiger Besuch in Mainz: Zum Abschied des ZDF-Intendanten Thomas Bellut schaute der Bundespräsident am Mainzer Lerchenberg vorbei und nutzte die Würdigung eines der höchsten öffentlich-rechtlichen Rundfunkämter – vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der Restriktionen in Russland – zu einem flammenden Appell für Presse- und Meinungsfreiheit. „Pressefreiheit ist das Gegengift zum totalitären Wahn – zu dem Wahn, die Hoheit über die Gedanken von Menschen zu erlangen.“

Und mit Blick auf den hiesigen Journalismus: In Zeiten von großen Umbrüchen sei die Sehnsucht nach Gewissheit, nach Vertrautem und Verbindendem umso größer. Frank-Walter Steinmeier denke hierbei nicht nur an die Einschaltquoten bei der Rückkehr von „Wetten, dass..?“. „Sie beim ZDF wissen um diese Sehnsucht nach Vertrautheit und Gewissheit. Doch Sie wissen auch, dass es viele dieser Gewissheiten nicht mehr gibt, dass sie zerbrechlich geworden sind.“

Unmittelbar nach seiner Wiederwahl in der Bundesversammlung am 13. Februar sei Steinmeier ins Hauptstadtstudio des ZDF gefahren, um auf die berühmte Frage „Was nun …?“ zu antworten. Heute habe er endlich Gelegenheit, zurückfragen: „Was nun, Herr Bellut?“

Bellut wurde nach zehn Jahren als Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens vor rund 200 geladenen Gästen verabschiedet. Ob als Journalist, Programmmacher oder Medienmanager: Thomas Bellut hat das ZDF in vielen Rollen mitgeprägt.

Der in Osnabrück geborene Bellut hatte in den 1980er Jahren eine journalistische Laufbahn eingeschlagen, nach seinem Politologie-Studium kam er 1984 zum Fernsehen und absolvierte ein Volontariat beim ZDF. 1997 Leiter der ZDF-Hauptredaktion „Innenpolitik“, 2002 Programmdirektor, 2012 wurde Bellut zum Intendanten gewählt.

Es fällt schwer, dem scheidenden Intendanten nach zehn Jahren Intendanz etwas Laues oder gar Böses hinterherzurufen. Bellut, der von Wegbegleitern als ruhig und ausgeglichen beschrieben wird, hat das ZDF unaufgeregt auch in schwierigen Zeiten geführt.

Als er beim ZDF anfing, war das Fernsehen für ihn „das Fenster zur großen Welt“, so Steinmeier in seiner Würdigung. Dieses Fenster, damals noch in Form eines Röhrenfernsehers, öffnete sich ihm im Laufe der Jahre immer weiter.

Es muss viel passieren, dass sich das ZDF von der Marktführerschaft wegkatapultiert

Als Bellut 2002 Programmdirektor wurde, sei das Ende des linearen Fernsehens prophezeit wurden. „Die Röhre ist heute Geschichte. Digitalisierung und Plattformisierung haben den Geist des Rundfunks grundlegend verändert. Aber in all den Umbrüchen gab es eine Konstante: Ihre Erfolge für das ZDF.“

Bellut hatte zum Amtsantritt drastische Veränderungen sowie Einsparungen im ZDF-Programm angekündigt. Unter seiner Leitung wurden Erfolgsserien wie „Forsthaus Falkenau“ abgesetzt. Gemeinsam mit der ARD wurde ein Online-Kanal für junge Zuschauer konzipiert, der 2016 unter dem Namen funk startete.

Eine Zielgruppe, die auch mit der Implentierung von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“ im Hauptprogramm gepackt wurde. Bellut hat Formate wie „Neues aus der Anstalt“ oder die „heute-show“ etabliert (nicht ganz so gelungen waren Belluts Programmpolitik und Aussagen zur Klimawissenschaft).

Fakt ist: Zum ersten Mal in der 60-jährigen Geschichte des ZDF ist der Sender zehn Jahre in Folge Marktführer in Deutschland. Man könnte den Senderdampfer zu einem schlechteren Zeitpunkt verlassen.

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Das Feld für Belluts Nachfolger, Ex-Programmdirektor Norbert Himmler, ist bereitet. Es muss schon viel passieren, dass sich das ZDF von der Marktführerschaft wegkatapultiert.

Steinmeier würdigte Bellut in seiner Rede als Vorbild. „Sie haben jeden Umbruch als Chance und als Ansporn verstanden“, mit der großen Verantwortung der Medien für die Demokratie als Richtschnur. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hob hervor, dass Desinformation und Fake News eine Bedrohung für die Demokratie seien.

Deshalb sei für sie Medienpolitik auch, vor allem und immer Demokratiepolitik. Das sei für den scheidenden Intendanten immer ein wichtiger Punkt gewesen. Der Antwort auf die Frage: „Was nun, Herr Bellut?“ lässt sich mit 67 und diesen Elogen entspannt entgegensehen.

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