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Ukraine-Invasion Tag 947: Kiew sorgt sich um die Qualität seiner Rekruten
Ukraine beobachtet neue russische Bauarbeiten nahe Krim-Brücke. Baerbock warnt vor nachlassender Unterstützung für Kiew. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
In der ukrainischen Militärführung wächst nach der jüngsten Rekrutierungsoffensive die Sorge um die Qualität der neuen Soldaten. 30.000 Mann pro Monat hat Kiew seit Inkrafttreten des Mobilisierungsgesetzes im Mai aufgestellt. Doch jene, die zuletzt an die Front kamen, seien physisch und psychisch schlecht vorbereitet, es mangele ihnen an Motivation und die Verluste unter ihnen seien alarmierend hoch, sagten Kommandeure der „Financial Times“ (Quelle hier).
50 bis 70 Prozent der neuen Infanteristen seien schon wenige Tage nach ihrer Ankunft tot oder verwundet, erzählten Offiziere und Soldaten an der Front in Donetsk der Zeitung. Vielen fehlten grundlegende Kampffähigkeiten, unter Beschuss würden sie ihre Stellungen schnell aufgeben. „Wenn die Neuen zu ihrer Position kommen, rennen viele von ihnen weg, sobald die erste Granate explodiert“, klagt ein Kommandeur demnach.
Ein anderer wird drastischer: „Manche frieren regelrecht ein, weil sie Angst davor haben, auf den Feind zu schießen. Und dann sind sie es, die das Schlachtfeld in einem Leichensack verlassen.“ Die Überlebenden sind laut „Financial Times“ oft so ausgebrannt, dass sie psychiatrische Behandlung brauchen.
Hinzu kommt, dass viele neue Rekruten vergleichsweise alt sind. Von einer 30 Personen starken Einheit sei im Schnitt die Hälfte schon Mitte 40, nur fünf Personen jünger als 30 – und der Rest 50 Jahre oder älter, rechnet ein Kommandierender vor. „Als Infanterist musst du rennen, du musst stark sein und schwere Ausrüstung tragen“, sagt der Offizier. „Das ist hart, wenn du nicht mehr jung bist.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:
- Die Ukraine beobachtet neue russische Bauarbeiten nahe der Krim-Brücke. Die Brücke zwischen der Krim und Russland hat ihre militärische Bedeutung im Laufe des Ukrainekriegs verloren. Nun aber scheint sich dort wieder etwas zu tun. Mehr hier.
- Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei der UNO in New York die Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine verteidigt und vor nachlassender Unterstützung für das Land im Krieg gegen Russland gewarnt. „Die Vorstellung, dass es in der Ukraine keine Kämpfe und kein Sterben gäbe, wenn es keine Verteidigungswaffen gäbe, ist so einfach wie falsch“, sagte Baerbock in der UN-Generaldebatte. Mehr im Newsblog.
- Finnland hat die Errichtung eines Nato-Kommandostützpunktes im weniger als 200 Kilometer von der russischen Grenze entfernten Mikkeli angekündigt. Knapp anderthalb Jahre nach dem Nato-Beitritt des Landes sende Finnland damit die „Botschaft an Russland, dass wir ein vollständiges Mitglied der Nato sind und dass die Nato ebenfalls für die finnische Verteidigung sehr wichtig ist“, sagte Verteidigungsminister Antti Häkkänen am Freitag.
- Der russische Inlandsgeheimdienst FSB ermittelt wegen der Berichterstattung aus von der ukrainischen Armee besetzten Gebieten in der russischen Grenzregion Kursk gegen drei weitere ausländische Reporter. Im Fall von Kathryn Diss und Fletcher Yeung von dem australischen Fernsehsender ABC News sowie dem rumänischen Journalisten Mircea Barbu werde der Vorwurf des illegalen Übertritts der russischen Grenze untersucht, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Freitag.
- Weniger Ukrainerinnen und Ukrainer als bislang werden in Norwegen künftig automatisch Asyl erhalten. Wie die Regierung in Oslo mitteilte, werden sechs Gebiete im Westen der Ukraine von der norwegischen Ausländerbehörde UDI als sicher betrachtet. Asylsuchende aus diesen Gegenden werden nun also nach dem auch für andere Länder üblichen Regelwerk betrachtet.
- Das Treffen der Ukraine-Unterstützerstaaten während des Deutschlands-Besuchs von US-Präsident Joe Biden findet am 12. Oktober auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein statt. Dies teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin mit.
- Der Machthaber von Belarus, Alexander Lukaschenko, hat der Nato Angriffspläne auf sein Land unterstellt und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. „Ein Angriff auf Belarus bedeutet den Dritten Weltkrieg“, sagte der belarussische Staatschef der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge bei einem Auftritt vor Studenten in Minsk.
- Der ukrainische Finanzminister Serhij Martschenko hat im Parlament diskutierte Steuererhöhungen als „erzwungenen Schritt“ bezeichnet. Das von Russland angegriffene Land könne neue Ausgaben nicht mehr über die Ausgabe von Inlandsanleihen finanzieren, weil diese Einnahmen nur für die Bedienung alter Anleiheschulden reichten.
- In der russischen Hauptstadt Moskau steht Berichten zufolge seit Freitag ein US-Bürger wegen mutmaßlichen „Söldnertums“ in der Ukraine vor Gericht. Dem 72-Jährigen werde vorgeworfen, „als Söldner in dem bewaffneten Konflikt an der Seite der Ukraine“ gekämpft zu haben, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti.
- Eine russische Drohne ist in der Nacht zu Freitag womöglich kurzzeitig in den Luftraum des Nato-Mitglieds Rumänien eingedrungen. Das erklärt das Verteidigungsministerium in Bukarest. Es könne sein, dass die Drohne „für einen sehr kurzen Zeitraum von weniger als drei Minuten“ den rumänischen Luftraum im Grenzgebiet durchquert habe.
- Sloweniens Regierung warnt angesichts auch deutscher Skepsis beim Einsatz weitreichender westlicher Waffen auf russischem Gebiet vor voreiligen Festlegungen. „Vorab zu sagen, dass es einige Themen gibt, die vom Tisch sind, ist normalerweise nicht die beste Taktik“, sagte Ministerpräsident Robert Golob der Deutschen Presse-Agentur am Rande der UN-Generaldebatte in New York.
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