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Harald Martenstein.

© dpa

Martensteins Kolumne: Lob auf das Schwein

Die wunderbare Welt der Schweine: Harald Martenstein verweist aus gegebenen Anlass auf die Vorzüge eines unterschätzten Nutztiers.

Vor einigen Jahren hat Professor Stanley Curtis, Pennsylvania State University, ein aufsehenerregendes Experiment veranstaltet. Er trug seinen Computer in einen Schweinestall. Dann legte er eine Diskette ein. Es stellte sich heraus, dass Schweine zu einfachen Computerspielen geistig ohne Weiteres in der Lage sind. Den Joystick bedienen sie mit ihrer Schnauze. Sie sind ehrgeizig. Wenn sie gewinnen, quieken sie vor Freude. Seit dem sogenannten „Curtis-Ereignis“ ist klar, dass sich die Menschheit von der Intelligenz des Schweines eine falsche Vorstellung macht.

In der letzten Zeit gewinnt das Schwein wachsende Bedeutung als Haustier, viele, zum Beispiel der Schauspieler George Clooney, halten es für eine Alternative zu Hund und Katze. Es stellt sich auf die Hinterbeine und öffnet Türen, es benutzt das Katzenklo, vor allem Eber sind sehr verschmust. Der Besitzer eines Haus-Schweines namens „Schnitzel“ hat einen Musterprozess gewonnen. Seitdem dürfen in deutschen Mietwohnungen prinzipiell Schweine gehalten werden.

Sie kommen allerdings, im Gegensatz zu anderen Tieren, zwei Mal in die Pubertät, und zwar mit sechs Monaten und mit zwei Jahren, in beiden Phasen sind sie schwierig. Man sollte beachten, dass ein kastrierter Eber, ein sogenannter Borg, noch sechs Wochen nach der Kastration in der Lage ist, Nachwuchs zu zeugen, auch dies ein Wunder, welches keinem anderen Tier gelingt. Das Schwein braucht, um glücklich zu sein, Geselligkeit und Auslauf zu ebener Erde, leider kann es keine Treppen steigen. In der Sonne bekommt es Sonnenbrand. Das Schwierigste am Schwein sind sein Hang zu Blähungen und sein Charakter. Wenn es sich ärgert, weil es seinen Willen nicht bekommt, oder wenn es sexuell frustriert ist, schimpft das Schwein, das heißt, es schreit in einer erstaunlichen Lautstärke herum. Ein Schwein ist schwerer erziehbar als eine Katze und lauter als ein Hund. Auf der Homepage des Vereins „Schweinefreunde e. V.“ heißt es: „Sie können auf keinen Fall ein Schwein zu etwas zwingen.“ Jemanden wie Schnitzel könne man bestenfalls durch psychologische Tricks beeinflussen. „Loben Sie das Schwein, wenn es etwas gut macht.“ Mit dem Schwein ist es ähnlich wie mit einem menschlichen Intellektuellen, beide sind eigenwillig, aber bei ihrer Eitelkeit kann man sie packen.

Wie ist das Schwein zu einem Nutztier geworden? Auch diese Frage wurde erforscht. Schwein und Mensch kamen offenbar gleichzeitig an vielen verschiedenen Stellen der Erde zusammen, als ob sie einander gesucht hätten. Sie stimmen ja auch genetisch zu 98 Prozent überein, fast so sehr wie Mensch und Schimpanse. Wir sind Brüder, wie Kain und Abel! Der eine isst den anderen auf. Und manchmal kriegen beide die gleiche Grippe.

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