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Panorama: "Ustica-Prozess": Unter mysteriösen Umständen

Die Schuldigen sind im Gerichtssaal nicht zugegen, sie werden es auch nicht sein - nur ihre Komplizen, die dafür gesorgt haben, dass sie straffrei ausgehen. In Rom hat am Donnerstag der sogenannte "Ustica-Prozess" begonnen: mehr als 20 Jahre nach dem Absturz einer DC-9-Linienmaschine der Fluggesellschaft Itavia soll nun zumindest geklärt werden, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Gerichte jahrzehntelang im Dunkeln tappten, Zeugen eingeschüchtert und manche möglicherweise sogar umgebracht wurden.

Die Schuldigen sind im Gerichtssaal nicht zugegen, sie werden es auch nicht sein - nur ihre Komplizen, die dafür gesorgt haben, dass sie straffrei ausgehen. In Rom hat am Donnerstag der sogenannte "Ustica-Prozess" begonnen: mehr als 20 Jahre nach dem Absturz einer DC-9-Linienmaschine der Fluggesellschaft Itavia soll nun zumindest geklärt werden, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Gerichte jahrzehntelang im Dunkeln tappten, Zeugen eingeschüchtert und manche möglicherweise sogar umgebracht wurden.

Die Maschine war am 27. Juni 1980 auf dem Flug von Bologna nach Palermo zwischen den Mittelmeer-Inseln Ponza und Ustica kurz vor 21 Uhr von den Radarschirmen verschwunden; keiner der 81 Insassen überlebte den Absturz aus 9000 Metern Höhe. Die offizielle Erklärung lautete schon vor jeder Untersuchung: Materialermüdung. Obwohl sich in der Folge die Indizien mehrten, dass die DC in ein hochbrisantes Nato-Militärmanöver hineingeraten und abgeschossen oder von einem nahebei fliegenden Bomber gestreift worden war, blieben sowohl der Generalstab der Luftwaffe wie auch die Geheimdienste dabei, dass seinerzeit weder Militärbewegungen im betreffenden Raum stattgefunden hatten noch Raketen in dieser Gegend abgefeuert worden waren. Glatte Lügen, auf die die ersten Ermittler voll hereinfielen und die erst der seit 1989 federführende Staatsanwalt Rosario Priore in zehnjähriger minutiöser Arbeit widerlegen konnte.

Doch was genau an jedem Abend geschah, konnte auch Priore nicht klären: die USA, Frankreich, England, deren Kampfjets, Bomber oder Flugzeugträger erwiesenermaßen in der Unglückzone operierten, haben jegliche Zusammenarbeit mit den italienischen Gerichten stets abgelehnt. Zeugen, die Licht ins Dunkel bringen konnten, kamen teilweise unter mysteriösen Umständen ums Leben, wie etwa ein Radarlotse, der gesagt hatte: "Wir standen einen Schritt vor einem Krieg", und der später erhängt aufgefunden wurde; oder die beiden Jagdpiloten von Jägern, die zur Flugzeit der DC 9 eine nichtidentifizierte Maschine hinter der DC9 abfangen sollten - und die beide in dem ebenfalls nie völlig aufgeklärten Zusammenstoß der Kunstflugstaffel "Frecce tricolori" über Ramstein (70 Tote) starben.

So musste sich Priore am Ende mit der Wiedergabe möglicher Szenarien - darunter auch ein mögliches Attentat auf die im fraglichen Gebiet erwartete Maschine von Libyens Präsident Muhammar Gaddafi - begnügen und sich auf eine Anklage jener beschränken, die, wohl in Koordination mit den Nato-Stäben, vernebelt und nach der Tat "Flankenschutz" erteilt hatten: vier Generäle des seinerzeitigen Generalstabs der italienischen Luftwaffe und fünf hohe Offiziere des militärischen Geheimdienstes. Der Staatsanwalt wirft ihnen Verfassungsbruch, Hochverrat, Beweisunterdrückung, Strafvereitelung vor - bis zu fünzehn Jahren Gefängnis können dafür verhängt werden.

Die Offiziere, von denen drei nicht erschienen waren, erklären sich für völlig unschuldig - und nehmen der italienischen Justiz besonders übel, dass ihr Verfahren nicht in einem gewöhnlichen Gerichtssaal, sondern inmitten des Gefängnisses Rebibbia stattfindet. Dort, wo gemeinhin die großen Prozesse gegen Terroristen abgewickelt wurden.

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