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Der Kontakt zwischen China und Russland ist eng: hier die Präsidenten Xi (l.) und Putin.

© AFP/HANDOUT

Exklusiv

Deutsche Außenpolitiker warnen: „China darf bei Aufbau der Ukraine keine Rolle spielen“

Parteiübergreifend warnen Außenpolitik-Expertinnen und -Experten vor einer Beteiligung Chinas am Wiederaufbau der Ukraine. Doch Gregor Gysi (Linke) widerspricht, die Ukraine „werde nicht wählerisch sein“.

Stand:

Außenpolitiker von Union und FDP warnen vor einer Beteiligung Chinas am Wiederaufbau der Ukraine. „China darf beim Wiederaufbau der Ukraine definitiv keine Rolle spielen“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung im Europäischen Parlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), dem Tagesspiegel. „Im Gegenteil, es wird Zeit, dass der Ausverkauf europäischer Infrastruktur ein Ende hat.“ Deshalb sei eine größere Unabhängigkeit vom chinesischen Markt so wichtig. 

„Ohne Chinas Unterstützung hätte Putin nicht nur nicht gewagt, die Ukraine anzugreifen, er bekommt auch militärische Komponenten aus chinesischer Produktion geliefert“, sagte die FDP-Politikerin. China sei bei allen wirtschaftlichen Verbindungen mit Europa ein Systemrivale und beobachte genau, ob Europa nur die „Ode an die Freude“ singe oder militärisch dazu bereit sei und den politischen Willen besitze, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen. Europa müsse schnellstmöglich wettbewerbsfähiger und wirtschaftlich unabhängiger vom chinesischen Markt werden.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)

© dpa/Philipp von Ditfurth

„Europa sollte verhindern, dass China beim Wiederaufbau der Ukraine eine Rolle spielt, denn China würde Abhängigkeiten schaffen und konsequent Einflussnahme betreiben, wie es das in allen Staaten tut“, sagte Roderich Kiesewetter, CDU-Außenpolitiker, dem Tagesspiegel. China habe „ein sehr klares Interesse, in der Ukraine Einfluss zu erlangen, wegen der vorhandenen Ressourcen, aber auch der ukrainischen Fähigkeiten im Bereich von IT und moderner Kriegführung“.

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Roderich Kiesewetter (CDU) während einer Bundestags-Debatte

© dpa/Christoph Soeder

Kiesewetter verwies auf Chinas Mitgliedschaft in der Autokraten-Allianz CRINK mit Russland, Iran und Nordkorea. „Europa sollte verhindern, dass China als Teil der CRINK-Koalition beim Wiederaufbau der Ukraine eine Rolle spielt, denn China würde Abhängigkeiten schaffen und konsequent Einflussnahme betreiben, wie es das in allen Staaten tut“, sagte Kiesewetter. Da dürfe man sich „keine Illusionen machen“.

Chinas Ziel es, die europäische und transatlantische Sicherheitsarchitektur zu zerstören. Mit der CRINK-Allianz unterstützt China den Aggressionskrieg Russlands, also auch die Zerstörung, maßgeblich und macht ihn erst möglich

Roderich Kiesewetter, CDU-Außenpolitiker

Verhindern ließe sich ein Einfluss Chinas in der Ukraine am besten, sagte Kiesewetter, „indem der Ukraine eine klare Beitrittsperspektive für die EU gegeben wird und vor allem eine Einladung zeitnah und die Aufnahme in die NATO erfolgt, sobald die Sicherheitsbedingungen es zulassen“.

Ferner sollte die EU die Ukraine unterstützen, Reparationsansprüche gegenüber Russland gelten zu machen, sagte der CDU-Politiker: „Build back better muss gelten und die klare Aufnahme der Ukraine in die europäische und transatlantische Sicherheitsarchitektur.“ Das gehe nur ohne China, „dessen Ziel es ja gerade ist, diese zu zerstören und das mit CRINK den Aggressionskrieg Russlands, also auch die Zerstörung, maßgeblich unterstützt und mit möglich macht“.

„Chinas Unterstützung hat zur Zerstörung beigetragen“

Der frühere Staatsminister für Europa, Michael Roth (SPD)

© dpa/Jacob Schröter

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), zeigte sich hingegen offen für eine Beteiligung Chinas am Wiederaufbau der Ukraine. „Mit seiner Erfahrung im Infrastrukturausbau könnte China einen wichtigen Beitrag leisten – allerdings ohne die Ukraine in Schulden oder Abhängigkeiten zu drängen, wie es in der Vergangenheit in anderen Ländern häufig der Fall war“, sagte Roth dem Tagesspiegel. Letztlich solle die Ukraine selbst entscheiden, welche Rolle China beim Wiederaufbau spielen solle.

500
Milliarden Euro kostet der Wiederaufbau der Ukraine, schätzt Michael Roth (SPD)

Roth argumentierte mit der Verstrickung Chinas in den Krieg gegen die Ukraine. „Chinas Unterstützung für Russland hat zur Zerstörung in der Ukraine beigetragen, und deshalb trägt das Land auch eine Mitverantwortung“, sagte er. Der Wiederaufbau der Ukraine werde voraussichtlich bis zu 500 Milliarden Euro kosten. Dies sei „eine Summe, die Europa allein nicht tragen kann. In Europa sind derzeit etwa 240 Milliarden Euro an russischem Staatsvermögen eingefroren. Diese Mittel sollten als Reparationszahlungen an die Ukraine genutzt werden, um sowohl den Wiederaufbau als auch die Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeit zu finanzieren.“

Agnieszka Brugger, Grünen-Fraktionsvize, sagte, wenn die chinesische Führung ihre angeblichen Friedensbemühungen wirklich ernst meinte, „sollte sie ihren Einfluss auf Russland und Nordkorea nutzen, die brutale Gewalt endlich zu beenden“. Brugger sagte: „Die aktuellen Taten lassen gerade jenseits chinesischer Kritik an atomaren Drohgebärden durch Putin den Eindruck aufkommen, dass der russische Angriffskrieg und seine Eskalation eher auch im langfristigen geopolitischen Interesse Chinas liegt.“

Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Grüne), spricht im Deutschen Bundestag.

© picture alliance / Christophe Ga/Christophe Gateau

Keine „Verhinderung anderer Akteure“

AfD und Linke sprachen sich für eine Beteiligung Chinas am Wiederaufbau der Ukraine aus. „Wenn China einen guten Job macht, können sie natürlich von Wiederaufbau der Ukraine profitieren, so wie die US-Amerikaner es ebenfalls anstreben“, sagte AfD-Fraktionsvize Stefan Keuter dem Tagesspiegel.

Stefan Keuter (AfD) spricht im Bundestag. Keuter hat im Bundestag für einen Eklat gesorgt, indem er die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) indirekt mit Adolf Hitler verglichen hat.

© dpa/David Hutzler

Ihm gehe es „hier nicht um Verhinderung anderer Akteure“. Ihm sei wichtig, „dass Deutschland hier nicht nur eigene Steuermittel versenkt, von denen dann andere profitieren. Deutschland hat sicher die Chance, ebenfalls von neuen Absatz- und Investitionsmärkten im Westen der heutigen Ukraine zu profitieren, wenn wir hier die passenden Angebote machen.“ 

Gregor Gysi, außenpolitischer Sprecher der Linken-Gruppe im Bundestag, sagte auf die Frage, ob er eine maßgebliche Rolle Chinas beim Wiederaufbau der Ukraine fürchte: „Ich verstehe nicht, warum ich mich vor einem Wiederaufbau fürchten sollte, aber darum geht es auch gar nicht.“

Selbstverständlich entschieden die Ukrainerinnen und die Ukrainer, wer ihnen in welchem Maße beim Wiederaufbau helfen dürfe. „Sie werden nicht wählerisch sein“, sagte Gysi: „Die anderen Länder entscheiden, ob und in welchem Umfang sie der Bitte um Hilfe entsprechen.“

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