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Durch den Ausbruch des Vulkans Ontake in Japan wurden Dutzende Menschen getötet und viele weitere verletzt.

© AFP

Vulkane: Japan, Sizilien, Island - die Erde zittert

Gleich drei aktive Vulkane halten in diesen Tagen die Welt in Atem: Beim Ausbruch des Ontake in Japan sterben Dutzende Menschen, auf Sizilien werden zwei Kinder von Schlammfontänen verschüttet - und Islands Bardarbunga brodelt weiter.

Es brodelt unter der Erde. Zwei Vulkanausbrüche in Japan und auf Sizilien forderten am Wochenende Todesopfer, während der Bardarbunga auf Island weiter Schwefel spuckt.

Was in Japan passierte

Eigentlich war es ein wunderschöner, spätsommerlicher Samstag. Die Sonne schien, Hunderte Wanderer genossen bei klarem Herbstwetter die weite Sicht. Die bergige Grenzregion zwischen den Präfekturen Nagano und Gifu, im geografischen Zentrum des Landes, gehört zu den schönsten Ausflugszielen für Japaner. Wandern ist ein beliebtes Hobby, und am Wochenende quillt diese Region in der besten Wanderjahreszeit über. Aber an diesem Wochenende endete der Ausflug mit einer Katastrophe. Der mit 3067 Metern zweithöchste Vulkan Japans, der Ontake, brach plötzlich und unerwartet aus, spie Rauch und schleuderte Gestein in die Luft. 31 Menschen wurden nach offiziellen Angaben tot geborgen, womöglich sind deutlich mehr gestorben.

Die Wanderer wurden von dem Ausbruch völlig überrascht. Fotos zeigen, wie Wanderer panisch absteigen, während hinter ihnen der Berg explodiert. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, es werde geprüft, ob Deutsche unter den Todesopfern seien.

In einem der seismisch aktivsten Länder der Welt dürfte der Ausbruch die verheerendste Eruption der vergangenen Jahrzehnte sein. Seit 1991 hatte es in Japan keinen Toten mehr durch einen Vulkanausbruch gegeben. Damals starben 43 Menschen am Berg Unzen in der südwestlich gelegenen Präfektur Nagasaki.

Der Ausbruch des Ontake begann am Samstagmorgen. Da die Giftkonzentration in der Luft sehr hoch war und ungewiss blieb, ob weitere schwere Eruptionen folgen würden, verzögerten sich die Rettungsarbeiten. Die Feuerwehr berichtete, dass 70 Menschen verletzt wurden, zwölf davon schwer. Insgesamt saßen etwa 250 Menschen noch auf dem Berg fest. Am Sonntagabend waren die Rettungsarbeiten noch nicht abgeschlossen.

Vorhersagen sind schwierig

Eine bis zu 20 Zentimeter dicke Ascheschicht bedeckt den Berg. Auf Bildern sieht das Gebiet wie eine gespenstische Marslandschaft aus. Der Fernsehsender NHK zeigte ein Video, das ein Wanderer kurz nach dem Ausbruch in einer Schutzhütte aufgenommen hatte. Darin ist zu hören, wie Steine auf Dach und Wände niederprasseln, während die Wanderer in Panik schreien. Eine Aschewolke verdunkelt dann die Fenster, bevor nur noch die Einschläge der Steine zu hören sind.

Japan hat diese Katastrophe in eine Art Schockzustand versetzt. Premierminister Shinzo Abe mobilisierte neben der Feuerwehr auch das Militär, Flugzeuge mussten ihre Routen ändern. Medien berichteten am Wochenende rund um die Uhr. „Die Nachrichten sind so traurig“, sagte die 48-jährige Naomi Kawasaki aus der Präfektur Gifu, in der auch der Vulkan liegt, am Sonntagabend. Eigentlich hatte die Hobbywanderin für die kommenden Wochen eine Besteigung des Ontake geplant, jetzt aber habe sie Angst. „Freunde von mir waren vor kurzem oben. Wir wissen alle, dass der Vulkan noch aktiv ist. Aber jetzt ist die beste Wandersaison.“

In Japan ist die Erde ständig in Bewegung, erst im Mai bebte die Erdoberfläche in Tokio mit einer Stärke von 6,0, mehrere Menschen verletzten sich.

Vorhersagen sind schwierig. In einigen Vulkanen, wie etwa dem hoch aktiven Sakurajima am Südwestzipfel Japans, beobachten japanische Forscher unter anderem die Bewegungen an der Erdoberfläche, die einer Eruption vorausgehen. Dennoch ist unklar, ob die Bevölkerung rechtzeitig gewarnt werden kann, wenn es so weit ist. Beim Ontake wurde am Samstag keine Warnung ausgesprochen. Bei Erdbeben wie auch Vulkanausbrüchen streitet sich die Wissenschaft grundsätzlich, inwieweit man diese jemals verlässlich wird vorhersagen können.

Zuletzt war der Vulkan 1991 und 2007 ausgebrochen, allerdings in viel geringerem Ausmaß. Shigeo Aramaki, ein Vulkanologe der Universität Tokio, sagte am Wochenende, dass nun noch mehr heißes Gestein und Asche aus dem Berg austreten und Schaden anrichten könnte. Die landwirtschaftlich geprägte Region am Fuß des Berges verliert so einen Teil ihrer Ernte, und der Tourismus könnte zunächst zum Erliegen kommen. Naomi Kawasaki will sich dem Ontake erst einmal nicht mehr nähern, sagt sie.

Die Tragödie auf Sizilien

Bei dem Ausbruch eines Schlammvulkans sind auf Sizilien zwei Kinder verschüttet worden und ums Leben gekommen. Der neunjährige Carmelo und seine siebenjährige Schwester Laura befanden sich auf einem Geburtstagausflug zum Naturschauspiel der „Maccalube“ – einer schmutziggrauen Art Mondlandschaft in der Nähe von Agrigent, die übersät ist mit kleinen, blubbernden und fauchenden Kratern und die jährlich von zehntausend Touristen besucht wird, darunter auch vielen deutschen.

Plötzlich, am Samstag gegen Mittag, hob sich die Erde auf einem Areal von der Größe eines Fußballfelds; Schlammfontänen schossen nach Augenzeugenberichten mehr als zwanzig Meter in die Höhe und begruben die beiden Kinder und ihren Vater. Während dieser, ein stämmiger Carabiniere, sich selbst befreien konnte, kam die Hilfe des Zivilschutzes für Carmelo und Laura zu spät. Es dauerte sieben Stunden, bis die Leiche des Jungen unter Tonnen von Schlamm gefunden wurde.

Kritik an fehlender Überwachung

Die Diskussion, wer für die Tragödie verantwortlich sei, begann unverzüglich. Dabei stellte sich heraus, dass das Vulkangebiet, das seit mehreren tausend Jahren in zwar unterhaltsamer, aber als ungefährlich betrachteter Weise aktiv ist, wissenschaftlich nicht überwacht wird. Damit bleibt einstweilen auch die Frage offen, ob die Explosion von Maccalube vorhersehbar gewesen wäre. Der italienische Umweltverband Legambiente, dem das Naturschutzgebiet übertragen ist, hatte das 300 Hektar große Areal nach einer Hangrutschung und der Öffnung von Rissen im Boden zwar während des Sommers kurzzeitig geschlossen; das Absperrband wurde aber von einigen Tausend Touristen einfach missachtet. „Das ist überall so“, sagen Vertreter des Zivilschutzes: „Auch wenn wir große Vulkane wie Stromboli oder Ätna aus Sicherheitsgründen mal schließen, dann gehen Gastwirte, Bergführer und Besucher auf die Barrikaden.“

Schlammvulkane und verwandte Erscheinungen sind keine Seltenheit im geologisch ohnehin unruhigen Italien, auch wenn die von Maccalube die spektakulärsten sein dürften. Seit einem Jahr blubbert sogar einer in unmittelbarer Nähe des Flughafens Rom-Fiumicino.

Hervorgerufen werden alle diese Phänomene im Prinzip vom Druck der afrikanischen Kontinentalplatte gegen die europäische; in der Tiefe wird Gas frei, staut sich zu Blasen an und dringt dann, mit Wasser vermischt, durch Lehmschichten an die Oberfläche. Die Explosion in Maccalube erklären sich Experten vorerst damit, dass da „wohl einer der üblichen Aufstiegskanäle verstopft“ gewesen sein muss und die unter Druck befindlichen Schlammmassen sich nur mit Gewalt ihren Weg bahnen konnten.

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