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Ian Blair

© dpa

Großbritannien: Rücktritt von Scotland-Yard-Chef sorgt für Ärger

Nach anhaltender Kritik zieht sich der ranghöchste Polizist Ian Blair vom Amt zurück. Die britische Innenministerin ist darüber wenig erfreut. Wer die Londoner Polizei leiten wird, ist noch unklar.

Der Rücktritt des umstrittenen Chefs der Londoner Polizei Scotland Yard, Ian Blair, hat für Ärger gesorgt. Es wurde vor allem Kritik laut, dass Londons Bürgermeister Boris Johnson Blair im Alleingang aus dem Amt gedrängt habe. Der 55 Jahre alte Polizeichef hatte am Donnerstag seinen Rücktritt zum 1. Dezember angekündigt. Er stand seit Monaten wegen Vorwürfen des Rassismus' und der Vetternwirtschaft unter Druck. Blair sagte, er habe nicht mehr die nötige Unterstützung des Bürgermeisters. Er trete nicht wegen Fehlverhaltens zurück.

Unschuldiger Brasilianer in U-Bahn erschossen

Blair, der ranghöchste Polizist Großbritanniens, steht seit langem im Kreuzfeuer der Kritik. Als schlimmster Fehler seiner Amtszeit gilt die Erschießung eines Unschuldigen nach den Londoner Terroranschlägen vom 7. Juli 2005. Polizisten hatten den Brasilianer Jean Charles de Menezes damals in einer U-Bahn-Station getötet, weil sie ihn für einen Terroristen hielten. Blair wurde vorgeworfen, dass er den Fall vertuschen wollte. Er hatte das zurückgewiesen und stets den Rückhalt in der regierenden Labour-Partei gehabt. Doch als der konservative Politiker Johnson im Mai das Amt von Labour-Bürgermeister Ken Livingstone übernahm, wurde die Luft für den Polizeichef dünner.

Innenministerin Jacqui Smith kritisierte, dass Johnson Blair aus politischen Gründen dem Amt gedrängt habe, ohne die nötigen Konsultationen geführt zu haben. Johnson wies Vorwürfe eines Putsches als "haarsträubend" zurück. Es komme in jeder Organisation der Zeitpunkt, an dem ein Wechsel an der Spitze sinnvoll sei. Dieser Punkt sei bei Scotland Yard erreicht. "Ich denke, es ist die Möglichkeit für jemand anderen, der Polizei Stabilität, neue Führungskraft und Effektivität zu geben", sagte er. Der Bürgermeister hatte erst am Mittwoch den Vorsitz über die Kontrollbehörde der Polizei übernommen.

Stellvertreter Stephenson übernimmt die Geschäfte

Die Streitereien um Blair lähmen Scotland Yard seit langem. Derzeit untersucht ein Gericht unter großem Medienrummel den Tod des Brasilianers de Menezes. Zudem ist eine Klage beim Arbeitsgericht gegen Blair anhängig: Der ranghöchste muslimische Polizeibeamte wirft Blair dabei Rassismus und Diskriminierung vor. Daneben sieht sich der Polizeichef auch Vorwürfen der Vetternwirtschaft ausgesetzt. So soll er einem befreundeten Image-Berater für seine Dienste 15.000 Pfund (gut 19.000 Euro) aus Steuergeldern gezahlt haben.

Blair steht seit Februar 2005 an der Spitze der renommierten Institution, sein Vertrag wäre noch eineinhalb Jahre gelaufen. Wäre  der Kontrakt verlängert worden, hätte Blair auch während der Olympischen Spiele 2012 den rund 35.000 Londoner Polizisten vorgestanden. Bis ein Nachfolger gefunden ist, soll Stellvertreter Paul Stephenson die Geschäfte führen. (ml/dpa)

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