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Eine zerstörtes Haus in der sudanesischen Hauptstadt Khartum

© Reuters/Stringer

Update

Kämpfe gehen ohne Unterbrechung weiter: 24-stündige Feuerpause im Sudan gescheitert

Ab Dienstagabend sollten die Waffen im Sudan für einen Tag niedergelegt werden - zu einer Feuerpause kam es jedoch nicht. Die Bundeswehr trifft bereits Vorbereitungen für eine Evakuierung.

| Update:

Im Sudan ist ein Ende der Gewalt nach wie vor nicht in Sicht. Am Dienstagabend zerschlugen sich vorerst Hoffnungen auf eine mögliche Waffenruhe, die zuvor laut Vertretern beider Seiten für den Abend (18.00 Uhr MESZ) angesetzt worden war. Die Kämpfe in Khartum seien ohne Unterbrechung weitergegangen, berichtete eine dpa-Reporterin vor Ort.

Auch Medienberichten und Augenzeugen auf Twitter zufolge waren Explosionen und Schüsse zu hören. Es war die dritte gescheiterte Feuerpause seit Beginn der Gefechte am Samstag. Die paramilitärische Gruppe RSF warf der sudanesischen Armee am Dienstag bereits um 18.14 Uhr in einer Mitteilung auf Twitter den „Verstoß gegen die unter internationaler Vermittlung vereinbarte Waffenruhe“ vor.

„In den ersten Stunden der erklärten Waffenruhe“ sei es zu Angriffen auf RSF-Kräfte gekommen, hieß es. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Bereits am Sonntag und Montag waren vereinbarte dreistündige Waffenruhen gescheitert.

Der Anführer der mit der Armee rivalisierenden Paramilitärs (RSF), General Mohamed Hamdan Daglo, hatte zuvor erklärt, seine Einheiten befürworteten die Feuerpause. „Die RSF stimmen einem Waffenstillstand zu, damit Zivilisten und Verwundete evakuiert werden können“, teilte Daglo am Montagmorgen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken sowohl mit Daglo als auch mit De-facto-Präsident Abdel Fattah Al-Burhan telefoniert und die rivalisierenden Parteien zu einem Waffenstillstand gedrängt. „Es sind bereits zu viele Zivilisten ums Leben gekommen. Ich betonte, wie wichtig es ist, die Sicherheit des diplomatischen Personals und der Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu gewährleisten“, teilte Blinken am Montagmorgen ebenfalls auf Twitter mit.

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Al-Burhan äußerte sich zu einem temporären Waffenstillstand zunächst nicht. Mehrere Versuche einer Waffenruhe waren am Sonntag und Montag laut dem UN-Sonderbeauftragten im Sudan, Volker Perthes, zunächst gescheitert.

Seit Ausbruch der Unruhen sind bereits 270 Menschen ums Leben gekommen und 2600 verletzt worden. Das berichtete der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, am Dienstag. Die Hilfsmittel, die die WHO vor dem Ausbruch der Kämpfe an Gesundheitseinrichtungen verteilt habe, seien nun aufgebraucht.

Weil immer noch gekämpft werde, sei es nicht möglich, weitere Lieferungen zu organisieren. Die Krankenhäuser in der Hauptstadt Khartum hätten nicht genügend Material zur Versorgung von Verletzten. „Es gibt verstörende Berichte über die Plünderung einiger Gesundheitseinrichtungen und die Nutzung anderer für militärische Zwecke“, sagte Tedros.

US-Außenminister berichtet von Angriff auf Konvoi

Ausgelöst wurde der Konflikt laut Beobachtern durch einen Streit über die Integration der Rapid Support Forces (RSF) in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung.

US-Außenminister Blinken bestätigte, dass am Montag im Sudan auf einen Konvoi von US-Diplomaten geschossen wurde. Die Insassen seien bei dem Angriff unverletzt geblieben, sagte er. Ebenfalls am Montag kam es dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zufolge zu einem Angriff auf die Residenz des EU-Botschafters in Khartum. Botschafter Aidan O’Hara blieb den Angaben zufolge unverletzt.

Vergangene Woche war im Sudan eine Frist zu Vorstellung eines Plans zur Rückkehr zur Demokratie verstrichen. Einer der Streitpunkte war laut Medienberichten die Integration der Rapid Support Forces in die reguläre Armee. Dabei stehen sich der Armee-General Abdul Fattah Al-Burhan und der RSF-Befehlshaber Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hemeti“, gegenüber.

Tausende Zivilisten in Wohnungen und Häusern gefangen

Im Jahr 2019 hatte eine von der Zivilgesellschaft getragene Bewegung den autoritären Langzeitherrscher Omar Al-Baschir gestürzt. Das Militär weigerte sich jedoch, seine Macht an eine zivile Regierung abzugeben. Die Armee hatte im Oktober 2021 geputscht und regiert seitdem das Land. Proteste für eine Demokratisierung des Landes wurden teils blutig niedergeschlagen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, teilte mit, dass wegen des anhaltenden Beschusses Tausende Zivilisten in ihren Wohnungen und Häusern gefangen seien, oft ohne Strom und ohne Möglichkeit, Essen, Wasser oder Medikamente zu besorgen. Neun Krankenhäuser in der Hauptstadt Khartum fehle es an allem, es seien nicht genügend Blutkonserven, Medikamente und Verbandsmaterial vorhanden.

Wegen anhaltender Kämpfe sei es nicht möglich, die Krankenhäuser zu versorgen. Der Strom falle ständig aus, und es gebe nicht genügend Essen für Patientinnen und Patienten. Mancherorts hätten militärische Kräfte Gesundheitseinrichtungen besetzt.

Die Rotkreuz-Gesellschaften des Sudan und vieler anderer Länder stünden mit Tausenden Helfern vor Ort bereit, um zu helfen, sagte der Sudan-Chef der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC), Farid Abdulkadir. Es gebe Wasser und Nahrungsmittel für eine Verteilung, aber die Sicherheitslage lasse den Einsatz der Freiwilligen nicht zu, sagte er. Nur rund 240 Rotkreuzhelfer unterstützten das Personal in Krankenhäusern.

Die Vereinten Nationen (UN) haben insgesamt 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sudan, darunter 800 Ausländer. Eine UN-Sprecherin in Genf wollte nicht kommentieren, ob es Pläne für Evakuierungen gibt. Die Absicht sei auf jeden Fall, vor Ort zu bleiben, und das humanitäre Mandat der UN zu verfüllen. UN-Generalsekretär António Guterres habe mit beiden Generälen gesprochen und versuche, einen Waffenstillstand zu erreichen, sagte die Sprecherin.

Bundeswehr bereitet Evakuierung vor

Die Bundeswehr bereitet eine Unterstützung des Auswärtigen Amtes im Falle einer militärisch abgesicherten Evakuierung deutscher Staatsbürger vor. „Die Bundeswehr verfügt über spezialisierte Kräfte, die sich fortlaufend auf das Szenario einer Evakuierungsoperation vorbereiten und dafür permanent abrufbereit gehalten werden“, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Als Teil der Nationalen Krisenvorsorge hält die Bundeswehr Fähigkeiten zur Evakuierung von Staatsbürgern bereit und stellt auch Soldaten für Krisenunterstützungsteams (KUT), die Botschaften in Krisenlagen beraten. In der sogenannten Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes hat sich nach Angaben einer Sprecherin vom Montag eine „niedrige dreistellige Zahl“ deutscher Staatsangehöriger im Sudan registriert. (dpa, epd, Reuters)

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