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Jordanien: Salt ist in

Die Menschen von Salt sind selbstbewusst und eigenwillig. Ein Besuch lohnt sich, Besucher können hier den unverfälschten Alltag des Orients erleben.

Wer es sich leisten kann, flieht aus Amman, dieser Stadt, die sich über immer mehr Hügel ausdehnt und vor allem durch die Flüchtlinge aus dem Libanon und Irak enorm an Bevölkerung zugenommen hat. Rund zwei Millionen zählt die Hauptstadt des Haschemitischen Königreiches, eine Hauptstadt zweiter Wahl. Eigentlich hatte König Abdullah I. die Idee gehabt, nach dem Ersten Weltkrieg Salt, die blühende Handelsmetropole auf halbem Wege zwischen Palästina und der Wüste Richtung Damaskus zur Hauptstadt zu machen. Salt war einst eine bedeutende Siedlung zu Zeiten der Römer, der Byzantiner und Mamluken. Aber richtig bedeutend und wohlhabend wurde der Ort auf 1200 Meter Höhe nordwestlich von Amman erst im späten 19. Jahrhundert, als die Osmanen Salt zu einem regionalen Verwaltungszentrum ausbauten.

Der Handel hatte sowieso Tradition gehabt, und so kann man heute noch den einstigen Wohlstand Salts an den Hausfassaden aus osmanischer Zeit finden. Hier standen schon Steinhäuser reicher Handelsfamilien, als Amman noch ein Dorf war. Wer sich heute Salt nähert, staunt über die hübschen Villen mit ihrem üppigen Blumenschmuck, Ausdruck wachsenden Wohlstands einer neuen Oberschicht.

Lastwagenfahrer Rhad Eraykha möchte mit seinem „Café Ottoman“ ein wenig von dem Kuchen abhaben. Seit die neue Straße zum Sendemast auf dem Berg über Salt angelegt wurde, kommen abends die Menschen mit dem Auto hoch, schauen versonnen auf die Westbank, genießen die prächtige Aussicht und den Sonnenuntergang über den Bergen von Samaria und die Lichter von Nablus. Eraykha hat ein paar alte Sofas hier hoch geschafft, eine Hütte gezimmert und ein kleines Kabuff, in dem er seine Getränke einschließt, fertig ist das „Café Ottoman“. Und  steht das alte Sofa nicht gerade, dann helfen ein paar untergelegte Steine - levantinisches Unternehmertum.

So sind sie, die Menschen von Salt, selbstbewusst und eigenwillig. Unser Guide Aymn Tadros stammt ebenfalls aus Salt. „Die wollten damals nicht Hauptstadt werden“, erzählt er von seinen Vorfahren. „Das hätte ihre Kreise gestört, hätte viele neue Leute und Gebäude in die Stadt gebracht, Salt wollte so leben wie bisher. So hat sich König Abdullah I. dann eben Amman als Hauptstadt ausgesucht. Heute entwickelt sich Salt als schickes Ausflugsziel. Die Stadt hat keine herausragenden Sehenswürdigkeiten, aber es macht Spaß, durch die Hammam Street zu flanieren und ein Schwätzchen mit den Menschen zu machen. Sie sind freundlich und neugierig, lassen sich gerne fotografieren, wenn dabei auch ein wenig Unterhaltung herausspringt. Etwa Abdil Faltah Hussein, der schwarze Tabakhändler. Er war einst Koch im Gesundheitsdienst, doch jetzt baut er lieber Tabak an und verkauft ihn auch. Seit 30 Jahren handelt er nun mit Tabak, hat zwei Söhne und Töchter und ist glücklich.

Der Bäcker genießt es, von den Kollegen fotografiert zu werden, zückt seine kleine Digitalkamera und fotografiert ebenfalls die neugierigen Journalisten aus Deutschland. Als er mitbekommt, dass ich wiederum diese Szene fotografiere, springt er lachend auf und rennt in seine Bäckerei. Ich soll mitkommen. Er stellt ein kleines Tablett mit süßen Naschereien zusammen, das ich an die Kollegen verteilen soll.

Guide Aymn trifft einen Verwandten auf der Straße, es folgt eine längere Unterhaltung, man umarmt sich und schüttelt sich die hand und lässt sie nicht mehr los. Begrüßung auf Arabisch. Auf der Ain Plaza spielen ein paar Rentner das Mangala-Spiel. 98 Steine müssen irgendwie in die Vertiefungen verteilt werden, die Regeln sind undurchschaubar, die Männer sind flink, rasch klackern die Steine in die Vertiefungen, andere werden gelehrt, jeder Spielzug wird kommentiert. Dass wir alle nach höflicher Anfrage fotografieren, stört niemanden. Soviel ist ja auch nicht los. Obwohl, gerade war der französische Botschafter in Salt, erzählt der Verwandte. Die Ausländer sind aktiv, Japan hat die Restaurierung des Hammam bezahlt, die niederländische Botschaft hat das kleine, aber feine archäologische Museum von Salt in einer restaurierten Villa unterstützt. Man ahnt beim Besuch des Museums, das moderner eingerichtet ist als das von Amman, wie man einst in Salt gewohnt haben muss.

Das prächtigste Haus am Platz ist das Haus von Abu Jaber, einem bedeutenden Händler von Pottasche für die Seifenherstellung. Es beherbergt das Historische Museum der Stadt, das demnächst eröffnet werden soll. Das Haus selbst ist ein Schatz, der Direktor hat uns einen Blick hinter die Kulissen werfen lassen. Erbaut wurde das Haus Ende des 19. Jahrhunderts, die Fresken und der Marmor stammten aus Italien, die bunten Glasfenster aus Belgien. Das alleine deutet an, welchen rang dieses Haus einmal in der Stadt gehabt hat.

Ein besuch in Salt lohnt allemal, gerade weil die Stadt noch kein Touristenziel ist, sondern unverfälschten Alltag mit dem Charme des Orients bietet.

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