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ICE

© dpa

Entgleister ICE: Bahn soll Untersuchung gebremst haben

Zehn Tage nachdem ein ICE-Waggon der Deutschen Bahn aus dem Gleis gesprungen ist, schließen Experten einen Materialfehler weitgehend aus. Gleichzeitig mehren sich Vorwürfe, die Deutsche Bahn habe sich zunächst geweigert, alle baugleichen ICE-Züge überprüfen zu lassen.

Nach Meinung des Eisenbahnbundesamtes (EBA) ist die Deutsche Bahn bei dem ICE-Unglück in Köln vor zehn Tagen nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Wäre die Radsatzwelle des Zuges bei hoher Geschwindigkeit auf freier Strecke gebrochen, wo bis zu 300 Kilometer pro Stunde erreicht werden können, "hätte sich mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit eine Katastrophe wie z.B. in Eschede ereignen können", heißt es einem Schreiben des Eisenbahnbundesamtes.

Doch die Deutsche Bahn hat sich offenbar nach dem Unfall den Auflagen des Eisenbahnbundesamtes zur Kontrolle ihrer ICE-Züge widersetzt. Die Deutsche Bahn habe noch zwei Tage nach dem Zwischenfall Einspruch dagegen eingelegt, dass alle Züge, die mehr als 60.000 Kilometer zurückgelegt hätten, einer Kontrolle unterzogen werden sollten, berichtete der "Kölner Stadt-Anzeiger" bereits am Freitag. Auch das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtet nun, dass sich die Bahn nach dem Unfall zunächst geweigert habe, alle baugleichen Züge der dritten ICE-Generation auf Mängel überprüfen zu lassen. Selbst das Eisenbahn-Bundesamt habe die Bahn nicht zu der aufwendigen Maßnahme bewegen können, berichteten demnach Bahn-Insider.

Daraufhin sei Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) aktiv geworden, heißt es laut dem "Spiegel"-Bericht weiter. Er habe Spitzenbeamte aus seinem Haus aufgefordert, das Bahn-Management zum Einlenken zu bewegen. Doch auch nach dem Gespräch seien die zuständigen Bahn-Vertreter nur "halb einsichtig" gewesen. Erst am 11. Juli, nach schriftlicher Aufforderung des EBA und mehr als 40 Stunden nach dem Unfall, sei dann die Entscheidung erfolgt, wirklich alle Züge untersuchen zu lassen.

Experten schließen Materialfehler aus

Bei der Suche nach der Ursache für den ICE-Unfall am Kölner Hauptbahnhof schließen Experten dem "Spiegel"-Bericht zufolge einen Materialfehler mittlerweile weitgehend aus. "Alles spricht für eine äußere Beschädigung der Radsatzwelle, etwa durch lose Metallteile des Bahn-Unterbodens oder Gegenstände auf dem Gleis", sagte der Dresdner Professor Günter Löffler dem Nachrichtenmagazin. "Das würde auch erklären, warum Reisende schon vor dem Unfall auf der Strecke zwischen Frankfurt und Köln Geräusche gehört haben." Die Welle selbst sei erst beim Anfahren des Zuges gebrochen, weil dabei die höchste Belastung auftrete.

Auch Ingenieure der Deutschen Bahn halten laut "Spiegel" diese Erklärung für wahrscheinlich. Bei den regelmäßigen Inspektionen sei bislang "keine Rissbildung" an der Achse festgestellt worden, heißt es demnach aus dem Unternehmen. Der ICE 518 "Wolfsburg" war am 9. Juli bei geringer Geschwindigkeit während der Ausfahrt aus dem Kölner Hauptbahnof aus dem Gleis gesprungen. Zuvor war der Fernzug auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln mit bis zu 300 Stundenkilometern unterwegs gewesen. (jam/AFP/dpa)

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