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Princess of Africa, so wird Yvonne Chaka Chaka genannt.

© AFP

Yvonne Chaka Chaka: Ein glamouröser Engel aus Südafrika

Zu ihrem „Umqobothi“ tanzt der ganze Kontinent – und für Mandela war sie ein „nationales Denkmal“. Wie die südafrikanische Sängerin Yvonne Chaka Chaka ihre Prominenz im Kampf gegen Malaria nutzt.

Nelson Mandela liebte ihre Musik – und Yvonne Chaka Chaka war ihm bis zum Schluss eng verbunden. Die Sängerin steht seit 30 Jahren auf der Bühne. Ihre warme Alt-Stimme gehört zu jeder Party. Ihr Song „Umqobothi“ wird bis heute in jedem afrikanischen Club gespielt. Mit „Cry for Freedom (Schrei nach Freiheit)“ hat sie eine der Hymnen der Anti-Apartheids- Bewegung geschrieben. Mandela nannte sie liebevoll ein „nationales Denkmal“.

Die 51-jährige Mutter von vier Kindern hat sich früh entschieden, ihre Prominenz zum Guten zu nutzen. Vor wenigen Tagen hat sie im Entwicklungsministerium dafür geworben, den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose bei der Wiederauffüllungskonferenz in diesem Jahr „großzügig zu unterstützen“. Mit dem Geld des Globalen Fonds, der 2002 gegründet wurde, habe sich in Südafrika und fast überall in Afrika vieles verändert.

In den 1990er Jahren kümmerte sich Yvonne Chaka Chaka um Kinder, die ihre Eltern oft innerhalb weniger Wochen beide verloren hatten. Die Kliniken waren voll mit spindeldürren Menschen mit offenen Wunden auf der Haut. Sie starben zu Hunderten. „Wir hatten keine Ahnung, dass das Aids war“, erzählt sie. Und ihre Regierung habe das Problem jahrelang komplett verleugnet. Mit dem Ergebnis, dass Südafrika noch immer zu den Ländern mit der höchsten Infektionsrate mit dem HI-Virus gehört, das Aids auslöst.

Rund 6,3 Millionen der knapp 53 Millionen Südafrikaner waren 2013 mit dem HI-Virus infiziert. Mehr als zwei Millionen Menschen bekommen lebensrettende Medikamente. Zwischen 2009 und 2012 drehte sich das Bild in Chaka Chakas Heimatland. Während der Globale Fonds zunächst Programme anschob, finanziert der Staat die Behandlung inzwischen selbst. „Die Politiker haben da einiges gutzumachen und sind deshalb inzwischen vorbildlich“, sagt Chaka Chaka. Für die Infizierten ist inzwischen ein ziemlich normales Leben möglich. „Es sind auch nur noch zwei oder drei Pillen. Früher war es eine ganz Handvoll.“

Anti-Malaria-Botschafterin

Als Unicef sie 2005 fragte, ob sie Botschafterin für das UN-Kinderhilfswerk werden wollte, sagte Yvonne Chaka Chaka zu. Sie hatte allerdings etwas andere Vorstellungen von ihrem Ehrenamt als Unicef. „Ich sollte nur glamourös aussehen – und Schecks übergeben“, erzählt sie morgens in einem Berliner Hotel. Sie trägt ein gelbes Kleid mit weit ausgeschnittenen Ärmeln – und sieht glamourös aus. Sie lacht. „Ich wollte mehr wissen.“ Die Sängerin beschloss, sich vor allem für die Bekämpfung von Malaria einzusetzen. Diese Krankheit tötet noch immer die meisten Kinder in Afrika. Warum Malaria? In Südafrika gibt es nur eine Region im Grenzgebiet mit Mosambik und Simbabwe, die stark betroffen ist.

Aber Yvonne Chaka Chaka hat persönlich eine Erfahrung gemacht, auf die sie gerne verzichtet hätte. Sie war mit ihren Musikern auf Tour in Gabun. Danach wurde eine ihrer Sängerinnen, Phumzile Netule, schwer krank und starb an Malaria. Yvonne Chaka Chaka machte sich selbst zur Anti-Malaria-Botschafterin.

Das reichte ihr aber nicht. Sie, die überall auf dem Kontinent „Princess of Africa“ genannt wird, gründete eine Stiftung mit dem gleichen Namen. Sie arbeitet deshalb auch mit einem Malaria-Experten zusammen, der zudem die Geschäftsführung ihrer Stiftung übernahm, die nun zehn Jahre alt ist. „Wir werben um Geld für Bettnetze, um der Infektion vorzubeugen, und für die Behandlung“, erzählt sie. Aber sie nutzt ihre Prominenz nicht nur, um Reichen Geld aus der Tasche zu ziehen, sondern auch um für den richtigen Umgang mit Bettnetzen und Medikamenten zu werben. Mit gespielter Entrüstung sagt sie zu ihrem Geschäftsführer: „Manchmal vergisst er, dass ich ein Superstar bin.“

Mit der Apartheid groß geworden

Wie selbstverständlich setzt sie sich in Afrika in einen Geländewagen und fährt drei Stunden über Rumpelpisten in irgendein Dorf, um über Malaria zu reden. Dass das nötig ist, hat sie an vielen Orten gesehen, wo die Bettnetze als Fischernetze verwendet werden, „oder als Schleier für Hochzeiten“, erzählt sie. Aber wenn Yvonne Chaka Chaka in irgendeinem abgelegenen Dorf in Afrika sagt: „Hängt eure Bettnetze auf und schlaft darunter“, hat das Gewicht. Nur einmal wollte die Netze niemand haben. Das war in Kenia an der Küste. Nach einigem Nachfragen fand sie heraus, dass es die Farbe der Netze war, die die Menschen störte. Sie waren weiß. An der Küste Kenias werden die Toten in weiße Tücher gehüllt. Niemand wollte unter einem Totentuch schlafen. Inzwischen werden dort blaue Bettnetze ausgegeben.

Warum sie, die neben ihrer Sängerinnenkarriere auch als Geschäftsfrau erfolgreich ist, das alles macht, erklärt Yvonne Chaka Chaka so: „Ich bin arm geboren.“ Und nicht nur arm, sondern im Südafrika der Apartheid. Ihr Vater starb, als sie elf war. Die Mutter musste ihre drei Töchter alleine durchbringen. Sie war Haushaltshilfe bei einer weißen „Madam“, zu deren 80. Geburtstag Chaka Chaka gleich nach ihrem Besuch in Berlin reisen wollte. Denn diese „Madam war gut“. Sie habe sie in der Besenkammer der „Maid“ schlafen lassen, als sie ihr Haus im Township verloren. Allerdings schwärzten sie Nachbarn bei der Polizei an. Nach einer Razzia stand die Familie auf der Straße und die Madam musste für ein paar Tage ins Gefängnis. Dennoch half sie ihnen weiter.

Schon als kleines Mädchen wollte sich Yvonne Chaka Chaka mit der Ungerechtigkeit nicht abfinden. „Warum darf ich nicht mit Ihren Kindern in die Schule auf der anderen Straßenseite gehen“, fragte sie ihre Madam. Es gab in Südafrika damals keine Antwort auf Fragen wie diese. Ihre Mutter habe sie dafür verhauen, erzählt sie. Aber sie fragte immer weiter. Und weil nur die Weißen gut lebten, wollte sie damals vor allem eines: „Ich wollte weiß sein.“ Sie erschrickt bis heute, dass sie so empfunden hat und fügt hinzu: „Ich bin stolz darauf, schwarz zu sein. Ich bin eine stolze Afrikanerin.“ Sie hat allen Grund dazu.

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