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Alexander Gerst, Astronaut. Foto: dpa

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Panorama: Das Himmelflugkommando

2014 soll wieder ein Deutscher ins All fliegen – dafür trainiert Alexander Gerst derzeit in einem riesigen Tauchbecken der Nasa

Alexander Gerst hat es geschafft, fast. Er hat sich gegen tausende Konkurrenten durchgesetzt und einen Ausbildungsplatz im Europäischen Astronautenzentrum in Köln bekommen. Er hat sich im Drehstuhl herumwirbeln lassen, bis die Welt um ihn herum verschwamm, er hat auf Sardinien trainiert, wie man sich nach einer missglückten Landung zur Zivilisation durchschlägt, er hat Raumfahrttechnik gepaukt und – nach eigenem Bekunden eine der schwersten Aufgaben – in drei Monaten Russisch gelernt. Im vergangenen Jahr wurde Gerst offiziell ins Astronautenkorps der europäischen Raumfahrtagentur Esa aufgenommen. Nun hat er seinen ersten Auftrag jenseits der Erde bekommen. Im Mai 2014 soll er für sechs Monate zur Internationalen Raumstation ISS fliegen, teilt die Esa jetzt mit. Damit wäre der in Künzelsau in Baden-Württemberg Geborene der elfte Mann in der Reihe der deutschen Raumfahrer, zu der unter anderem Sigmund Jähn, Thomas Reiter und Hans Schlegel gehören.

„Ich habe mich natürlich sehr über diesen Auftrag gefreut“, sagt Gerst dem Tagesspiegel. „Es ist ein weiterer Schritt, um einen großen Traum zu verwirklichen.“ Der 35-Jährige ist ein Quereinsteiger. Anders als viele Astronauten hat er keine Karriere als Testpilot oder Ingenieur gemacht, sondern ist promovierter Geophysiker. Forschunsexpeditionen führten ihn unter anderem zu Vulkanen in Neuseeland und in der Antarktis. Auf dem weißen Kontinent hat er erfahren, wie es ist, wochenlang fernab von Familie und Freunden zu leben, ohne Grün, aber dafür auf engem Raum mit Kollegen. So ähnlich wird es auch auf der ISS in 350 Kilometern Höhe sein. Wobei die Astronauten im Notfall schneller zur Erde zurückkehren können als ein vom Schneesturm bedrohter Geoforscher in der Antarktis.

Während seines Aufenthalts wird Gerst rund 30 Experimente aus Medizin, Biologie, Materialwissenschaften und Geoforschung betreuen. Welche genau das sind, steht noch nicht fest, der Wettbewerb der Institute läuft gewöhnlich bis ein Jahr vor dem Start.

Die Vorbereitungen für seinen Flug haben längst begonnen. Am Sonntag reist Gerst wieder nach Houston, wo er bei der Nasa in einem Tauchbecken Außenbordeinsätze übt. An einem versenkten Nachbau der ISS lernen die Aspiranten, wie sie in der Schwerelosigkeit am besten agieren, wie sie jeden Griff und Haken möglichst schnell finden. Um das Training besonders realistisch zu machen, stecken die Teams in Raumanzügen, die bereits im All waren, aber für einen erneuten Einsatz nicht mehr zugelassen sind.

„In den Anzügen herrscht ein Überdruck, gegen den man ständig arbeiten muss“, beschreibt Gerst. „Wenn man einen Gegenstand greifen will, fühlt sich das an, als drücke man einen Tennisball zusammen.“ Deshalb hat der passionierte Bergsportler auch sein Fingertrainingsgerät wieder hervorgeholt, mit dem er sich früher auf schwere Kletterrouten vorbereitet hat. Für Bergfahrten oder das geliebte Fechten habe er angesichts der Pendelei zwischen Houston, Köln und dem Sternenstädtchen bei Moskau nur noch selten Gelegenheit, sagt Gerst. Das soll nach dem Flug besser werden, hofft er. Solange hält er sich mit Joggen, Schwimmen und einem speziellen Muskeltraining für Astronauten fit, das vor allem Schultern und Arme stärkt.

Auf die Frage nach Flugangst hat er fast gewartet. Schließlich ist Ende August eine – unbemannte – „Sojus“-Rakete abgestürzt, die auch ihn in den Orbit bringen soll. „Als Astronaut ist man sich darüber im Klaren, dass es Fehlstarts geben kann.“ In einem solchen Fall gebe es für die Crew aber ein Rettungssystem, sagt er. Sojus sei ein sehr sicheres Vehikel und die Russen hätten mit vielen erfolgreichen Starts gezeigt, dass sie zuverlässige Raketen bauen können. „Ich habe da Vertrauen.“

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