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Szene aus dem derzeit entstehenden Spiel "The Wagadu Chronicles".

© TwinDrums

Interview mit dem Game-Designer Allan Cudicio: "Meine queeren Erfahrungen fließen in die Fantasy-Welten ein"

Allan Cudicio entwickelt in seiner Firma Computerspiele. Im Gespräch erklärt er, wie seine Queerness und seine ghanaischen Wurzeln die Arbeit beeinflussen.

Als Allan Cudicio vor sieben Jahren nach Berlin kam, arbeitete er zunächst in einem Marketing Start-up für Games. Nach kurzer Zeit wechselte er zu King, einem der größten Berliner Games-Unternehmen. Bevor er sich mit TwinDrums selbstständig machte, arbeitete  er außerdem als Game Designer bei Wooga Games.

Inwiefern spielt Queerness für dich eine Rolle bei deiner Arbeit?

Während meiner Zeit bei Wooga habe ich dort einiges in Sachen queere Unternehmenskultur und Diversität gestartet. Zuerst habe ich einmalige Pride-Events in und mit der Firma organisiert bzw. unterstützt, zum Beispiel Unicorns in Tech.. Dann habe ich der Chefetage vorgeschlagen selbst eine regelmäßige, queere Veranstaltung anzubieten. Die fanden die Idee klasse, haben mir sofort ein Budget gegeben und ich habe mit Kolleg*innen mehrere Formate gestartet wie ein monatliches, firmeninternes, queeres Lunchtreffen, Workshops und öffentliche queere Gaming Nights.

Tragen Unternehmen deiner Meinung nach die Verantwortung aktiv eine queere Willkommenskultur herzustellen, durch solche Events?

Ganz eindeutig, ja. Denn Stillschweigen fördert Ablehnung statt Akzeptanz. Queere Menschen müssen sich so oft durch feindliche oder ablehnende Räume bewegen, da muss es deutlich sein, ob ein Unternehmen ein sicherer Raum ist. Das spielt definitiv auch eine wichtige Rolle bei der Entscheidung einen Job anzunehmen oder nicht. Das hab ich bei der Gründung meiner eigenen Firma von Anfang berücksichtigt. Etwa die Hälfte meines Teams sind Frauen, ein Viertel ist queer und ein Drittel ist schwarz.

Der Berliner Game-Designer Allan Cudicio.

© privat

War das für dich auch ein Grund, nach Berlin zu ziehen?

Ja, definitiv. Ich bin halb Ghanaer, halb Italiener. Ich mag Ghana und obwohl dort vieles toll ist, gibt es dort immer noch das britische Kolonialerbe, dass man Queerness nicht offen ausleben kann. Gleichzeitig ist die Gamesbranche dort noch recht klein. Da punktet Berlin in beiden Bereichen deutlich besser. Obwohl es ein bisschen Zufall war, dass ich hier gelandet bin. Eigentlich hatte ich einen Job in Hamburg zugesagt bekommen und wollte nur ein paar Tage hier bleiben. Der Job wurde abgesagt, ich bin hier geblieben und habe es nie bereut.

Neben deiner Queerness beeinflusst dich auch deine familiäre Herkunft in Bezug auf deine Arbeit. Wie zeigt sich das?

Meine halb-afrikanischen Wurzeln waren mir immer sehr wichtig. Ich konnte auch gar nicht ohne sie leben, man sieht sie mir ja sofort an. Weil ich größtenteils in Italien aufgewachsen bin, hab ich auch einiges an Rassismus erfahren. Diese Erfahrungen fließen in meine Arbeit als Game Designer ein. Gleichzeitig war ich schon immer sehr geschichtsinteressiert und habe fünf Jahre Latein und Altgriechisch studiert. Als ich die ghanaische Historie studieren wollte, gab es das nicht.

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Auch das ist eine Folge des Kolonialismus, weil westliche, europäische Sprache, Kultur und Geschichte als herrschende, höher gestellte Dominanzkultur aufgezwungen wurde. Zum Beispiel habe ich erst sehr spät erfahren, dass wir in unserer Familie eine eigene Göttin haben, weil sich meine Familie nicht getraut hat mir das zu erzählen. Das hat mich sehr traurig gemacht. Da spielt dann auch wieder Queerness mit rein, denn antike afrikanische Kulturkreise waren viel queerer, viel fluider als die binäre westliche Kultur.

Und wie äußert sich das konkret bei deiner aktuellen Arbeit?

All meine Erfahrungen und Ideen fließen in meine Fantasy-Welt Wagadu, das sich aktuell aus dem orthographischen und kulturellen Erbe von sieben Ländern des afrikanischen Kontinents speist. Dabei fließen diese Elemente zusammen mit klassischen Fantasy Tropen. Zwei Sachen standen für mich fest: Alle Figuren im Spiel sind schwarz, in unterschiedlichen Nuancen, und Queerness ist ein offener Teil der Game-Welt. Zum Beispiel achte ich darauf, dass die Gender der Nicht-Spielbaren-Charaktere und Gottheiten möglichst breit und vielfältig aufgestellt sind.

Wie wir am besten Queerness für die spielbaren Figuren einbauen probieren wir grad noch aus. Zumindest so etwas wie eine Möglichkeit, die eigenen Pronomen bei der Charaktererstellung zu wählen, wird im Spiel sein. Wie bei Massively Multiplayer Online Role Play Games (MMORPG) üblich, also online Spielen mit tausenden von gleichzeitigen Spielenden, wird es nach und nach Erweiterungen und Updates geben und das wird auch das Thema Gender und Identität betreffen.

Lara Keilbart

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