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Die Journalistin Elena Milashina ist in Grosny brutal zusammengeschlagen worden. Im Krankenhaus wurden ihr die Haare geschoren, um die Kopfverletzungen zu untersuchen.

© Telegram/Team Leader Against Torture

Update

Vermummte schlagen Elena Milashina zusammen: Zustand von „Nowaja Gaseta“-Journalistin weiter besorgniserregend

Elena Milashina, Journalistin der oppositionellen Zeitung „Nowaja Gaseta“, wurde in Grosny zusammengeschlagen. Sie wollte über das Urteil in einem fragwürdigen Prozess berichten.

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Jelena Milaschina ist eine mutige Journalistin, seit vielen Jahren schon berichtet sie für die oppositionelle russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ über die Willkürherrschaft von Ramsan Kadyrow in der Kaukasusrepublik Tschetschenien. Nun wollte sie über einen umstrittenen Prozess in Grosny berichten.

Doch dazu kam es nicht: Am Dienstag wurden Milaschina und ihr Rechtsanwalt Alexander Nemow kurz nach ihrer Ankunft in der tschetschenischen Hauptstadt zusammengeschlagen und schwer verletzt. Vermummte brachen Milaschina mehrere Finger und lösten mit Schlägen auf ihren Kopf ein Hirntrauma aus, wie später in einem Krankenhaus festgestellt wurde. Ihr Anwalt trug Verletzungen an den Beinen davon.

Die russische Menschenrechtsbewegung Komitee gegen Folter veröffentlichte Fotos von Milaschina im Krankenhaus. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatten die Angreifer ihr die Haare abrasiert und sie mit grünem Färbemittel übergossen.

Drei schwarze Fahrzeuge hatten das Taxi, mit dem die Journalistin und der Anwalt vom Flughafen zu einem Gericht in Grosny fahren wollten, blockiert. Maskierte Männer schlugen auf die beiden ein, berichtete Nemow später Mitarbeitern der Organisation „Komitee gegen Folter“. Ihm sei eine Pistole an die Schläfe gehalten worden. Die Täter hätten sie angeschrien und sie aufgefordert, die Stadt zu verlassen und nicht von dort zu berichten.

Berichterstattung unerwünscht

Die Gewalttäter zerstörten die Technik der beiden und vernichteten alle mitgeführten Dokumente. „Es war ein klassischer Überfall, so wie früher“, postete Milaschina später auf ihrem Telegram-Kanal. Ihre Recherchen mit Tschetschenien begannen 2006 mit dem Mord an ihrer Kollegin Anna Politkowskaja.

Milaschina begann mit 19 Jahren für die oppositionelle „Nowaja Gaseta“ zu arbeiten, deren Gründer Dmitri Muratow 2021 den Friedensnobelpreis für seine Arbeit erhielt. Zahlreiche Journalisten der Zeitung wurden aufgrund kritischer Berichterstattung in der Vergangenheit Opfer von Angriffen und Mordanschlägen.

Die Journalistin Elena Milashina und ihr Anwalt Alexander Nemov wurden am Dienstag in Grosny angegriffen.

© Telegram/Team Leader Against Torture

Nach der Attacke am Dienstag wurde Milaschina in ein Krankenhaus nach Beslan im benachbarten Nordossetien gebracht – ein Ort, den sie gut kennt. Bereits 2004 hatte sie über die Geiselnahme in einer Schule von dort berichtet. Bei der Befreiung der Kinder durch russische Einsatzkräfte waren 331 Geiseln ums Leben gekommen.

Ihr Zustand ist „weiter besorgniserregend“

„Ihr Zustand ist, offen gesagt, schwierig“, sagte „Nowaja Gaseta“-Chefredakteur Dmitri Muratow am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Milaschina wurde mittlerweile in ein Moskauer Krankenhaus verlegt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Dienstag zunächst, Präsident Wladimir Putin sei über den Vorfall unterrichtet worden. Es handele sich um einen „sehr schwerwiegenden Angriff, der strenge Maßnahmen erfordert“.

Am Mittwoch teilte Peskow dann mit, die Untersuchung des Falls brauche Zeit, die Ermittler täten ihre Arbeit. „Lassen Sie uns abwarten“, sagte der Kreml-Sprecher. „Alle Reaktionen wurden verbreitet, und jetzt werden alle Maßnahmen ergriffen.“

Warum Milaschina nach Tschetschenien reiste

Der Prozess, über den Milaschina nun berichten wollte, wirft ein Schlaglicht auf das Regime Kadyrows. Vor Gericht steht Sarema Musajewa, die Ehefrau eines pensionierten Richters des Obersten Gerichtshofes von Tschetschenien. Die Söhne der beiden sind bekannte Menschenrechtsaktivisten, weshalb die Familie wohl in den Fokus von Kadyrows Schergen geriet.

Die Angeklagte und ihr Mann haben Tschetschenien schon lange verlassen und leben im fast 2000 Kilometer entfernten Nishni Nowgorod. Doch dort tauchten im Januar 2022 in ihrer Wohnung bewaffnete Zivilisten auf und nahmen Musajewa mit, angeblich für eine Zeugenbefragung. Seither saß sie in Grosny in Untersuchungshaft – wegen eines angeblichen „Angriffs auf einen Polizisten“. Am Dienstag wurde Musajewa zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft im Straflager verurteilt. (Mit AFP)

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