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Kämpferin für Bürgerrechte: Die „Star Trek“-Darstellerin Nichelle Nichols.

© dpa

Zum Tod von Nichelle Nichols: Die Enterprise-Ikone

Ihr Kuss mit Captain Kirk in den 1960ern war ein Fernseh-Skandal. Ein Nachruf auf die Schauspielerin und Bürgerrechtlerin Nichelle Nichols.

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Für viele geht mit diesen Worten und den Bildern vom Raumschiff und der Galaxie ein Fernsehuniversum auf. Und für viele war die Sci-Fi-Serie „Raumschiff Enterprise“ (Star Trek) ausgangs der 1960er und 1970er Jahre nicht nur sehenswert wegen der Geschichten um Zeitlöcher und Paralleluniversen, des Charmes von Captain Kirk oder der Klugheit von Mr. Spock, sondern wegen einer Frau auf der Kommandobrücke, die mit einem Kuss Fernsehgeschichte geschrieben hat.

Für die Schauspielerin Nichelle Nichols war die Nebenrolle der Lieutenant Uhura die Rolle ihres Lebens. Dabei war für die am 28. Dezember 1932 im Dörfchen Robbins nahe Chicago als eines von sechs Geschwistern Geborene durchaus mehr drin. Ihr Talent als Sängerin brachte sie als 15-Jährige auf die Bühne mit Duke Ellington und Lionel Hampton. Erste TV-Rollen folgten. 1961 spielte sie am Broadway im Musical „Kicks and Co“. Es soll eine vorübergehende Affäre mit Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry gegeben haben, dieser holte sie 1966 auf die Brücke der „Enterprise“.

Eine gleichsam symbolische Rolle. Roddenberry nährte mit der Multikulti-Crew der Reisenden durch die Galaxie die Vision einer Überwindung von Krieg und Rassismus. Der Amerikaner Kirk, der Russe Chekov, der Japaner Sulu, ein Halb-Vulkanier namens Spock waren Führungsoffiziere. Dazu eine Frau, zudem eine Schwarze. Kommunikationsoffizierin Uhura war sexy mit ihrem kurzen roten Minirock. Aber zugleich auch Respektsperson.

Wie gesagt, Nichols wollte eigentlich mehr. Und schon nach der ersten Staffel aus der Enterprise aussteigen. Sie träumte vom Broadway. Es kam anders. Bei einer Gala stand sie Martin Luther King gegenüber. Der schwarze Bürgerrechtler outete sich als als Anhänger der Serie, die einzige, die King und seine Frau ihren Kindern zu sehen erlaubten. Er verbot Nichols förmlich den Ausstieg. Ihr Rollenbild sei zu wichtig für die Schwarzen, als Projektionsfläche für ein besseres und gerechteres Amerika.

Um den coolen Vulkanier emotional aus der Reserve zu locken

Nichelle Nichols blieb und sorgte 1968 für ebenjenen TV-Skandal. In der Folge „Platons Stiefkinder“ kommt es zum ersten Kuss der US-TV-Geschichte zwischen einer Schwarzen und einem Weißen. Dafür soll zunächst Leonard Nimoy alias „Mr. Spock“ vorgesehen gewesen sein (viele Enterprise-Fans hätten sich das gewünscht, um den coolen Vulkanier emotional aus der Reserve zu locken). Am Ende war Captain Kirk dran. Es ist nie klar geworden, ob sich William Shatner in den Vordergrund drängte oder ob ein Kuss zwischen einer Schwarzen und einem Außerirdischen nicht doch zu krass gewesen wäre.

Nach dem Mord an Martin Luther King 1968 sang und sprach Nichelle Nichols bei dessen Beerdigung. Und nach dem Ende der Serie 1969 nutzte sie ihre Popularität für die Ermutigung der Schwarzen, sprach in Schulen und Universitäten. Privat lief es nicht so gut.

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Ihre beiden Ehen scheiterten 1951 und 1972 jeweils nach kurzer Dauer. Einer ihrer Brüder starb 1997 beim Massensuizid der Heaven’s-Gate-Sekte. Als wichtigstes Projekt ihres Lebens bezeichnet Nichols ihren einzigen Sohn, den Schauspieler und Radiomoderator Kyle Johnson.

Enterprise-Geschichten sind vom Star-Trek-Franchise-Wahn überholt. Auf der Brücke der alten Enterprise ist es leer geworden: Spock starb 2015, Maschinist „Scotty“ 2005, „Pille“ McCoy 1999. Am Samstag ist nun Nichelle Nichols in Silver City/New Mexico im Alter von 89 Jahren gestorben. „Ihr Licht wird, wie die alten Galaxien, die jetzt zum ersten Mal zu sehen sind, uns und zukünftigen Generationen erhalten bleiben, um sich daran zu erfreuen, davon zu lernen und sich inspirieren zu lassen“, schrieb ihr Sohn auf Instagram.

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