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Panorama: Man gönnt sich ja sonst nichts

Bush macht fünf Wochen Urlaub auf seiner Ranch in Texas. Das kann sich nicht jeder Regierungschef leisten

GEORGE W. BUSH

Der amerikanische Präsident gönnt sich fünf Wochen Ferien auf seiner Ranch in Texas – das ist die längste Abwesenheit eines Präsidenten vom Weißen Haus seit 36 Jahren. Der Durchschnittsamerikaner nimmt maximal drei bis vier Wochen Urlaub – im ganzen Jahr. Bei der Rückkehr nach Washington Anfang September wird Bush Ronald Reagans Urlaubsrekord, 335 Tage in acht Präsidentenjahren, bereits nach viereinhalb Amtsjahren gebrochen haben. Im Schnitt 80 Tage pro Jahr hat er seit dem Amtsantritt im Januar 2001 daheim in Crawford verbracht. Die Medien kritisieren das nicht offen, es wird mehr beiläufig vermerkt, wenn er zum Beispiel das neue Energiegesetz in Texas unterzeichnet oder dort auf Irans Nuklearprogramm reagiert. Das Weiße Haus betont, Bush habe keine Ferien im üblichen Sinne. Der Politikbetrieb gehe, wenn auch gedrosselt, weiter. Er empfängt Staatsgäste – mit denen er im Geländewagen über die Ranch fährt –, besucht in der Zeit sieben US-Bundesstaaten, berät sich mit seinem Kabinett und unterzeichnet Gesetze. In der Freizeit geht er joggen, betreibt Mountainbiking oder hackt Holz.

GERHARD SCHRÖDER

Für den Bundeskanzler reichte es diesen Sommer wegen des vorgezogenen Wahltermins nur zu einem Kurzurlaub im heimatlichen Hannover. Vom 18. Juli an erholte sich Gerhard Schröder bei seiner Familie – allerdings mit mehreren Unterbrechungen. So traf er am 21. Juli mit dem ICE 859 „Heinrich Zille“ in Berlin ein, um auf die Neuwahlentscheidung des Bundespräsidenten reagieren zu können. Vier Tage später unterzeichnete er mit dem polnischen Staatspräsidenten einen Vertrag. Am Samstag, den 30. Juli nahm er an der Landesdelegiertenversammlung in Hannover teil, zehn Gehminuten von seinem Haus entfernt. Einen Tag später war er Gast bei Sabine Christiansen in Berlin. Dort konnte er gleich bleiben: Am 1. August war sein „Urlaub“ auch offiziell vorbei. In seinem Reihenhaus verbrachte Schröder öfter ungewollt den Sommerurlaub. Etwa, als er seinen Urlaub in der italienischen Provinz Pesaro absagte, nachdem der italienische Staatssekretär, Stefano Stefani, die Deutschen als „einförmige, supernationalistische Blonde“ beleidigt hatte. In den Jahren davor verbrachten die Schröders meist zwei bis drei Wochen in Positano an der amalfitanischen Küste südwestlich von Neapel. Der Bundeskanzler ist Ehrenbürger des Ortes, in dem er oft im Haus des Künstlers Bruno Bruni wohnt. Juliane Schäuble

TONY BLAIR

Der Urlaubsort des britischen Premiers Tony Blair bleibt in diesem Jahr geheim. Die Rede war davon, dass die Blairs auch in diesem Jahr wieder ein paar Tage in Cliff Richards Sommerhaus auf Barbados verbringen, aber Downing Street verweigert aus Sicherheitsgründen die Auskunft. Für die Blairs mag das eine willkommene Ausrede sein. Denn mit ihrer inzwischen schon berühmten Sommertournee handelten sich die Blairs seit Jahren gehässige Schlagzeilen ein – und neidische. Denn nicht viele schaffen es, wie die Blairs im letzten Jahr, sich in knapp drei Wochen gleich in drei erlesene Ferienvillen einladen zu lassen. Damals begann die Sommerreise der Blairs in Sir Cliffs Sommervilla in Barbados, wechselte dann über den Atlantik in die toskanische Residenz von Prinz Girolamo Strozzi bei San Gimigniano, um auf Sardinien im Häuschen des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zu enden. Die Toskana ist der Blairs liebstes Ziel – immer, wenn Blair in einer Freundesvilla in der Toskana weilt, liegt Cherie ihrem Ehegatten in den Ohren, sich endlich doch einmal was Eigenes zu kaufen. Aber warum: Blair hat, seit er Premier ist, immer einen willigen Gastgeber für seine Urlaubsreisen gefunden. Kritik gab es in diesem Jahr trotzdem. Blair will seinen Urlaub nicht für die Beerdigung des ehemaligen Außenministers Robin Cook unterbrechen, nachdem schon die Londoner Terrorwelle seine Reisefreude nicht bremsen konnte. Das zeigt, wie eisern der gestresste Blair auf seine Erholung pocht.Weihnachten wurde er kritisiert, dass er seinen Urlaub in Ägypten trotz der Tsunami Katastrophe fortsetzte - die Blairs waren im Ferienhaus von Präsident Mubarak. Mit drei Wochen im Sommer, einer im Mai, einer Weihnachten und noch einigen verlängerten Wochenenden liegt Blair ziemlich an der Spitze britischer Urlaubsansprüche. Zwar haben heute viele Briten schon 25 Urlaubstage im Jahr, aber die Regel ist es nicht. Matthias Thibaut

JACQUES CHIRAC

Vor einer Woche kehrte Frankreichs Staatspräsident dem tumultuösen Pariser Politikgeschäft den Rücken und verabschiedete sich in den dreiwöchigen Sommerurlaub. Er brach nach Bormes- les-Mimosas an der Mittelmeerküste auf. In der Nähe des Provence-Nests befindet sich das Fort de Brégançon, die offizielle Sommerresidenz des Staatsoberhauptes. Mit seinen meterdicken Mauern und seinem mittelalterlich anmutenden Baustil sieht das Fort de Brégançon eher nach einer Festung denn nach einem präsidentialen Sommersitz aus. Das war es auch, bis der damalige Staatspräsident Charles de Gaulle 1968 die ehemalige Wehranlage zur offiziellen Sommerresidenz des Präsidenten der Republik erklärte. Seitdem ist es für einen jeden französischen Staatspräsidenten Tradition, im Sommer sich für zwei, drei Wochen im Fort einzuquartieren. Das Schlösschen ist auf einer engen Felsenspitze gebaut und bietet einen atemberaubenden Ausblick auf das blaue Meer. Vom Festland aus genießen die Paparazzi einen prächtigen Blick auf die feinsandige Landzunge, die dem Präsidenten als Privatstrand dient: Auch im Urlaub gibt es für Chirac kein Entkommen vor den Paparazzi. Das musste der Staatschef im Sommer 2001 auf unangenehme Weise erfahren. Einem besonders scharfäugigen Fotografen gelang es, Bilder des damals 68-jährigen Präsidenten beim Sonnenanbeten zu schießen – im Adamskostüm. Die Fotos wurden auf Druck des Elysée-Palastes nie veröffentlicht. Guillaume Decamme

SILVIO BERLUSCONI

Für so manchen italienischen Politiker fallen die Ferien dieses Jahr knapper aus als sonst. Wegen der Terrorgefahr wagen sich Innenminister Pisanu und Außenminister Fini nicht weit von Rom weg. Ministerpräsident Silvio Berlusconi indes verbringt den Urlaub, angeblich den ganzen August, auch dieses Jahr in seinem Luxuspark La Certosa an der sardischen Costa Smeralda. Mit Steuergeldern hat er die Villa und das Felsmassiv darunter so ausbauen lassen, dass sie im Notfall angeblich als Regierungsbunker taugen. Vergangenes Jahr hatte Berlusconi auf Sardinien sein frisch transplantiertes Haupthaar sprießen lassen; vor wenigen Tagen wurde der eitle 68-jährige schon wieder beim Schönheitsdoktor im norditalienischen Ferrara gesehen. Dafür ließ er eine wichtige Kabinettssitzung sausen: Berlusconi schützte eine fiebrige Mandelentzündung vor – und bestritt, dass er sich einer zweiten Haartransplantation unterzogen habe. Nach dem fatalen Besuch von Tony Blair auf La Certosa im vergangenen Jahr – beim Fußballspiel haute der Brite dem Italiener so heftig vors Schienbein, dass Berlusconi bis in den Oktober hinein einen Gipsverband tragen musste – ist von ausländischen Gästen dieses Jahr bisher nichts zu hören. Dafür ist Berlusconi eingeladen: Das letzte Augustwochenende soll er bei Wladimir Putin am Schwarzen Meer verbringen. Paul Kreiner

JOSE LUIS ZAPATERO

Spaniens Regierungschef ging seinen dreiwöchigen Urlaub auf der Kanareninsel Lanzarote etwas zu stürmisch an. Gleich am ersten Urlaubstag holte er sich dort beim wilden Basketballspiel mit Freunden einen Muskelfaserriss. Damit ist der ständig überaktive Spitzenpolitiker nun vorübergehend und zwangsweise ruhig gestellt. Der 45-jährige Zapatero, der mit Frau Sonsoles sowie seinen zwei Kindern Laura und Alba im Kanaren-Sommerpalast „La Mareta“ der spanischen Königsfamilie wohnt, wird folglich seine politischen Ferientermine etwas verschieben müssen. Zapatero wollte, wo er schon einmal in der Nähe ist, den Nachbarinseln Gran Canaria, Teneriffa, La Gomera und El Hierro offizielle Besuche abstatten – was nun allerdings auf die letzten Urlaubstage verschoben wird. Dabei wird der spanische Ministerpräsident vielleicht auch manchem überraschten deutschen Urlauber die Hand drücken. Zapatero gilt als sehr volksnah. Ralph Schulze

HU JINTAO

Wenn Chinas Mächtige baden gehen, erfährt das Volk nichts davon. Wie alles Private werden auch die Urlaubspläne der Führer wie Staatsgeheimnisse gehütet. Staats- und Parteichef Hu Jintao ist offiziell immer im Dienst. In den heißen Sommermonaten sehen die Chinesen ihn abends in den Fernsehnachrichten, wie er ausländische Staatsgäste empfängt. Ob und wie oft Chinas Staatsführer Urlaub machen, wird von den Staatsmedien verschwiegen. Chinas Führer präsentieren sich dem Volk als Modellkader, die immer im Einsatz sind und niemals ermüden. Hu unterscheidet sich damit von seinen Vorgängern. Der Große Vorsitzende Mao zog einst jeden Sommer mitsamt der Staatsführung für ein paar Wochen in das Seebad Beidaihe – offiziell wurde dort in den Luxusvillen weiter gearbeitet. Auch die Nachfolger Deng Xiaoping und Jiang Zemin reisten jeden Sommer nach Beidaihe. Erst Hu Jintao schaffte 2003 die Strandsitzungen ab. Seitdem rätseln die Chinesen, ob und wie lange ihrer Führer Ferien machen. Harald Maass

WLADIMIR PUTIN

Wann, wo und wie lange Russlands Präsident Urlaub macht, gehört zu den bestgehüteten Staatsgeheimnissen. Details weiß nicht einmal Putins Pressedienst. Oder will es nicht wissen. Putin ist ohnehin als Workaholic verschrien, das Wort Urlaub trifft daher nicht ganz das, was der Herr des Kremls tut, wenn er sich – meist in der zweiten Augusthälfte – in seiner Residenz bei Sotschi am Schwarzen Meer einquartiert. Wie das hiesige Fernsehen dann mit der stets gleichen Formulierung berichtet, arbeitet er auch dort mehrere Stunden täglich an Dokumenten oder empfängt Staatsgäste. Statt Dreiteiler und Krawatte trägt der russische Präsident dann Hemden mit offenem Kragen und bequeme Treter. Elke Windisch

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