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ZDF-Film mit desaströser Quote: "Dutschke", das Vergessen

Die Fernsehzuschauer haben den ZDF-Film "Dutschke" am Dienstag links liegen gelassen. Keineswegs, weil alle Zuschauer den Triumph der Bayern in der Fußball-Champions-League erleben wollten. Der Grund ist ein anderer: Rudi Dutschke ist vergessen.

Bayern-Hasser werden sagen, auch daran sind die Fußballer aus Bussi-Bussi-Town schuld. Erst ziehen sie frecherweise ins Halbfinale der Champions League ein und lassen sich dann am Dienstag den Triumph in Lyon live vom Münchner Sender Sat 1 übertragen. Eine weiß-blaue Verschwörung – gegen Berlin, gegen den SDS, gegen Rudi Dutschke.

Das ZDF-Biopic über den Studentenführer ist ins schwarze Loch gefallen. 1,18 Millionen Zuschauer haben eingeschaltet, von allen Haushalten, in denen ab 20 Uhr 15 der Fernseher lief, hatten nur 3,6 Prozent „Dutschke“ auf dem Schirm. Ist das die Folge einer infamen Programmierung, dass das ZDF den „Dutschke“ auf einem brutalstmöglichen Platz wegsenden wollte? Verschwörungstheorien helfen gegen die Kraft der harten Zahlen nicht. Sat 1 hat mit 9,4 Millionen beim Bayern-Spiel eine ordentliche, keine Rekordmarge eingefahren. Die Serien, die im Umfeld der Übertragung wie „Dr. House“ bei RTL gelaufen sind, mussten in ihren Quoten kaum leiden. Das Publikum hat sich für „Dutschke“ nicht interessiert.

Wer will, der kann das Produkt angreifen. Ein ehrgeizig privatistischer Zugriff auf diese Persönlichkeit, wo doch die Breitenwirkung des revolutionären Rhetors aus seiner Öffentlichkeit her rührte. Warum Dutschke seine „Bewegung“ kreieren konnte, das musste bei diesem DokuDrama für die (nachgeborenen) Zuschauer ein Rätsel bleiben. Das Wissen über ihn ist kein Allgemeinwissen, von dem aus Vertiefungen möglich sind – es muss erst ein allgemeines Wissen provoziert werden. Es gibt ein falsches Fernsehen im wichtigen Thema.

Rudi Dutschke war wenige Jahre in der Öffentlichkeit präsent. Ein Ein-Generationen-Mann. Von Zeitgenossen, von Zeitzeugen mal feuchten Auges erinnert, mal wehmütig reanimiert. Dutschke ist eine historische Figur geworden, eingerückt ins Lapidarium westdeutscher Geschichte. Die Rudi-Dutschke-Straße in Berlin-Kreuzberg ist dann genau das – ein verzweifeltes Denkmal gegen das Vergessen von Rudi D.

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