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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier legt am Denkmal der Helden des Maji-Maji-Krieges im Memorial Park von Songea einen Kranz nieder.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

„Mit grausamer Härte regiert“: Steinmeier bittet in Tansania um Verzeihung für Kolonialverbrechen

Rund 300.000 Menschen töteten deutsche Kolonialherren Anfang des 20. Jahrhunderts im heutigen Tansania. Bei seinem Besuch zeigt sich der Bundespräsident „beschämt“ von den Gräueltaten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem Besuch in Tansania um Vergebung für die Gewalttaten der deutschen Kolonialherren gebeten. „Ich verneige mich vor den Opfern der deutschen Kolonialherrschaft“, sagte Steinmeier am Mittwoch in der Stadt Songea im Süden der früheren Kolonie. „Als deutscher Bundespräsident möchte ich um Verzeihung bitten für das, was Deutsche hier Ihren Vorfahren angetan haben.“ Hinterbliebene der Opfer dankten Steinmeier für den Besuch.

Er sei „beschämt“ über die Taten der Kolonialherren in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika, sagte der Bundespräsident. Die Deutschen hätten dort „mit grausamer Härte regiert“. An die Hinterbliebenen der Opfer gerichtet sagte er: „Ich möchte Ihnen versichern, dass wir Deutsche mit Ihnen nach Antworten suchen werden auf die offenen Fragen, die Ihnen keine Ruhe lassen.“

Das heutige Tansania zählte von 1885 bis zum Ersten Weltkrieg zur Kolonie Deutsch-Ostafrika. Zwischen 1905 und 1907 schlugen die deutschen Kolonialtruppen einen Aufstand gegen die Fremdherrschaft mit großer Härte nieder. Historiker schätzen, dass im Verlauf des so genannten Maji-Maji-Aufstands bis zu 300.000 Menschen getötet wurden.

Steinmeier äußerte sich in Songea, das im Zentrum der damaligen Aufstandsregion liegt. Der Bundespräsident besuchte dort das Maji-Maji-Museum und sprach mit Hinterbliebenen. Das Museum wurde im Jahr 2010 an jener Stelle eröffnet, an der deutsche Kolonialtruppen im Februar 1906 insgesamt 67 Aufständische öffentlich hängten - unter ihnen der örtliche Häuptling Songea Mbano.

Niemand soll vergessen, was damals geschehen ist.

Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

Steinmeier würdigte Mbano als mutigen und tapferen Anführer. „Eher war er bereit zu sterben, als unter kolonialem Joch weiterzuleben“, sagte der Bundespräsident. An Mbanos Hinterbliebene gewandt sagte Steinmeier: „Es beschämt mich, was deutsche Kolonialtruppen Ihrem Ahnherrn und seinen Mitkämpfern angetan haben.“ Er habe „verstanden, dass diese grausame Tat mittlerweile viele Generationen geprägt hat“.

Der 36-jährige John Mbano, ein Nachfahre des Häuptlings, sprach nach der persönlichen Begegnung mit dem Bundespräsidenten von einem „guten Gespräch“. Steinmeier habe zugesichert, sich für die Suche nach den sterblichen Überresten von Songea Mbano einzusetzen, die in Deutschland vermutet werden. „Viele Jahre haben wir geweint, nun soll damit ein Ende sein“, sagte John Mbano der Nachrichtenagentur AFP. Er hoffe auf ein neues Kapitel in den Beziehungen von Tansania und Deutschland.

Steinmeier brachte nach eigenen Angaben eine „Botschaft“ nach Tansania mit. „Deutschland ist bereit zu einer gemeinsamen Aufarbeitung der Vergangenheit“, sagte er. „Niemand soll vergessen, was damals geschehen ist.“ Gerade in Deutschland seien die Verbrechen „viel zu wenig“ bekannt.

Hunderte, vielleicht tausende Schädel nach Deutschland gebracht

„Was wir wissen, ist, dass damals viele Gebeine aus Ostafrika nach Deutschland gebracht wurden und dort in Museen und anthropologischen Sammlungen lagen - hunderte, vielleicht tausende von Schädeln“, sagte Steinmeier. Die Identifizierung der menschlichen Überreste und ihre Zuordnung sei allerdings „sehr, sehr schwierig“, sage Steinmeier weiter. „Wir werden tun, was in unserer Macht steht.“

Hauptauslöser des Maji-Maji-Aufstands war die hohe Steuerlast. Diese zwang die einheimischen Bauern, in Plantagen zu arbeiten und die eigenen Felder zu vernachlässigen. Die deutschen Kolonialherren schlugen den Aufstand mit einer Strategie der verbrannten Erde nieder.

Strafexpeditionen zogen terrorisierend, brandschatzend und plündernd durch das Land. Der Hunger wurde als Waffe benutzt. Die meisten Opfer starben als Folge der systematischen Zerstörung von Feldern und Dörfern durch die deutschen Kolonialtruppen.

Steinmeier hatte seinen Tansania-Besuch am Dienstag mit politischen Gesprächen in der Metropole Daressalam begonnen, wo er von Präsidentin Samia Suluhu Hassan empfangen wurde. Am Mittwoch wollte er ins benachbarte Sambia weiterreisen - zum ersten Staatsbesuch eines Bundespräsidenten in dem Land. (AFP)

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