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Dr. Magnus Heier

© Stefan Braun

Im weißen Kittel: Kalte Füße, warmes Hirn

Selten war es so kalt wie in der letzten Woche. Der Körper verhält sich in dieser Lage klug.

Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Die „kalten Füße der Frauen“ sind das Klischee schlechthin! Und wahr. Wenn es draußen kalt wird, leiden viele unter kalten Fingern und Zehen. Kleine Blutgefäße ziehen sich zusammen, die Extremitäten kühlen aus. Unangenehm, aber sinnvoll. Denn in der freien Natur – ohne Handschuhe und Thermosocken – geht bei Kälte bedrohlich viel Wärme über ungeschützte Hände und Füße verloren.

Der Körper schützt sich, drosselt die Durchblutung und damit den Wärmeverlust (Noch perfekter stakst ein Storch durch kaltes Wasser: Sein Blut wird über Wärmetauscher nach unten immer kälter, beim Zurückfließen wieder wärmer). Auch der menschliche Körper spart aktiv Energie. Herz und Hirn müssen vor Kälte geschützt werden, Finger und Zehen sind zweitrangig. Wenn Hände und Füße kalt sind, friert meist der ganze Körper.

Kalte Finger und Zehen sind ein aktiver Anpassungsprozess. Ein evolutionärer Vorteil. Aber warum sind Frauenfüße oft noch kälter als die der Männer? Weil Männer im Durchschnitt relativ mehr Muskeln haben (Frauen haben relativ mehr Fett). Muskelgewebe ist aber sehr stoffwechselaktiv – nicht nur bei aktiver Arbeit, sondern auch im Leerlauf. Muskeln produzieren Abwärme: Der muskulöse Körper verbraucht mehr Energie, aber er heizt eben auch mehr. In Ruhe, nicht nur beim Zittern!

Was tun gegen die Kälte? Nicht rauchen! Denn Nikotin macht die kleinen Blutgefäße noch enger. Was das Kältegefühl vertreibt: Alkohol! Der macht die Blutgefäße weit, Finger und Zehen werden wärmer. Hinzu kommt ein psychologischer Effekt: Kälte macht einsam. Menschen in kalten Räumen fühlen sich isoliert. Umgekehrt fühlen sie sich in Gruppen geborgener, die Temperatur wird zuverlässig überschätzt. Insofern ist der weihnachtliche Glühwein mit Freunden auch neurologisch eine gute Idee.

Alle bisher erschienenen Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Kolumnenseite des Tagesspiegel.

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