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Das Great Barrier Reef ist wegen der Korallenbleiche in Gefahr.

© IWF Australia/AFP

Das Great Barrier Reef ist in Gefahr: 630 Millionen Euro sollen das Riff retten

Australiens Premier will mehr Geld fürs Great Barrier Reef zur Verfügung stellen. Ist so das bedrohte Welterbe so zu schützen?

Australiens Regierung hat angekündigt, mehr Geld in den Schutz des Great Barrier Reefs investieren zu wollen. Premierminister Scott Morrison erklärte, im Falle eines Wahlsiegs im Mai, das derzeitige Zwei-Milliarden-Dollar-Rettungspaket um eine weitere Milliarde Australische Dollar - umgerechnet knapp 630 Millionen Euro - aufzustocken. Das Geld soll über die nächsten neun Jahre hinweg in den Erhalt des größten Riffs der Welt fließen.

Wie bedroht das Riff ist, zeigt sich auch in diesem besonders heißen australischen Sommer: Große Teile sind derzeit erneut von einer Korallenbleiche bedroht. Die Temperaturen für den größten Teil des Riffs sind seit Beginn des Sommers meist zwischen 0,5 und 1,5 Grad höhergewesen als normal.

Sollte der Hitzestress eine Korallenbleiche auslösen, so würde es das Riff zum vierten Mal in nur sieben Jahren treffen. Insgesamt hat das 2300 Kilometer lange Riff in den vergangenen Jahrzehnten fünf Massenbleichen erlebt – 1998, 2002, 2016, 2017 und 2020. Diese waren allesamt eine Folge steigender Meerestemperaturen, verursacht durch die globale Erwärmung.

Während einer Bleiche wird die Symbiose der Nesseltiere mit einer Algenart, die die Korallen mit Energie versorgt und ihnen die bunten Farben verleiht, unterbrochen. Zwar können sich die Tiere von Bleichen auch wieder erholen, doch wenn diese zu lange andauern oder zu häufig wiederkehren, sterben die Korallen oft ganz ab – und damit der Lebensraum für viele einzigartige Tiere und Pflanzen.

Erst im November zeigte eine Studie, die im Fachmagazin „Current Biology“ veröffentlicht wurde, dass inzwischen bereits 98 Prozent der Einzelriffe seit 1998 von einer Bleiche betroffen waren.

Experten reagieren verhalten

Wissenschaftler und Experten reagierten verhalten auf das angekündigte Schutz-Paket der Regierung. Richard Leck, Riffexperte der Umweltschutzorganisation WWF, erklärte, dass Geld allein die Probleme nicht lösen werde. „Wir müssen die Wälder besser schützen und verstärkt an der Wasserqualität arbeiten“, erklärte er und bezog sich auf eine Statistik, nach der im Bundesstaat Queensland – vor dessen Küste das Riff liegt – in den Jahren 2018/19 über 680 000 Hektar Wald abgeholzt wurden. Laut WWF befindet sich ein Drittel dieser gerodeten Fläche in Einzugsgebieten, in denen Wasserwege in Richtung Riff fließen.

Außerdem müsse sich Australien laut Richard Leck zu einer Klimapolitik bekennen, die mit einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad vereinbar ist. So habe das Riff nur eine Überlebenschance, wenn Australien bis 2030 zum weltweit führenden Exporteur erneuerbarer Energien werde und gleichzeitig die heimischen Emissionen senke.

Australien gilt derzeit als einer der weltgrößten Exporteure von Erdgas und Kohle, deren Verbrennung die Erderwärmung weiter vorantreibt.

Ein Problem für das Riff sind aber auch Abwässer aus der Landwirtschaft, Sedimente aus Kohlehäfen, Stürme oder der Dornenkronenseestern, der Korallen frisst und bereits riesige Schäden angerichtet hat. Der Bericht der Weltnaturschutzunion (IUCN) im Dezember 2020 machte deutlich, wie ernst die Lage ist: Er stufte die Aussichten des Riffs erstmals auf „kritisch“. In wenigen Wochen wollen erneut Beobachter der IUCN nach Australien kommen.

Und auch die Unesco hat bereits gedroht, dass Riff in der Liste der Weltnaturerbe-Stätten herabzustufen. Das Great Barrier Reef war bereits 1981 in die Welterbe-Liste aufgenommen worden. Im vergangenen Jahr ließ das Welterbekomitee verlauten, man habe die jüngsten Massenbleichereignisse „mit größter Besorgnis und mit Bedauern“ zur Kenntnis genommen.

Unzureichende Fortschritte

Zudem kritisierte man die „unzureichenden“ Fortschritte, die in Bezug auf Wasserqualität und Agrarwirtschaft gemacht worden seien. Wie das Komitee bei seinem Treffen in diesem Jahr entscheiden wird, ist deswegen ungewiss, doch die Analyse der IUCN wird sicherlich ein Vorbote sein. Eine Herabstufung hätte sicher gravierende Auswirkungen auf den Tourismus in Australien, für den das Riff von herausragender Bedeutung ist. Gerade für den Bundesstaat Queensland ist das Riff auch wirtschaftlich wichtig – und gerade dort muss Scott Morrisons konservative Regierung im Mai wichtige Stimmen gewinnen, um an der Macht zu bleiben.

Auch deshalb sehen manche Experten in dem Hilfspaket nur ein Wahlkampf-Manöver. Lesley Hughes, Professorin für Biologie an der Macquarie University in Sydney, sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Mit der einen Hand Geld für das Great Barrier Reef zu verteilen, während man mit der anderen Hand genau die Industrie – fossile Brennstoffe – finanziert, die verheerende Klimaauswirkungen wie marine Hitzewellen und Korallenbleiche verursacht, bedeutet, dass man genau das Problem verschärft, von dem man behauptet, es lösen zu wollen.“

Und John Church, ein Klimawissenschaftler der University of New South Wales in Sydney, monierte, dass die Investition im Vergleich zu den ökologischen und wirtschaftlichen Schäden, die die Verbrennung fossiler Brennstoffe und der Klimawandel am Riff anrichten würden, „vernachlässigbar“ sei.

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