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Humanitäre Katastrophe nach Dammbruch in Ukraine: Moskau und Kiew beschießen Helfer

Ukraine

Die Folgen der Zerstörung des Kachowka-Dammes im Süden der Ukraine werden immer dramatischer. Die seit Tagen aus dem Stausee ausströmenden Wassermassen haben Landminenfelder aufgewühlt, die die Kriegsparteien in dem seit 15 Monaten anhaltenden russischen Angriffskrieg an den Ufern des Dnipro und im Hinterland angelegt hatten. 600 Quadratkilometer, so viel wie etwa zwei Drittel der Fläche Berlins, sind bisher überflutet.

Die Evakuierung der Zivilbevölkerung wird nach Angaben beider Seiten durch aufflammende Kämpfe behindert. „Die Russen beschießen Cherson. Sie zielen auf die Uferbereiche und das Zentrum der Stadt“, schrieb der ukrainische Gebietschef der Region, Alexander Prokudin im Online-Dienst „Telegram“. Der russische Statthalter des besetzten Teils der Region, Wladimir Saldo, erklärte, die Ukraine habe eine Evakuierungsstelle angegriffen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte am Donnerstag die Region Cherson. Dabei sei die Hilfe für die Zivilbevölkerung und „die militärische Lage in der Katastrophenzone“ erörtert worden, schrieb er auf „Telegram“. Zuvor hatte er UN Rotes Kreuz für Passivität nach der Katastrophe scharf kritisiert. Die Zerstörung des Damms könne den Vormarsch der Ukraine zur Befreiung ihres Territoriums nicht stoppen, versicherte Selenskyj.

Russland ruft Internationalen Strafgerichtshof an

Russlands Präsident Wladimir Putin beschuldigte die ukrainische Führung, sie habe die Katastrophe verursacht. Auf Antrag Moskaus befasst sich der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag seit Donnerstag mit der Beschädigung des Kachowka-Staudamms. Die Ukraine habe „nicht nur massive Artillerieangriffe auf den Staudamm (...) ausgeführt, sondern auch den Wasserstand des Kachowka-Beckens absichtlich auf ein kritisches Niveau gebracht“, erklärte der russische Botschafter in den Niederlanden, Alexander Schulgin, nach Angaben des IStGH. Die Ukraine weist alle Anschuldigungen entschieden zurück. Ihr Vertreter in Den Haag sprach von „Propaganda und Lügen“.

US-Medien berichteten unter Bezugnahme auf ungenannte ukrainische Quellen, Kiew habe mit der „aktiven Phase“ der Gegenoffensive begonnen; dafür seien Sturmbrigaden an strategischen Positionen in der Nähe der Front zusammengezogen worden. Russische Militärblogger berichten über schwere Kämpfe in der Region Saporischschja. Ukrainische Truppen könnten versuchen, die Städte Melitopol und Wuhledar und so das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja zu befreien.

Dort reicht das Wasser des Stausees nach ukrainischen Angaben nicht mehr aus, um die Reaktoren mit frischem Kühlwasser zu versorgen. Der Wasserpegel sei „unter die kritische Marke von 12,70 Meter“ gefallen. Das beim Akw gespeicherte Wasser reiche nur, die Anlage „für einige Monate“ zu kühlen.


Seiten 11 und 23

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