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Eine Ecstasy-Pille „Blue Punisher“

© dpa/Ennio Leanza

Drogentod einer 13-Jährigen: Eltern schließen freiwillige Einnahme von Ecstasy-Pille „Blue Punisher“ aus

Ihre Tochter Finja habe erst Tage vor ihrem Tod den Kollaps einer Freundin erlebt, erzählen die Eltern. Deshalb seien sie überzeugt, dass sie das Ecstasy nicht freiwillig einnahm.

Nach dem Drogentod einer 13-Jährigen aus Altentreptow (Mecklenburg-Vorpommern) im Zusammenhang mit Ecstasy haben sich erstmals deren Eltern öffentlich zu Wort gemeldet. „Definitiv hat sie das nicht freiwillig gemacht“, sagte die Mutter im Gespräch mit „stern TV am Sonntag“ (RTL). Denn erst Tage zuvor habe ihre Tochter Finja den Kollaps einer Freundin erlebt.

Finja berichtete demnach ihren Eltern in Panik von dem Vorfall, weil sie dachte, ihre Freundin würde sterben. Sie habe deren Krampfanfälle und Luftnot und die Behandlung im Krankenhaus unmittelbar mitbekommen. Finja selbst bestätigte den Angaben zufolge, dass der Zusammenbruch ihrer Freundin nach Drogenkonsum erfolgt war.

Aufgrund der Todesangst, die Finja um ihre Freundin hatte, seien die Eltern überzeugt, dass ihre Tochter die Ecstasy-Pille nicht freiwillig genommen habe, teilte „stern TV am Sonntag“ vor Ausstrahlung der Sendung mit.

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„Nehmt keine bunten Pillen!“

Die Eltern richteten einen Appell an alle Kinder und Jugendlichen: „Nehmt keine bunten Pillen! Wenn etwas angeboten wird, nicht annehmen! Weggehen, Polizei rufen! Es darf nicht noch einmal passieren, dass wegen des Zeugs jemand stirbt.“

Die Eltern wirkten bei dem Interview äußerlich gefasst, aber innerlich verzweifelt. „Man steht vor einem tiefen schwarzen Loch, funktioniert eigentlich bloß und denkt sich: Warum?“, sagte die Mutter. „Zerstört ist unser Leben eigentlich“, sagte der Vater. „Sie war ein fröhliches Mädchen.“ Nach der Einlieferung ihrer Tochter waren die Eltern in die Klinik in Neubrandenburg gefahren. „Dann ging auch alles ganz, ganz schnell. Das war Wahnsinn“, schilderte die Mutter.

Den Ärzten habe die Zeit gefehlt

Finja habe auf nichts mehr reagiert. Der Vater erzählte, den Ärzten habe die Zeit gefehlt. „Sie haben mit aller Macht alles getan für unsere Tochter. Man konnte ihr nicht mehr helfen. Die Zeit hat einfach gefehlt. Das ging so schnell.“ 

Nach dem Tod der 13-Jährigen war Haftbefehl gegen einen 37-Jährigen erlassen worden. Er soll laut Amtsgericht Neubrandenburg in zwei Fällen Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben haben. Gegen einen 17-Jährigen sei mangels Haftgrundes kein Haftbefehl erlassen worden. Die Polizei hatte zunächst vier Verdächtige festgenommen.

Im Nordosten hatte die Polizei kürzlich vor eigenständigen Ermittlungen etwa durch Eltern gewarnt. „Das kann einen im Zweifel selbst in Gefahr bringen, wenn zum Beispiel versucht wird, als Strohkäufer an weitere Informationen zu gelangen“, so das Polizeipräsidium Neubrandenburg. „Ebenso warnen wir vor Selbstjustiz mit Blick auf mögliche Beteiligte oder mutmaßliche Dealer.“

„Blue Punisher“: Besonders gefährliches Ecstasy

Vorfälle mit der chemischen Droge „Blue Punisher“ sorgen derzeit in mehreren Bundesländern für Aufsehen. Dabei handelt es sich um eine besondere Erscheinungsform von Ecstasy-Tabletten. Herkunft und Wirkstoff können davon unabhängig variieren.

Zuletzt waren solche Pillen durch eine offenbar sehr hohe Konzentration und als besonders gefährlich aufgefallen.

Nach dem Tod einer 13-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern warnt der Leipziger Suchttherapeut Matthias Rost vor einer extremen Dynamik im Angebot von Drogen. Gerade Name und Form von Ecstasy-Pillen würden sich ständig ändern, sagte Rost dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Leipzig.

„Ecstasy ist jedes Mal ein Glücksspiel“

Im Prinzip nehme der Konsument jedes Mal eine unbekannte Substanz ein. „Ecstasy ist jedes Mal ein Glücksspiel“, sagte Sozialpädagoge Rost, der in der diakonischen Drogenberatungsstelle „K(l)ick“ in Leipzig tätig ist.

Die Ecstasy-Pille von heute könnte nächste Woche ganz anders aussehen. „Da ist immer Bewegung drin, man kann nicht hinterherkommen“, sagte Rost. Generell würden diese illegalen Pillen auch nicht professionell hergestellt. Überrascht habe ihn der tödliche Vorfall nicht. Solange diese Pillen und Drogen im Umlauf sind, werde das vermutlich nicht verhindert werden können.

Niemand könne wissen, welcher Wirkstoff in welcher Dosierung drin ist. Junge Menschen würden nicht so weit denken, sie überblickten auch das Risiko nicht. Zudem sei Drogenkonsum nicht logisch und auch „keine logische Entscheidung“, sagte der Suchttherapeut.

Oft erfolge der Einstieg über Kumpels oder Bekannte, denen die Konsumenten vertrauen. Das Mädchen aus Neubrandenburg soll „Blue Punisher“-Pillen geschluckt haben. Wegen des hohen Wirkstoffs gelten sie als besonders gefährlich.

Nur über Drogen zu reden, ändere auch keinen Konsum, sagte Jugenddrogenberater Rost. Junge Menschen müssten vor allem lernen, zu verzichten, sich durchzusetzen und sich auch mal gegen eine Gruppe zu stellen.

Dennoch vermutet er, werde ein „Probier-Konsum“ bleiben. Er basiere auf jugendlichem Leichtsinn, gepaart mit Unsicherheit. Nach einem solchen Vorfall wie in Mecklenburg-Vorpommern würden vermutlich Chargen eingestampft oder in anderer Zusammensetzung weiterverarbeitet und verkauft.

Rost sieht vor allem die Drogenverkäufer und -händler in der Verantwortung, die letztlich die Voraussetzung für solche tragischen Vorfälle schaffen. Die frühere Pubertät der Kinder führe auch zu früherem Drogenkonsum, sagte Rost. Einstiegsdrogen seien nach wie vor Alkohol und Drogen. Beim Konsum gebe es zwischen Stadt und Land kaum noch einen Unterschied. (dpa/epd)

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