
Reproduktionsmedizin in Großbritannien: Wissenschaftler begrüßen Ja der Briten zum Drei-Eltern-Baby
Ein Vater, zwei Mütter: In Großbritannien könnte es nach einer Entscheidung des Parlaments bald „Drei-Eltern-Babys“ geben. Ist das ein Segen oder Fluch?
Viele Wissenschaftler in Großbritannien feiern die Entscheidung des Parlaments für sogenannte Drei-Eltern-Babys als Fortschritt für die Reproduktionsmedizin. „Das ist ein gutes Beispiel, wie langfristige Investitionen in ein schwieriges Gebiet der Wissenschaft Familien einen potenziell riesigen Nutzen bringen können“, sagte Tony Peatfield von der britischen Behörde für medizinische Forschung nach der Abstimmung am Dienstag. Von einem „Sieg des gesunden Menschenverstands“ sprach Genetik-Professor Darren Griffin von der Universität Kent. Für betroffene Familien bedeute das einen Hoffnungsschimmer. Kritik an der neuen Methode äußerten dagegen zuvor vor allem die Kirchen.
Wenn das Oberhaus die Entscheidung des Unterhauses bestätigt, erlaubt Großbritannien als derzeit einziges Land der Welt, bei einer Eizelle eines Elternpaares die mitochondriale Erbsubstanz der Frau durch die einer anderen weiblichen Eizelle zu ersetzen: Vom Vater kommt der Samen, von der Mutter der Eizellkern und von einer zweiten Frau eine Eizelle, die entkernt wurde. Diese gespendete Eizelle enthält intakte Mitochondrien, aber nicht mehr das im Zellkern vorhandene Erbgut.

Dies soll verhindern, dass bestimmte Gendefekte der Mutter, die über die Mitochondrien weitergegeben werden, auf das Baby übertragen werden und zu schweren Erkrankungen führen (Mitochondriopathie). Nur Frauen, bei denen genau diese Gendefekte nachgewiesen wurden, kommen für die Methode infrage. Die Mitochondrien versorgen die Zelle wie ein Kraftwerk mit Energie. Bei der vererbten Mitochondriopathie - wenn also das Kraftwerk gestört ist - treten Schäden wie Herzprobleme und Muskelschwäche auf, die beim Kind zum frühem Tod führen können.
Bedenken äußerten vor allem die Kirchen und Kritiker der Genforschung, die einen Dammbruch für die Produktion von „Designerbabys“ befürchten. Viele Wissenschaftler sehen das anders: Die gespendete DNA mache nur 0,1 Prozent der gesamten DNA aus, erklärte der Londoner Stammzellforscher Malcolm Alison. Es seien deswegen keine drei Eltern, sondern 2,001. Außerdem habe die mitochondriale Erbsubstanz keinen Einfluss auf offensichtliche Merkmale wie die Haarfarbe oder Gesichtszüge. (dpa)