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Panorama: Hoffentlich geht das nicht schief

PISA .Die Rettungsaktion für den Schiefen Turm von Pisa ist nach jahrelangen Verzögerungen angelaufen.

Von Andreas Oswald

PISA .Die Rettungsaktion für den Schiefen Turm von Pisa ist nach jahrelangen Verzögerungen angelaufen.Wie bereits kurz gemeldet, begannen am Wochenende Arbeiter damit, dem Turm mächtige Stahlkabel umzulegen.Diese "Hosenträger" sollen das Monument bei den im Januar beginnenden eigentlichen Bauarbeiten sichern.Dann wird versucht, durch Grabungen an einer Seite des Denkmals eine Absenkung des Bodens zu erreichen, sodaß sich der 58 Meter hohe Turm zumindest zum Teil wieder aufrichtet.

Wer öfter nach Pisa fährt, sieht dem Projekt mit Bangen entgegen.Hatte der Besucher doch oftmals das Gefühl, der Turm habe sich seit dem letzten Mal noch ein Stück weiter geneigt.Unvergessen ist das Erlebnis als Fünfjähriger, von ganz oben den Touristen auf den Kopf zu spucken.Diese schöne Entwicklung soll jetzt gestoppt werden? Noch schlimmer: Die Neigung wird um zehn Prozent reduziert.

Die Stadt kann nur hoffen, daß sich dadurch nicht der Tourismus um zehn Prozent reduziert.Aber wer die Pläne für die Rettungsmaßnahmen sieht, kommt leicht zu dem Schluß, daß die spektakulären Arbeiten selbst den Tourismus ankurbeln sollen.Wie ja schon die seit Jahrzehnten immer wieder von der Stadt veröffentlichten guten Ratschläge selbsternannter Experten das Besucherinteresse immer weiter wachhielten.Hight-Tech-Experten aus den USA empfahlen Heißluftballons, russische Tüftler empfahlen tonnenschwere riesige Stützen.

Die beste Idee hatte der Fünfjährige: Einfach umfallen lassen und wieder schief aufbauen.

Daraus wird wohl nichts.Wie die nebenstehende Grafik zeigt, soll der Turm zunächst einen Stahgürtel erhalten.Von dort werden zwei Stahlseile gespannt, die über das Dach eines nebenstehenden Gebäudes zu einer Konstruktion führen, an der schwere Gewichte die Neigung etwas reduzieren und das Gebäude stabilisieren sollen.Eine Eisen- und Bleiverankerung wird in die Erde eingelassen.

Als der Architekt Bonnano Pisano das Projekt 1173 in den Sand setzte, sah er nur einen drei Meter hohen Steinsockel vor.Das war zu wenig für den losen Untergrund aus Schwemmsand.An den neuen Fundamenten sollen Stahlseile tief nach unten in den Untergrund führen und das Gebäude langfristig stabilisieren.

Als der Turm einst gebaut wurde, konnte nach dem dritten Stockwerk nicht mehr geleugnet werden, daß er sich neigt.So versuchte man nach einer Unterbrechung der Arbeiten, die Neigung etwas auszugleichen und baute gerade weiter, weshalb der Turm auch in sich schief ist.

Das jetzige Rettungskonzept ist umstritten.Durch die riesige Hilfskonstruktion werde die Würde des Gebäudes verletzt, hieß es.Aber gerade die etwas absurd anmutende Hilfskonstruktion könnte die Neugier der Besucher entfachen.Andere Kritiker sagten, der Turm habe sich immer tapfer gehalten und werde dies auch weiter tun.Er sei immerhin stabiler als die italienischen Regierungen, wurde in der Presse polemisiert.

Daß die Stadt die Neigung des Turms grundsätzlich gutheißt, ist eine jüngere Entwicklung im Zuge des Tourismus seit dem letzten Jahrhundert.Einst waren die Pisaner ziemlich sauer über den Pfusch ihres Architekten.Die anderen Städte hatten so schöne gerade Campanile, nur in Pisa war alles schiefgegangen.

Vielleicht gehen ja auch die Rettungsarbeiten schief.

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