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Chinas lockert die Geburtenkontrolle und schafft die Ein-Kind-Politik ab.

© Reuters/China Daily

Update

Lockerung der Geburtenkontrolle: China schafft die Ein-Kind-Politik ab

Aus der Ein-Kind-Politik wird eine Zwei-Kind-Politik. Chinas Führung hat das Ende der seit 1979 geltenden Geburtenregelung verkündet.

Die Fahrräder im Pekinger Chaoyang-Park bieten Platz für die ganze chinesische Familie, also für zwei Erwachsene hinten und ein Kind vorne. Demnächst aber wird die Verleihstation umrüsten und vorne einen weiteren Platz einrichten müssen. China beendet seine seit 1979 geltende Ein-Kind-Politik und erlaubt Paaren künftig ein zweites Kind. Das hat das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei in Peking zum Abschluss seiner viertägigen Sitzung bekannt gegeben.

Die neue Regelung kommt nicht überraschend. Zu groß sind Probleme und Kosten, die eine rasant alternde Bevölkerung und der Rückgang der Geburtenrate mit sich bringen. Laut dem Chinesischen Statistikbüro ist der Anteil der unter 14-Jährigen an der Bevölkerung von 33,6 Prozent (1982) auf 16,6 Prozent (2010) gesunken. Damit schrumpft auch die arbeitende Bevölkerung. Die Zahl der Werktätigen in China geht seit 2012 zurück. Einer Prognose des Paulson Instituts zufolge werden im Jahr 2050 auf einen chinesischen Rentner nur 1,3 Arbeitnehmer kommen.

Es ist allerdings fraglich, ob die aktuelle Lockerung ausreicht, um diese Entwicklung entscheidend zu beeinflussen. Schon vorher hat es zahlreiche Ausnahmen gegeben, immer mehr wohlhabende Chinesen konnten sich die Strafen leisten, die für ein zusätzliches Kind zu bezahlen waren. 2013 hat die Volksrepublik jenen Eltern, die beide Einzelkinder sind, ein zweites Kind erlaubt. Doch überraschend wenige machten davon Gebrauch. In den Städten überlegen sich viele Chinesen genau, ob sie sich ein zweites Kind leisten können. „Nur wenn auch die Kosten, ein Kind aufzuziehen, gesenkt werden können, wird diese neue Politik funktionieren“, schrieb ein chinesischer Internetnutzer.

Die neue Regelung könnte allerdings das ungleiche Geschlechterverhältnis in China wieder etwas besser austarieren. Aus kulturellen Gründen werden in China Jungen bevorzugt, bei Geburt kommen auf 100 Mädchen 112 Jungen. Die Folge ist inzwischen, dass viele Männer im heiratsfähigen Alter keine Partnerin mehr finden, mancher Chinese sucht sich inzwischen in Myanmar, Vietnam oder Nordkorea eine Ehefrau.

Auch Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsabtreibungen durch chinesische Behörden dürften zurückgehen. Ganz glücklich sind Menschenrechtsorganisationen trotz der neuen Regelung nicht. „Was die Größe einer Familie betrifft, sollte Peking nichts zu sagen haben“, twitterte die China-Expertin Minky Worden von Human Rights Watch.

Die Ein-Kind-Politik war 1979 aus wirtschaftlichen Gründen eingeführt worden. In den Jahrzehnten zuvor hatte es in China wiederholt Hungersnöte gegeben. Zwar ist die chinesische Bevölkerung bis 2013 auf 1,357 Milliarden Menschen gewachsen, doch nach Regierungsangaben hat die Ein-Kind-Politik rund 400 Millionen Geburten verhindert und zum wirtschaftlichen Aufstieg des Landes beigetragen. Nun wird sie ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen wieder abgeschafft.

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