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Die Menschen im südtirolischen Luttach trauern um sechs tote Feriengäste. Sie wurden von einem betrunkenen Autofahrer erfasst und starben.

© Lino Mirgeler/dpa

Sechs Tote bei Unfall in Südtirol: Betrunkenem Autofahrer drohen bis zu 18 Jahre Haft

Ein Betrunkener rast mit seinem Auto in Luttach im Ahrntal in eine deutsche Touristengruppe. Sechs Menschen sterben noch an der Unfallstelle.

Sie hatten ihr Hotel fast erreicht. 17 Menschen einer deutschen Reisegruppe waren gerade erst aus einem Bus ausgestiegen und überquerten die Straße zu ihrer Unterkunft in Luttach im Ahrntal, als ein einheimischer Mann gegen 1 Uhr morgens mit seinem Auto in sie hineinraste. Er war stark alkoholisiert.

Es handelt sich um einen der schwersten Alkohol- und Raser-Unfälle in Italien seit Jahren. Sechs der Opfer verstarben laut Behördenangaben noch an der Unfallstelle. Elf weitere Menschen wurden verletzt, drei von ihnen schwer. Die Verletzten wurden auf die Krankenhäuser Südtirols verteilt, eine junge Frau per Hubschrauber in die Notfallklinik im österreichischen Innsbruck geflogen. Bei zwei der Verletzten handelt es sich offenbar um italienische Staatsangehörige.

„Das neue Jahr beginnt mit dieser schrecklichen Tragödie, das lässt uns hier alle fassungslos sein“, erklärte der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher am Sonntag. Ein Polizeisprecher betonte, dass der Unfallverursacher mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein muss. Sein hochmotorisierter Sportwagen sei stark beschädigt worden, Trümmerteile in weitem Umkreis verstreut gewesen.

Frontal und mit voller Wucht erfasst

Das Auto des Unfallverursachers hat die jungen Touristen frontal und mit voller Wucht erfasst. „Es war wie auf einem Schlachtfeld“, erklärte der Chef der freiwilligen Feuerwehr Luttach. Beim bisher nicht vorbestraften Fahrer wurde ein Blutalkoholpegel von 1,97 Promille festgestellt – fast das Vierfache der erlaubten 0,5 Promille. Nach dem Bluttest wurde er umgehend festgenommen und in eine psychiatrische Klinik gebracht. Nachdem ihn die Polizei über die schreckliche Bilanz des von ihm verursachten Unfalls unterrichtet hatte, habe er erklärt, er wolle sich das Leben nehmen, berichteten italienische Medien.

Die Ersten, die zur Unfallstelle eilten, um Hilfe zu leisten, waren Angestellte des Hotels, in dem die Gruppe wohnte. Sie sprachen gegenüber der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ von „grausamen Szenen“. Die privaten Helfer hatten umgehend die Rettungskräfte alarmiert, die nach wenigen Minuten bereits vor Ort waren.

Laut Behördenangaben waren insgesamt rund 160 Helfer im Einsatz, neben der freiwilligen Feuerwehr aus Luttach unter anderem Kräfte der Berufsfeuerwehr Bozen, der Bergrettung Ahrntal, des Roten Kreuzes und acht Notärzte. Angesichts der hohen Zahl der Verletzten wurde ein Feldlazarett eingerichtet; Notfallseelsorger kümmerten sich um Opfer und Zeugen. Auch der Bürgermeister von Luttach, Helmut Klammer, machte sich ein Bild der Lage.

Nicht alle der Opfer hätten Ausweispapiere bei sich getragen, was die Identifizierung der Toten erschwert habe, hieß es. Laut Behörden handelte es sich um eine Gruppe von Studenten, die in den Skigebieten im Ahrntal und im Pustertal ihren Wintersport-Urlaub verbringen wollten. Das Alter der sechs Todesopfer liege zwischen 20 und 21 Jahren. Die meisten Todesopfer stammen nach derzeitigen Erkenntnissen aus Nordrhein- Westfalen. Die Stunden vor dem tödlichen Drama hatte die Gruppe in einer Disco verbracht und sich nachher von einem Shuttle-Bus auf den Parkplatz gegenüber ihres Hotel fahren lassen.

28-Jährigem droht langjährige Gefängnisstrafe

Der Unfall ereignete sich im Ortsteil Oberluttach, etwa einen Kilometer außerhalb des Hauptortes Luttach. Der schnurgerade Abschnitt der Hauptstraße ist als Raser- Strecke bekannt: „Wir haben schon mehrfach verlangt, dass eine Radarfalle installiert wird: Die Autofahrer geben beim Ortsausgang von Luttach sofort Gas und rasen hier trotz einer offiziellen Höchstgeschwindigkeit von 50 nicht selten mit 100 Kilometern pro Stunde oder mehr vor unserem Hotel durch“, erklärte eine Angestellte gegenüber dem „Corriere della Sera“. Und sie sei bei weitem nicht die Einzige, die sich in den letzten Jahren über mangelnde Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Straßenabschnitt beschwert habe.

Dem 28-jährigen Unfallverursacher droht nun eine langjährige Gefängnisstrafe wegen „omicidio stradale“, was sich am besten mit „Straßenmord“ übersetzen lässt. Der Straftatbestand ist in Italien im Jahr 2016 im Rahmen einer drastischen Verschärfung der Strafen für Verkehrsdelikte eingeführt worden. Wer mit überhöhter Geschwindigkeit und einem Alkoholpegel von mehr als 0,8 Promille einen tödlichen Unfall verursacht, kann in Italien mit diesem Gesetz mit bis zu 18 Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Verschärfung war von der italienischen Vereinigung der Angehörigen von Straßenverkehrsopfern mit einer Unterschriftensammlung angeregt worden, die auch vom Verband der Straßenpolizisten unterstützt wurde.

Vor der Gesetzesänderung konnten die Verursacher tödlicher Unfälle – wie in den meisten anderen europäischen Ländern – wegen des fehlenden Tötungsvorsatzes nur wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden. In der Regel kamen sie mit relativ kurzen Freiheitsstrafen oder Bewährungsstrafen davon. Dieses Missverhältnis zwischen dem verursachten Leid und der milden Bestrafung wollten die Initiatoren nicht länger hinnehmen.

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