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„Nur eine enge Freundschaft.“ Juan Carlos und Corinna Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein.

© picture-alliance / SCHROEWIG/Mae

Spanien: Don Juan, seine Prinzessin und die Krise der Monarchie

Eine Äußerung von Corinna Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein wirft die Frage auf, in welcher Beziehung sie zu Spaniens König Juan Carlos steht. Nach den vielen Skandalen wird der Ruf nach seiner Abdankung immer lauter.

Bis zu sechs Monate wird Juan Carlos brauchen, sich von dem komplizierten Eingriff zu erholen. Das zumindest ist die Einschätzung des Neurochirurgen Manuel de la Torre, der den König am Sonntag im Milagrosa-Krankenhaus in Madrid an den Bandscheiben operiert hatte. Es war bereits der vierte chirurgische Eingriff in zehn Monaten. Und der schwerste, dem sich Spaniens schwächelnder König Juan Carlos bisher unterziehen musste. Die zunehmende Gebrechlichkeit des 75-jährigen Staatschefs lassen im Land die Zweifel wachsen, ob der Monarch, der seit 37 Jahren auf dem Thron sitzt, sein Amt noch lange ausüben kann. Die Rufe nach Abdankung und einer Übergabe der Krone an seinen Sohn, den Thronerben Felipe (45), werden lauter.

Dass am Wochenende auch noch Corinna Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein in Interviews mit spanischen Medien versichern konnte, sie verbinde mit dem Monarchen „nur eine enge Freundschaft“, bringt den Spaniern zudem in Erinnerung, dass nicht allein der königliche Gesundheitszustand Anlass zur Unzufriedenheit bietet.

Doch Königshaus wie konservative Regierung scheuen derzeit nichts mehr, als der tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise auch noch eine Machtkrise an der Staatsspitze hinzuzufügen. Die Angst ist groß, dass ein Rücktritt eine Debatte über die Zukunft der angeschlagenen Monarchie lostreten könnte. Der König „hat nicht die Absicht abzudanken“, verbreitet der Palast Durchhalteparolen. Vize-Regierungschefin Soraya Saenz de Santamaria beschwört die „politische Stabilität“, welche Ihrer Majestät zu verdanken sei.

Dies klingt wie ein Singen im Walde. Denn in Wirklichkeit macht sich ganz Spanien Gedanken darüber, dass es so mit dem Königshaus nicht mehr lange weitergehen kann. Doch nur wenige spanische Politiker trauen sich, die Wahrheit auszusprechen.

Eine jener, welche das große Tabu ansprechen, ist die frühere sozialistische Verteidigungsministerin Carme Chacon. „Was wir da von der Krone zu sehen bekommen, ist nicht gerade ein erbauliches Spektakel.“ Chacon versucht, mit solchen erfrischenden Einschätzungen zur neuen Chefin der sozialistischen Opposition aufzusteigen. Auch in Sachen Transparenz sei das Königshaus nicht auf der Höhe der Zeit, rügte sie. Dies müsse sich ändern, wenn die Monarchie eine Zukunft in Spanien haben wolle. Der prominente Parteigenosse Pere Navarro schlug in dieselbe Kerbe: „Es gibt keinen Zweifel, dass sich die Hauptfigur der Krone in einer Krise befindet.“ Juan Carlos müsse sich endlich zurückziehen und Platz für den gut ausgebildeten Kronerben Felipe machen.

Doch der letzte Akt des königlichen Trauerspiels ist offenbar noch nicht geschrieben. Juan Carlos selbst, der nach mehreren Hüftoperationen schon seit Monaten am Stock ging, verkündete noch vor seiner jüngsten Operation unverdrossen: „Ich bin in guter Form und habe Lust weiterzumachen.“

Auch in den offiziellen medizinischen Berichten zum Gesundheitszustand des Staatschefs versucht man, dem Eindruck einer königlichen Arbeitsunfähigkeit entgegenzusteuern: Die Bandscheibenoperation sei „ein Erfolg“ gewesen, berichten die Ärzte. Die Erholung des Königs verlaufe „sehr positiv“. Und in „zwei bis sechs Monaten“ sei er voraussichtlich genesen und wieder einsatzfähig.

Immerhin ließ Felipe nach einem Besuch am Krankenbett seines Vaters durchblicken, dass die Rehabilitation für den königlichen Patienten vielleicht doch nicht so einfach sein werde: „Jetzt wird er eine Zeit der harten Arbeit vor sich haben, um sich zu erholen.“ Ahnt der als besonnen geltende Felipe, dass die offizielle Wortakrobatik nicht mehr lange die königliche Misere verdecken kann? Dass sein Vater als Staatschef vielleicht bald nicht mehr tragbar ist?

Bei seinem Volk hat der König ohnehin an Wertschätzung verloren, nachdem er durch Seitensprünge, Jagdskandale und undurchsichtige Finanzen ins Kreuzfeuer geriet. Lange galt es als offenes Geheimnis, dass der Monarch nicht nur auf Elefantenjagd geht, sondern auch gerne die Herzen hübscher Frauen erobert. Ungeniert plaudern die spanischen Untertanen seit Jahren über angebliche außereheliche Liebesabenteuer Ihrer Majestät. Offiziell aber wurde geschwiegen. Nach jener umstrittenen Großwildsafari in Botswana im Frühjahr 2012, wo sich ihre gehschwache Majestät die Hüfte brach, wendete sich jedoch die Stimmung. Vom „offenkundigen Scheitern“ der Ehe von König Juan Carlos und Königin Sofia war plötzlich die Rede. Auch davon, dass die beiden „praktisch getrennt“ lebten. Und dann noch die Sache mit der deutschen Prinzessin. Die „enge und vertraute Freundschaft“ des Königs mit einer wohlhabenden Deutschen aus gutem Hause wurde zum Thema, als zu Sayn-Wittgenstein den König sogar auf der Jagdeskapade in Afrika begleitete.

Als Staatsrepräsentant spielt Juan Carlos schon seit dem vergangenen Jahr nicht mehr die erste Geige, sondern sein Sohn Felipe. Der Thronfolger übernimmt inzwischen, gewissermaßen als Vize-König, die meisten Repräsentationstermine und Staatsbesuche. Felipe ist bisher nicht durch Affären belastet und zusammen mit seiner Mutter, Königin Sofia (74), der beliebteste Vertreter des Königshauses.

Umfragen spanischer Medien belegen, dass immer mehr Spanier frischen Wind im Palast herbeisehnen oder sich sogar zunehmend ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt vorstellen können. „Könige können doch abdanken“, preschte jüngst die nationale konservative Zeitung „El Mundo“ in einem Kommentar vor, in dem sie Juan Carlos auffordert, sich zurückzuziehen. „Er sollte Felipe endlich die Krone übergeben, wenn er wirklich möchte, dass Spanien in den nächsten Jahrzehnten ein Königreich bleibt.“

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