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Noch nie zählten die Autorinnen und Autoren der Studie mehr Protestevents: Im Bild protestieren buddhistische Mönche in Sri Lanka gegen einen neuen Verfassungszusatz.

© REUTERS / Dinuka Liyanawatte

Exklusiv

Welt erlebt „Welle der Unzufriedenheit“: Zahl der Proteste gegen Regierungen steigt

Politische Repräsentation, Bürgerrechte und wirtschaftliche Gerechtigkeit: Vor allem dafür gingen Menschen laut einer Studie in den vergangenen zwei Jahren auf die Straße.

Von Hans Monath

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Die Welt erlebt „eine einzigartige Welle der Unzufriedenheit“ – so lautet das Ergebnis der aktuellen globalen Proteststudie, welche das New Yorker Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Zusammenarbeit mit der „Initiative for Policy Dialogue and Global Social Justice Program“ der Columbia University New York in Auftrag gegeben hatte.

„Auf der ganzen Welt sind Menschen zunehmend wütend über das Versagen ihrer Regierungen vor der Aufgabe, sie vor Nöten zu beschützen“, heißt es in der Studie, die auf der Grundlage vorheriger Untersuchungen nun die Entwicklung in den Jahren 2021 und 2022 auswertete. Dies gelte sowohl für klassische und neue Demokratien als auch für eher autoritär regierte Länder. Die Studie liegt dem Tagesspiegel vor.

Demnach haben in diesen beiden Jahren die steigenden Lebenshaltungskosten „Menschen auf der ganzen Welt zum Protest auf die Straßen getrieben“. In 148 Ländern zählten die Autor:innen 12.500 Protestveranstaltungen gegen hohe Lebensführungskosten – mehr als je zuvor.

Die globale Krise in der Folge der Corona-Pandemie habe den globalen Süden am härtesten getroffen, aber auch im industrialisierten Norden die Armen und die Mittelschichten vor ernste Probleme gestellt. Die Protest-Experten warnen davor, dass im laufenden Jahr geplante Haushaltskürzungen in 143 Ländern die Lage noch verschärfen könnten.

Laut den Daten war auch 2021 und 2022 der häufigste Grund für Protest, wie seit rund 15 Jahren, mangelnde politische Repräsentation, gefolgt von der Forderung nach Bürgerrechten und wirtschaftlicher Gerechtigkeit, verbunden mit dem Protest gegen Austeritätspolitik. Vierthäufigster Grund war die Forderung nach globaler Gerechtigkeit.

„Diese Unzufriedenheit der Menschen geht dabei insbesondere von Angehörigen der Mittelschichten aus, die schlicht nicht mehr den Eindruck haben, dass auf staatliche Institutionen in Zeiten der Krise noch Verlass ist“, sagte der Leiter des FES-Büros New York, Michael Bröning, dieser Zeitung.

Die Menschen demonstrierten nicht gegen unausweichliche Schicksale, sondern gegen schlechte Politik und insbesondere gegen Regierungen, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. „Die Krise der politischen Repräsentation, die Politikwissenschaftler seit einigen Jahren in Deutschland diagnostizieren, ist tatsächlich längst global“, fügte der Stiftungsvertreter hinzu.

Vor dem Hintergrund der Klimakrise und den damit zusammenhängenden Protesten in Deutschland sei dabei auch auffällig, dass Klima- und Umweltfragen weltweit eine viel geringere Rolle spielten als in Deutschland. „Die Wahrnehmung einer globalen Umweltrevolte gegen die Folgen des Klimawandels erscheint angesichts dieser Daten vielerorts eher als Wunschdenken denn als Realität“, warnte Bröning.

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