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© REUTERS/FARIHA FAROOQUI

Queerfeinlichkeit in Uganda: Anti-Homo-Gesetz ist eine Gefahr für HIV-Infizierte

In Uganda könnte das neue Gesetz die Erfolge im Kampf gegen HIV/Aids zunichtemachen. Weil die Regierung sexuelle Minderheiten kriminalisiert, hat sich deren Zugang zu lebenswichtigen Gesundheitsleistungen verschlechtert.

Seit Präsident Yoweri Museveni den „Anti-Homosexuality Act“ Ende Mai durch seine Unterschrift besiegelte, reißt die Kritik nicht ab: Aktivisten und westliche Regierungen rügten die Regierenden in dem ostafrikanischen Land für das „drakonische“ Gesetz, das gegen Menschenrechte und Ugandas eigene Verfassung verstoße.

Das Regelwerk sieht Gefängnisstrafen für homosexuelle Handlungen vor. In einigen Fällen droht auch die Todesstrafe, etwa für „Serientäter“ oder wenn es sich bei den Involvierten um Elternteile handelt.

Doch für Uganda könnte das neue Gesetz nach hinten losgehen. Experten fürchten einen Anstieg von HIV-Neuinfektionen mit gravierenden Folgen für den Gesundheitssektor. „Der jüngste Beschluss des Anti-Homosexuality Acts hat die Arbeitsbedingungen in unserer Klinik weiter verschärft“, sagt Bob Bwana, Programmdirektor von Icebreakers Uganda, einer Unterstützungsorganisation für sexuelle Minderheiten. „Unsere Dienste wurden praktisch für illegal erklärt und der Zugang für LGBTQ-Personen zu lebenswichtigen Gesundheitsleistungen blockiert.“

Uganda zählt zu den mehr als 30 afrikanischen Ländern, die Homosexualität unter Strafe stellen. Auch Berufsgruppen wie Ärzte oder Berater seien betroffen, berichtet Bwana. Wer Homosexuelle nicht bei den Behörden anzeige und homosexuelle Praktiken in den Augen der Regierung dadurch begünstige, dem drohten bis zu 20 Jahre Haft.

Panik beim Gesundheitspersonal

„Diese Klausel sorgt für Panik bei unserem Gesundheitspersonal, das LGBTQ-Personen gleich behandelt und ihnen die medizinische Aufmerksamkeit zukommen lässt, die sie benötigen.“ Laut Bwana ist das Arzt-Patienten-Verhältnis bereits zerrüttet: Nahmen früher acht Betroffene pro Tag die Gesundheits- und Beratungsdienste der Icebreakers-Klinik in Anspruch, seien es heute maximal drei.

Dem Aktivisten zufolge ging die Zahl der Queers, die auf antiretrovirale Medikamente oder die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) setzen, zuletzt stark zurück. „Das ist ein alarmierender Trend. Vor allem angesichts der Tatsache, dass die LGBTQ-Gemeinschaft bereits für 25 Prozent der Neuinfektionen verantwortlich ist – ein Anteil, der voraussichtlich steigen wird“, warnt Bwana.

Alarmiert sind auch die Vereinten Nationen. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes herrsche „erhöhte Angst vor Verhaftung, Mob-Gewalt und gesellschaftlicher Stigmatisierung“, warnte jüngst ein Sprecher des UN-Programms für HIV/Aids (UNAIDS) in Uganda. Auch er macht auf die unmögliche Situation von Ärzten und Beratern aufmerksam: „Dienstleistende äußern Sorge, dass sie selbst strafrechtlich oder gesellschaftlich für ihre Präventions- und Therapiearbeit belangt werden könnten.“

Dabei blickt Uganda auf ein Jahrzehnt bemerkenswerter Erfolge im Kampf gegen HIV/Aids zurück: Zwischen 2010 und 2021 ging die Zahl der Neuinfektionen um 39 Prozent zurück, die Zahl der Aids-Toten um 66 Prozent.

Das Land war bisher erfolgreich bei der Zurückdrängung von HIV/Aids

Heute leben 1,4 Millionen Ugander, also 5,5 Prozent aller Erwachsenen, mit dem HI-Virus. „Uganda und Präsident Yoweri Museveni waren bisher federführend in der Ausrottung von Aids“, lobten jüngst in einer gemeinsamen Erklärung UNAIDS, das US-Aids-Programm PEPFAR und der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria.

Doch die Allianz sieht Ugandas Erfolg in „großer Gefahr“. Das Stigma, welches das neue Gesetz schaffe, behindere nicht nur eine vernünftige Gesundheitserziehung, sondern obendrein die Aufklärungsarbeit von Aktivisten.

Der Kampf von Ugandas Minderheiten für eine HIV-Behandlung bleibt ein Kampf um Werte und Moralvorstellungen. So lobte Museveni, nachdem das Parlament das umstrittene Anti-Homo-Gesetz verabschiedet hatte: „Gut, dass ihr dem Druck der Imperialisten standgehalten habt.“ Allerdings dürfte auch dieser Kurs Uganda mehr schaden als helfen.

Wie Gesundheitsministerin Anifa Kawooya wenige Tage vor dem Beschluss des Anti-Homosexuality Acts betonte, erhalte ihre Regierung 80 Prozent der Mittel für die HIV/Aids-Bekämpfung von Spendern. Das sind die UN, andere Regierungen oder Privatstiftungen. „Deshalb sollten wir gemeinsam an einer Lösung arbeiten“, so die Politikerin.

Dabei hatte das US-Aids-Programm PEPFAR bereits im Vorfeld gedroht, Uganda den Geldhahn zuzudrehen, sollte es weiter Jagd auf Homosexuelle machen. Die Initiative des US-Präsidenten stellt Kampala jährlich 400 Millionen US-Dollar zur Verfügung. (KNA)

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