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Viele Fans greifen bei der laufenden Fußball-WM wieder zur Bierdose.

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Bierchen zum Spiel: Jubel in Dosen

Viele Discounter haben vor der Weltmeisterschaft Flaschen aus den Regalen genommen. Die Fußballfans greifen wieder zur Bierdose.

Die Dose ist zurück – pünktlich zur Fußballweltmeisterschaft. Die Discount-Ketten Penny und Plus haben den Anfang gemacht und die Getränkedose für Bier und Cola wieder in ihre Regale gestellt. Viele Discounter haben Mehrweggetränke inzwischen vollständig ausgelistet. Das Argument: die Kosten und der Platz.

Das EHI-Institut, ein Kölner Forschungsinstitut für Handelsfragen, hat nachgerechnet, dass Mehrweggetränkesysteme fast um die Hälfte teurer kommen können als Einwegsysteme. Obwohl Einwegdosen und -flaschen seit dem 1. Januar 2003 mit einem Pflichtpfand von 25 Cent belegt sind, sind Mehrwegsysteme wegen der Rücktransporte und des Sortieraufwands meistens teurer. Deshalb konnte die Einführung des Dosenpfands den Mehrweganteil an den Getränkeverpackungen auch nicht stabilisieren. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes, die die Wirkung des Dosenpfands untersuchen sollte.

Nach der jüngsten Erhebung der Verpackungsanteile liegt der Mehrweganteil nur noch bei 51,8 Prozent. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2008, neuere Zahlen sind nicht verfügbar. Lediglich beim Bier liegt der Mehrweganteil noch immer hoch, 2008 waren es 85 Prozent, im Vorjahr 86 Prozent. Allerdings weist das Bifa-Umweltinstitut in seiner Bewertung des Pfands darauf hin, dass gerade beim Bier der ökologische Vorteil der Mehrwegsysteme womöglich gar nicht mehr gegeben ist. Nach Angaben des Deutschen Brauer-Bunds gibt es inzwischen 800 verschiedene Flaschen- und 1000 verschiedene Kastenformen für Bierflaschen, was den Aufwand erhöht. Zugleich sinkt der Bierumsatz. Der Verbrauch sank zwischen 2007 und 2008 um 4,4 Prozent. Den größten Anteil an Getränkeverpackungen macht das Mineralwasser aus. Und da sanken die Mehrweganteile dramatisch auf 45,4 Prozent im Jahr 2008, 2004 hatte er noch bei 68,2 Prozent gelegen. Auch bei Erfrischungsgetränken sank der Mehrweganteil kontinuierlich von 63 Prozent im Jahr 2004 auf nunmehr 38,4 Prozent im Jahr 2008.

Diese Verschiebungen haben die Dose nicht wieder hoffähig gemacht. Im Jahr 2008 lag der Dosenanteil an allen Getränkeverpackungen bei zwei Prozent, im Vergleich zu 2004 war er sogar gesunken, damals lag er noch bei 2,4 Prozent. Stattdessen finden sich immer mehr Einwegflaschen aus Kunststoff in den Regalen der Einzelhändler. 45,6 Prozent aller Verpackungen sind Kunststoff-Einwegverpackungen, der Anteil der Getränkekartons sinkt und ist 2008 bei 2,8 Prozent angekommen. 2004 waren es 4,6 Prozent.

Volle Lager. Die Getränkeindustrie ist auf die Nachfrage nach Dosen vorbereitet.

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Doch nun setzt die Industrie alles daran, die Dose zu rehabilitieren. Dafür hat der europäische Branchenverband der Dosenhersteller das renommierte Ifeu-Institut aus Heidelberg eingekauft, das in den Jahren 2000 und 2002 an den bis heute maßgeblichen UBA-Studien zur Ökobilanz von Getränkeverpackungen beteiligt war. Das Ergebnis: Bei einem Vergleich der leichtesten Aluminium-Getränkedose mit den schwersten Mehrwegflaschen schnitt die Aludose besser ab. Durch die Einführung des Dosenpfands hat sich die Rücklaufquote dramatisch erhöht, das Recycling der Weißblech- oder Aludosen ist dadurch effizienter und umweltfreundlicher geworden. Die Branche verbreitet auch nur diesen Teil der Studie. Die Aussage des Ifeu-Instituts, dass bei einer regionalen Biermarke nach wie vor das Mehrwegflaschensystem das ökologisch vorteilhafteste ist, findet sich in der Industrieauswertung nicht mehr wieder.

Das Vorgehen passt zur Strategie der Discounter. Vor allem aus Platzgründen ziehen sie die Getränkedose anderen Verpackungsarten vor. Seit Jahren streitet die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit den Discountern darüber, dass diese versuchen, Einwegflaschen aussehen zu lassen wie Mehrwegflaschen. Das Umweltministerium hat deshalb eine Kennzeichnungsverordnung vorgelegt, mit der Mehrweg- und Einwegflaschen besser unterschieden werden könnten. Durch das Dosenpfand und die Rücknahme der Einwegverpackungen sind diese den Mehrwegflaschen aus Glas oder Kunststoff immer ähnlicher geworden. Und die Ausnahmeregelungen beim Dosenpfand – diätische Getränke, Säfte oder Sportgetränke sind von der Pfandpflicht ausgenommen – hat ohnehin noch nie ein unbedarfter Verbraucher verstanden. Deshalb rät das Bifa-Institut auch dazu, die Pfandpflicht auf diese Nischenprodukte auszuweiten, auch wenn deren Marktanteil keine großen Mengen verspricht. Das UBA rät weiterhin zu Mehrwegverpackungen. Derzeit laufen zwei weitere Studien, deren Ergebnisse im kommenden Jahr zu neuen Empfehlungen des UBA führen könnten. Aber eines ist jetzt schon klar: Kulturgeschichtlich hat die Mehrwegflasche die Nase vorn. Die erste Bierflasche wurde vor 1720 abgefüllt; 1953 wurde sie an der englischen Küste gefunden, und der Korken steckte noch fest drauf. Die erste Bierdose wurde 1933 in den USA auf den Markt gebracht.

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