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© Abaca

Welfe in Not: Die Prinzenrolle des Ernst August

Ernst August, Chef des Welfenhauses, möchte sein Schurkenimage loswerden. Das wird aber wohl nichts.

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Die Prinzenrolle ist gut, die Schurkenrolle besser. Das weiß jeder Schauspieler. Richard III., so was in der Art. Manchmal ist es für Schauspieler schwer, von einer solchen Rolle wieder loszukommen, sie tragen es mit Fassung. Es gibt umgekehrt begabte Leute, die keine Schauspieler sind, aber trotzdem ihre öffentliche Rolle dauernd neu erfinden. Und dann gibt es noch Leute, die sind weder Schauspieler noch begabt. Die sind einfach nur Schurke. Festgelegt von der Öffentlichkeit auf alle Ewigkeit.

Ernst August Prinz von Hannover, das Oberhaupt des ältesten deutschen Herrschergeschlechts, hatte diese Rolle immerhin mit Kraft angenommen. Dass er kein Shakespeare’sches Format hat, liegt vielleicht an den Zeitläuften, was sein Glück ist. Wer will schon dauernd die Klinge im Nacken spüren.

Eigentlich ist er nett. Das kennt man von Cholerikern. Menschen, die den Chef des Welfenhauses kennen, schildern ihn als charmanten, witzigen Gesprächspartner mit tadellosen Manieren, der gern lacht und gern andere zum Lachen bringt. Ein überaus friedliebender Mensch sei „Ernst“, wie er im engsten Kreis genannt wird.

Die Öffentlichkeit hat ein anderes Bild von ihm. Sie kennt ihn vor allem als jemanden, der hin und wieder ein bisschen die Contenance verliert. Da gab es die Berichte, in denen er vor seinem Gut Calenberg mit einem Schirm auf einen Kameramann einprügelte. Oder die, in denen er einer Fotografin in Salzburg einen Fußtritt verpasste. Und es gab die Sache bei der Expo in Hannover, als er beim öffentlichen Urinieren am türkischen Pavillion beobachtet worden war. Es gab noch andere unschöne Szenen zu lesen. Manche Medien haben ihn verfolgt. Als „Prügelprinzen“ abgestempelt. Aber für sein Image sind die Medien nicht verantwortlich. Es wurde über reale Vorgänge und Gerichtsverfahren berichtet, die sich mit seinem Verhalten beschäftigten. Sein Image hat er sich gewiss selber erarbeitet.

In den letzten Jahren aber war es still um ihn geworden. Irgendetwas muss in ihm vorgegangen sein. Wollte er sein Bild in der Öffentlichkeit korrigieren? Die Vorfälle, die sein Bild geprägt hatten, sind lange her, seit Jahren war nichts mehr dazugekommen.

Bis letzte Woche. Da veröffentlichte die „Bunte“ Fotos, die ihn in Thailand mit einer jüngeren Frau zeigen. Ganz offen am Strand, für die Urlauber und Fotografen deutlich sichtbar. Fast hat es den Anschein, als ob er gar nichts dagegen habe, dass diese Fotos kursieren, die für seine Frau Caroline sehr demütigend sein müssen.

Da ist sie wieder, die Schurkenrolle. Niemand weiß, was ihn geritten hat. Über eine Trennung des Ehepaars wurde in den letzten Wochen viel spekuliert, das letzte Foto von einem gemeinsamen Auftritt stammt vom Juni vergangenen Jahres. Eisig stehen die beiden nebeneinander, sich keines Blickes würdigend.

Die Thailandfotos mit der anderen Frau kommen zu einem für Ernst August ungünstigen Zeitpunkt. Derzeit wird vor dem Landgericht Hildesheim die Wiederaufnahme eines Prozesses verhandelt, mit dem der Welfe seine Ehre wiederherstellen und sein Image korrigieren will.

Es geht um einen zehn Jahre zurückliegenden Vorfall, bei dem er in Kenia einen Diskobesitzer krankenhausreif geschlagen haben soll. Ernst August behauptet, es seien nur zwei Ohrfeigen gewesen.

Seine Chancen in diesem Wiederaufnahmeprozess stehen eigentlich gar nicht schlecht. Seine Rolle als „Prügelprinz“ scheint in der Zeit des ersten Prozesses das Bild von den wahren Vorgängen getrübt zu haben. Nun ist es aber so, dass seine Frau Caroline eine wichtige Zeugin ist, die ihn entlasten soll. Einen ersten Termin im November hatte sie schon platzen lassen. Damals gab es schon wilde Gerüchte über die Ehe. Am heutigen Mittwoch ist sie wieder geladen. Eine Woche nach den Fotos in der „Bunten“.

Wird sie kommen? Wie wird sie aussagen? Die Justiz rechnet fest mit ihr.

Für seine Ehre ist der 55-jährige Urenkel des letzten deutschen Kaisers sogar einmal höchstpersönlich bei einem Prozess gegen ihn anwesend gewesen. Im Juni 2009 stellte er sich fast 15 Minuten lang fein lächelnd und schweigend den Fotografen und Journalisten im Gerichtssaal in Hildesheim. Freiwillig tat er das. Er hätte nicht erscheinen müssen. Unerwartet schmal wirkte der Prinz da, frisch und klar, das gelegentlich leicht Aufgedunsene aus früheren Zeiten war verschwunden. Nur seine Beine verrieten eine gewisse Anspannung. Unentwegt zappelten sie unter dem Tisch.

Auch wenn das Gericht seine Ehre wiederherstellt, mit den Thailandfotos ist das Projekt Rollenwechsel wohl gescheitert. Am heutigen Mittwoch wird er nicht im Gerichtssaal sitzen, wenn seine Frau über sein Verhalten aussagt. Vielleicht ist das besser so. Vielleicht ist jetzt aber auch alles egal.

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