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Thank God It’s International Friday 39: Bricht die MAGA-Bewegung auseinander?
Die Themen der Woche: Streit um den Fall Jeffrey Epstein | Trumps Ultimatum für Putin | Tops und Flops des Außenkanzlers Merz | Causa Brosius-Gersdorf | Buchtipps für den Sommer

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Herzlich willkommen zum letzten „International Friday“ vor der Sommerpause. Nachrichtenarm waren die vergangenen Wochen definitiv nicht. Umso mehr freue ich mich jetzt auf den Urlaub. Wohin es geht, verrate ich Ihnen am Ende der Ausgabe.
So viel vorweg: Nach Australien werde ich nicht reisen. Sollten Sie das vorhaben, lege ich Ihnen das Stück meines Kollegen Simon Frost ans Herz. Nach dem Krimi um die im Outback verschollene Carolina Wilga hat er mit dem Survival-Experten Joe Vogel darüber gesprochen, welche Fehler die deutsche Backpackerin gemacht hat. Beinahe hätten sie die 26-Jährige das Leben gekostet. 👇
Die Akte Epstein: MAGA gegen Trump
Im MAGA-Lager brodelt es. Denn Trump tut sich etwas schwer damit, Wort zu halten. Statt, wie im Wahlkampf angekündigt, die öffentlichen Ausgaben zu kürzen, gehen die USA mit seiner „big beautiful bill“ eine sagenhafte Neuverschuldung von 3,4 Billionen Dollar ein.
Und auch Trumps Versprechen, die Transparenz zu erhöhen und vertrauliche, eingestufte Dokumente zu veröffentlichen, holt ihn gerade ein. Genau das wollte er im Fall Jeffrey Epstein nämlich lieber nicht tun.
Zunächst – seine Basis tobte. Wenig überraschend. Die Verschwörungstheorien, die sich um den verurteilten Sexualstraftäter und seinen Selbstmord 2019 ranken, hat Trump selbst angeheizt. Um zu polarisieren und um die Demokraten zu diskreditieren.
Etliche prominente Republikaner wie der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson und die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene bestanden auf die Offenlegung der Akten. Die rechte Aktivistin Laura Loomer warnte am Mittwoch sogar, dass Trumps Umgang mit dem Epstein-Dossier „seine Präsidentschaft zu zerstören“ drohe.
Und Trump? Der rudert prompt zurück. Was ist ein populistischer Präsident schon ohne seine Basis? Am Donnerstagabend kündigte er an, dass Generalstaatsanwältin Pam Bondi die Veröffentlichung der Gerichtsprotokolle beantragen werde. Die sind allerdings nur ein Bruchteil des Materials, das im Rahmen der Ermittlungen gesammelt wurde. Ob sich das MAGA-Lager damit zufriedengeben wird?
Trumps Kurswechsel in der Ukraine-Politik
Eine Kehrtwende könnte Trump auch in seiner Haltung zum Krieg in der Ukraine vollzogen haben. Die Betonung liegt auf „könnte“. Denn dass man seine Aussagen besser nicht für bare Münze nimmt, hat der US-Präsident mit seinem Schlingerkurs der vergangenen Monate allzu deutlich gemacht.
Statt der bisherigen Kuschelrhetorik schlägt Trump gegenüber Putin nun härtere Töne an. Er will Russlands Handelspartner mit Strafzöllen in Höhe von 100 Prozent belegen, falls Putin nicht innerhalb von 50 Tagen einer Waffenruhe zustimmt. Den ganz großen Eindruck auf Putin scheint Trump mit seiner Sanktionsdrohung bislang nicht gemacht zu haben, schreibt meine Kollegin Hannah Wagner. Lesen Sie hier. 👇
70 Tage „Außenkanzler“ Merz
Ein Faktor, der Trumps Umdenken ermöglicht hat, war sicherlich, dass Bundeskanzler Friedrich Merz gegenüber dem US-Präsidenten nicht konfrontativ aufgetreten ist, sondern besänftigend und mit Bedacht. Im aktuellen Verhältnis mit Trump gibt es nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren.
Im Morning Briefing der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) habe ich am Donnerstag mit Patrick Keller, Paul Maurice und Tim Hofmann darüber diskutiert, wie sich der „Außenkanzler“ Friedrich Merz in den ersten 70 Tagen seiner Amtszeit geschlagen hat.
Wenn Sie wissen wollen, was meine sechs Tops und Flops der Merz‘schen Außenpolitik sind, schauen Sie rein. 👇
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Causa Brosius-Gersdorf: Die Amerikanisierung deutscher Politik
In der „Kaffeepause“ des American Council on Germany habe ich mit Steven Sokol am Montag darüber gesprochen, was das politische Berlin gerade bewegt. Ganz oben auf der Liste standen natürlich der Streit um Frauke Brosius-Gersdorf und die gescheiterte Nachbesetzung der drei offenen Stellen am Bundesverfassungsgericht.
Und welch passendes Thema für einen transatlantischen Austausch. Denn es zeigt, wie sich in der US-Politik übliche Muster auch in Deutschland eingeschlichen haben: die Politisierung der Richterwahl, die Aufwertung von Abtreibung zu einer alles überlagernden Frage und der Versuch rechtspopulistischer Portale, Entscheidungsträger gezielt zu diskreditieren. Hier können Sie sich das Gespräch anhören.
Natürlich kann man sich an den von Brosius-Gersdorf vertretenen Positionen stoßen. Ihre Haltung zu Abtreibung, Ehegattensplitting und AfD-Verbot ist aber keineswegs eine Randmeinung in Deutschland. Wie stabil eine Demokratie ist, bemisst sich auch daran, wie stark die Toleranz für Ansichten jenseits der eigenen ist. Die Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht sollten das demokratische Meinungsspektrum in Deutschland repräsentieren. Und dass Brosius-Gersdorf dazu zählt, steht außer Zweifel.
Ehud Olmert über Gaza
Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat mit seiner Meinung am vergangenen Wochenende eine Kontroverse angestoßen: Gegenüber der britischen Zeitung „The Guardian“ hat er den Vorschlag von Verteidigungsminister Israel Katz, in Gaza auf den Ruinen von Rafah eine „humanitäre Stadt“ für alle Palästinenser zu bauen, mit einem Konzentrationslager verglichen. Ich habe mit ihm darüber gesprochen, warum er diese Worte gewählt hat und welche Vision er für Gaza hat. Lesen Sie das Interview hier. 👇
Nie mehr ohne Buch
Nach den vergangenen Monaten, in denen eine Eilmeldung die nächste jagte, freue ich mich nun auf den Sommerurlaub. Kofferpacken ist für mich dabei immer eine Herausforderung. Denn seit knapp 30 Jahren verfolgt mich ein Erlebnis.
Juli 1997. Ich hatte gerade mein Abitur in der Tasche und durfte dank der Städtepartnerschaft zwischen Nürnberg und San Carlos den Sommer in Nicaragua verbringen. Es war sehr aufregend. Meistens jedenfalls. Zwischendurch hatte man sehr viel Zeit zum Lesen. Das hatten meine Mitreisenden und ich unterschätzt – und viel zu wenige Bücher eingepackt.
Diese Erfahrung hat bei mir tiefe Spuren hinterlassen. Seither ist meine Linie: lieber eine kleine Bibliothek durch die Welt tragen als jemals wieder ohne Buch zu stranden (und nein, Kindle-Lesen ist nicht so meins).
Und so befiel mich vor kurzem eine gewisse Beklemmung, als ich eine Mitteilung der Lehrerin meiner Tochter las. Jedes Kind dürfe auf die Klassenfahrt nur ein Buch mitnehmen. Das konnte ich als Mutter nicht verantworten. Wir haben noch ein zweites Buch eingepackt – gut versteckt.
Ich packe meinen Koffer …
Welche Bücher für den Sommerurlaub den Weg in meinen Koffer finden werden, wird erfahrungsgemäß fast bis zur letzten Sekunde offenbleiben. Ich verrate Ihnen aber ein paar Titel von meiner Shortlist.
Nicht ganz neu, aber immer noch relevant: Jochen Buchsteiners provokante Abhandlung zum Brexit – „Die Flucht der Briten aus der europäischen Utopie“. Das Familienepos „Bournville“ von Jonathan Coe. Und auch „Wuthering Heights“ von Emily Brontë will ich schon lange lesen. Ahnen Sie, wo mich meine Reise hinführt?
Eine Neuerscheinung, auf die ich mich sehr freue, ist „Dream Count“ von der nigerianischen Autorin Chimamanda Ngozi Adichie. Ihr Erstlingswerk „Americanah“ fand ich großartig. „Dream Count“ zählt auch zu den Sommerempfehlungen des Literaturkritikers Denis Scheck im Tagesspiegel. Hier lesen Sie, welche Bücher er Ihnen sonst noch ans Herz legt. 👇
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Mein Kollege Armin Lehmann sucht gerade für unseren nächsten Jahrgang Volontärinnen und Volontäre. Zur Ausschreibung geht es hier.
Das war’s von mir für heute. Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Sommer. Wir lesen uns in der letzten Augustwoche wieder. Dann melde ich mich aus den schönen Tiroler Alpen und berichte Ihnen vom European Forum Alpbach.
Herzlich
Ihre Anja Wehler-Schöck
P.S.: Vielen Dank an Johannes Altmeyer fürs Feedback und an Sabine Miethke für die Graphik!
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