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Nach dem neuen Renaturierungsgesetz soll europäischen Flüssen künftig mehr Raum gegeben werden.

© imago/Jochen Tack

Breite Flüsse, grüne Städte: EU will mit neuem Naturschutzgesetz die Klimakrise bekämpfen

Gegen den harten Widerstand konservativer Abgeordneter stimmen die Abgeordneten für die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme. Die Entscheidung in Straßburg war denkbar knapp.

Der Jubel bei den Siegern war groß: Das Europaparlament hat am Mittwoch knapp für das stark umstrittene Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gestimmt. „Das ist ein toller Erfolg für das Klima und die Natur“, sagte Michael Bloss, der klimapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. „Eine große Erleichterung für alle, die noch für den Green Deal kämpfen.“ Bis zuletzt hatten sich Kritiker und Befürworter zum Teil heftig bekämpft und sogar von Fakenews-Kampagnen der Gegenseite gesprochen. Am Ende stimmten 324 Abgeordnete für das Regelwerk, 312 dagegen.

Die EU-Kommission hatte das Gesetz im Juni 2022 vorgeschlagen. Es soll verbindliche Ziele für die EU-Mitgliedsstaaten zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme festlegen. So sollen zum Beispiel Flüssen mehr Raum gegeben, Moore vernässt und alte Wälder erhalten werden. Geplant ist auch die verstärkte Begrünung von Städten. Ziel ist dabei, mehr Kohlenstoff in der Natur zu speichern, um Hitzewellen, Dürren, Starkregenereignisse und Überschwemmungen abzumildern.

Die Christdemokraten, vor allem aus Deutschland, vertraten bei der Diskussion um das Gesetz vor allem die Sorgen der großen Bauernverbände, dass Landwirte durch die zahlreichen Vorgaben zu sehr eingeschränkt werden könnten. So kritisierte der CDU-Abgeordnete Daniel Caspary: „Einseitig unsere Landwirte für den Artenschwund verantwortlich zu machen, geht voll am Problem vorbei.“ Der Schutz der Biodiversität sei nur gemeinsam mit den Landwirten zu erreichen.

Kampagne gegen das Gesetz aus dem konservativen Lager

Kurz vor der Abstimmung über das Gesetz gab es aus den Reihen der Konservativen eine Kampagne in den sozialen Medien, zum Teil mit überspitzten Aussagen. So wurde etwa vor Lebensmittelengpässen gewarnt. Grundlage für solche Behauptungen waren eher unkonkret formulierte Passagen in dem Gesetzestext, etwa dass zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche „mit Landschaftselementen mit großer biologischer Vielfalt“ gestaltet werden sollen.

Konkret ist zwar vorgesehen, dass diese Landschaftselemente nicht produktiv landwirtschaftlich genutzt werden dürfen, aber es gibt Ausnahmen. So können „produktive Bäume“ wie etwa Obstbäume laut Gesetzentwurf als solche Landschaftselemente mit großer biologischer Vielfalt angesehen werden – das gilt etwa für Streuobstwiesen. Auch der Anbau etwa von Brombeeren wäre als Element einer Hecke auf diesen Flächen gestattet. Es geht also nicht darum, diese Flächen komplett aufzugeben. Auch dürfte in vernässten Mooren weiter Landwirtschaft betrieben werden – oder Windkraftanlagen gebaut werden.

Die heutige Abstimmung ist ein wichtiger Sieg für den Natur- und Klimaschutz.

Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH)

Mehrere Umweltverbände feierten die Zustimmung des EU-Parlaments zu dem umstrittenen Renaturierungsgesetz am Mittwoch als Erfolg. „Die heutige Abstimmung ist ein wichtiger Sieg für den Natur- und Klimaschutz und den demokratischen Gesetzgebungsprozess“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner.

Das neue Gesetz sei eine wichtige Grundlage zur Bekämpfung des Artensterbens und der Klimakrise. Er kritisierte aber auch, dass der Gesetzgebungsprozess von einer „beispiellosen Desinformationskampagne konservativer und rechter Kräfte“ begleitet worden sei. Das Gesetz bleibe trotz des Erfolgs weit entfernt von dem, was aus wissenschaftlicher Sicht für den Naturschutz nötig wäre. 

Mit der Zustimmung des Europaparlaments können nun die Verhandlungen mit den ebenfalls beteiligten EU-Staaten beginnen. Diese hatten sich vor gut drei Wochen auf eine Position zu dem Vorhaben verständigt. Nun muss noch ein endgültiger Kompromiss gefunden werden, damit die neuen Vorgaben in Kraft treten können.

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