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Die neuen Handelsbeziehungen mit Brasilien müssen ohne Abholzung funktionieren.

© Foto: Reuters/Paulo Whitaker

Brasilien nach dem Regierungswechsel: Welthandel oder Klimaschutz?

Die neue Regierung will Klimapolitik mit Wohlstand und sozialer Teilhabe verbinden. Das gehe nur, wenn sich die bestehenden Handelsbeziehungen ändern.

Unmittelbar nach seinem Wahlsieg stand Luis Inácio Lula da Silva wieder im Zentrum der Weltpolitik. Zahlreiche Staatsoberhäupter gratulierten ihm umgehend. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb: „Ich freue mich auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Brasilien – insbesondere in Fragen von Handel und Klimaschutz“.

Seit dem 1. Januar will die neue brasilianische Regierung ihrerseits Klimapolitik mit Wohlstand und sozialer Teilhabe verbinden. International ist Brasilien wieder umworben.

Doch damit Brasilien diese Ziele erreicht, müssen die Handelsbeziehungen zur EU und auch China überdacht werden. Keine triviale Aufgabe für die neue Regierung. Die Brasilien-EU-Partnerschaft sei von strategischer Bedeutung, sagte der ehemalige Außenminister Celso Amorim – ein enger Vertrauter Lulas – in einem Interview.

Wir wollen keine russische, chinesische oder amerikanische Hegemonie, wir wollen eine multipolare Welt.

Celso Amorim, ehemaliger Außenminister Brasiliens

Er fügte mahnend hinzu: „Wir wollen keine russische, chinesische oder amerikanische Hegemonie, wir wollen eine multipolare Welt“.

Multipolarität bedeutet wiederum Diversifizierung und davon ist Brasilien momentan weit entfernt, sowohl was seine Handelspartner als auch seine Produktion angeht. Etwa 27 Prozent der brasilianischen Exporte gingen im Jahr 2022 nach China. Ein erheblicher Teil davon bestand aus Produkten wie Sojabohnen, Eisenerz und Rohöl.

Durch diesen Umstand verharrt Brasilien in seiner Rolle als Exporteur von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Ganz anders ist die Situation in China, das zunächst Rohstoffe und andere wenig verarbeitete Güter nach Brasilien exportierte und sich schließlich auf das verarbeitende Gewerbe spezialisierte.

23
Prozent der brasilianischen Importe stammten 2022 aus China

Im Jahr 2022 stammten knapp 23 Prozent der brasilianischen Importe aus China.

Die Handelspalette zwischen Brasilien und der EU ist nicht viel ausgewogener und auch nicht viel klimafreundlicher. Bei den EU-Einfuhren aus Brasilien dominieren Primärerzeugnisse, wie etwa pflanzliche und mineralische Erzeugnisse, die mit einem enormen Druck auf zahlreiche Ökosysteme einhergehen.

Bestehende Handelsverhältnisse belasten globale Klimabilanz

Andererseits bestehen die Ausfuhren der EU nach Brasilien hauptsächlich aus Maschinen, chemischen Erzeugnissen sowie Fahrzeugen und Autoteilen. Brasilien war im Jahr 2021 der weltweit größte Exporteur von Agrarerzeugnissen in die EU, mit einem Anteil von 10 Prozent. 

10
Prozent der Agrarerzeugnisse in der EU stammen aus Brasilien

Diese Handelsverhältnisse gehen nicht nur mit einer starken Deindustrialisierung in Brasilien einher. Sie belasten auch die brasilianische und globale Klimabilanz zusätzlich.

Das Marktbündnis südamerikanischer Staaten Mercosur, wovon Brasilien ein zentraler Akteur ist, sei das Symbol für die wirtschaftliche Zukunft Europas, so der Europaabgeordneter Manfred Weber.

Deutsch-brasilianische Beziehungen für mehr Klimaschutz?

Doch damit Europa – und die Erde – überhaupt eine Überlebenschance bekommen, müssen die Handelsbeziehungen mit Brasilien von Entwaldung entkoppelt werden. Außerdem müssen das agrarindustrielle Anbaumodell dezidiert begrenzt und der ökologische Anbau ausgeweitet werden.

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Hierin sieht die einflussreiche  brasilianische Umweltschützerin und Politikerin Marina Silva ein nicht zu unterschätzendes Potenzial für die Einwohner des Amazonas und letztlich auch für den globalen Kampf gegen den Klimawandel.

Die Verbindung zwischen indigenem Wissen und Übergangstechnologien für eine Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß könne diesbezüglich sehr wirkmächtig sein, so Marina Silva. Mit Lula an der Macht will sie erreichen, dass das Thema Klima in die Mitte der politischen Agenda rückt. Dieses soll Aufgabe der ganzen Regierung und nicht nur ihres Ministeriums werden.

Ob dieser Plan tatsächlich umgesetzt wird, bleibt auch für die neue Regierung eine zentrale Herausforderung. Zu groß ist der Einfluss des traditionellen Agrarsektors.

Darüber hinaus bleibt die entscheidende Frage bestehen: Kann eine deutsch-brasilianische Allianz sowohl die EU als auch China an den Kooperationstisch für das Klima bringen?

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