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Der emeritierte Papst Benedikt XVI.

© dpa/Daniel Karmann

Update

Gutachten zu Missbrauch in der Kirche: Benedikt gibt Falschaussage zu

Dem früheren Papst Benedikt werden Verharmlosung und Vertuschung sexuellen Missbrauchs vorgeworfen. Nun räumt er die Teilnahme an einem brisanten Treffen ein.

Der frühere Papst Benedikt XVI. hat eine wesentliche Aussage zum Münchner Missbrauchsgutachten korrigiert. Entgegen seiner bisherigen Darstellung habe er doch an der Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 teilgenommen, hieß es am Montag in einer Stellungnahme an die Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Bei der Sitzung, an der Benedikt damals als Erzbischof Ratzinger von München und Freising teilnahm, wurde über einen Priester gesprochen, der mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war.

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Der Fehler in seiner Aussage sei aber „nicht aus böser Absicht heraus geschehen“, sondern „Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“, ließ Benedikt nun mitteilen. Dies tue ihm „sehr leid“, und er bitte, dies zu entschuldigen.

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Allerdings sei in der betreffenden Sitzung „über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters nicht entschieden“ worden. Vielmehr habe man lediglich der Bitte entsprochen, dem Mann „während seiner therapeutischen Behandlung in München Unterkunft zu ermöglichen“. Wie es zu dem Versehen kam, will Benedikt XVI. in seiner „noch ausstehenden Stellungnahme“ erklären.

Bei der betreffenden Ordinariatskonferenz im Januar 1980 ging es darum, diesen Priester aus der Diözese Essen in München aufzunehmen. In seiner ersten Stellungnahme im Rahmen der Anhörung, die im WSW-Gutachten aufgenommen wurde, hatte Benedikt XVI. bestritten, an der Sitzung teilgenommen zu haben.

Eine ausführliche Stellungnahme will der frühere Papst, der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München-Freising war, zu einem späterem Zeitpunkt abgeben, sagte sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein der KNA. Der 94-Jährige bitte um Verständnis, dass die vollständige Durchsicht des 1.900 Seiten umfassenden Gutachtens noch Zeit benötige. Die bisherige Lektüre der Ausführungen, so die Erklärung, erfülle ihn „mit Scham und Schmerz über das Leid“, das den Opfern zugefügt worden sei.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) heißt es, Joseph Ratzinger habe sich als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten. Zudem bekundeten die Gutachter erhebliche Zweifel an seinen Aussagen zu einem besonders brisanten Fall eines Wiederholungstäters.

Reformbewegung „Maria 2.0“ fordert Titelverzicht von Ratzinger

Das Gutachten zu sexueller Gewalt im Erzbistum München und Freising zieht derweil weitere Folgen nach sich: Die katholische Reformbewegung „Maria 2.0“ fordert Papst Benedikt XVI. auf, seinen päpstlichen Namen abzulegen. „Wir erwarten, dass Joseph Ratzinger in Anbetracht dessen auf die Verwendung seines päpstlichen Namens sowie seiner damit verbundenen Titel und Insignien verzichtet“, teilte die feministische Initiative mit. Er habe den sexuellen Missbrauch Minderjähriger „auf geradezu dreiste Weise verharmlost“.

„Dieses Gutachten darf für die Erzdiözese München und Freising, aber auch für die katholische Kirche insgesamt, nicht ohne Folgen bleiben“, teilte „Maria 2.0“ mit. Auch für die weiteren Verantwortungsträger, denen das Gutachten Fehlverhalten vorwirft, fordert die Initiative Konsequenzen.

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Neben Ratzinger sind das unter anderen auch seine Nachfolger als Erzbischöfe, Kardinal Friedrich Wetter und Amtsinhaber Kardinal Reinhard Marx, dem formales Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen werden.

„Wir sind der Meinung, dass keine dieser Personen in ihrer derzeitigen Position verbleiben kann. Wir halten es für geboten, dass sie auf alle Ämter, Funktionen und Ehrentitel, die sie aktuell innehaben, ebenso verzichten wie auf alle damit verbundenen Einkünfte.“ (dpa)

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