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Ukraine-Krisentreffen in Washington: Viel Aufwand für recht wenig
Nach seinem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Alaska hat US-Präsident Donald Trump europäische Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus empfangen. Das Ergebnis? Dürftig.

Stand:
Dieses Treffen war sicherlich ganz nach Donald Trumps Geschmack: Kurz nach seinem Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin in Alaska warfen die sieben mächtigsten Frauen und Männer Europas spontan ihre Termine für ein Briefing mit dem US-Präsidenten um.
Als Unterstützung für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj flogen sie nach Washington. Dessen letzter Auftritt im Oval Office Ende Februar war in einem historischen Desaster geendet.
Eine Wiederholung dieser öffentlichen Demütigung wollten Nato-Chef Mark Rutte, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Großbritanniens Premier Keir Starmer und der finnische Präsident Alexander Stubb unbedingt verhindern.
Ihr oberstes Ziel: den US-Präsidenten bei Laune zu halten. So reiste Selenskyj diesmal in einer Art Anzug an, nicht im Militär-Outfit. Als derselbe Journalist, der ihm im Februar wegen dieser Kleidung Respektlosigkeit vorgeworfen hatte, davon schwärmte, wie „fabelhaft“ er aussehe, hätte er irritiert sein können.
„Wissen Sie, ich habe mich umgezogen“, sagte Selenskyj stattdessen und nickte dem Reporter zu. „Sie nicht.“ Trump lachte, der Scherz war gelungen.
Gleich mehrfach bedankte sich der Ukrainer bei den USA. Keine Miene verzog er, als Trump behauptete, er würde nach sechs erfolgreich beigelegten Kriegen auch diesen beenden. Denn: „Die ganze Welt“ sei einfach „müde“ davon.
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Müde wirkte vor allem Selenskyj, gegen dessen Land Russland seit Februar 2022 vollumfänglich Krieg führt, Zivilisten angreift und tötet, Infrastruktur zerstört und ukrainische Kinder verschleppt, um sie in Russland zur Adoption anzubieten. Anmerken ließ er sich all das nicht.
Europa steht zusammen – reicht das?
Auch die anderen Gäste warfen sich ins Zeug: viel Dank, viel Lob, alles bestens. Das schien das Mantra der Europäer zu sein.
Immerhin: Merz brachte mit Nachdruck noch einmal die geforderte Waffenruhe als Voraussetzung für Verhandlungen mit dem Kreml zur Sprache. Trumps Absage kam sogleich: „Wenn wir das hinbekommen, gut. Wenn nicht, dann eben anders.“ Er würde den Krieg auch so beenden können, sagte Trump – und machte offenbar Druck auf Selenskyj. Dieser stimmte jedenfalls nach den Gesprächen im Weißen Haus einem Treffen mit Putin ohne Vorbedingungen zu.
Über Krieg und Frieden in der Ukraine verhandelt letztlich Trump mit Putin, Selenskyj darf dabei sein. Europa aber bleibt Zaungast.
Viktoria Bräuner
Nato-Chef Rutte lobte die Bereitschaft der USA, im Falle eines Abkommens der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben, um Russland abzuschrecken. Doch was das konkret heißt, blieb offen. In den kommenden zehn Tagen soll ein Konzept dafür ausgearbeitet werden. Am Montag schloss Trump nichts aus, sagte aber auch nichts zu.
Frankreichs Präsident Macron konstatierte, dass nach einem Gipfel von Trump, Putin und Selenskyj ein weiterer im größeren Rahmen stattfinden müsse, da es schließlich um Europas Sicherheit gehe. Das ließ der selbst ernannte Nobelpreisanwärter Trump unkommentiert. Die Friedensshow ist seine.
Größter Konfliktpunkt bei Gesprächen werden die russisch besetzten Gebiete sein, in denen noch etwa 3,5 Millionen Ukrainer leben. Moskau beansprucht neben der Krim Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja für sich, kontrolliert sie aber nicht vollständig. Kiew lehnt eine Aufgabe dieser Regionen ab, während Putin sie strikt einfordert. Wie die USA hier einen für die attackierte Ukraine akzeptablen Kompromiss finden möchten, ist unklar.
Das Ergebnis ist dürftig
Was also bleibt von diesem Montag in Washington? Tatsächlich scheint Bewegung in mögliche Verhandlungen gekommen zu sein, erstmals gibt es Hoffnung auf ein Ende des Krieges.
Den befürchteten Eklat gab es nicht. Das können sich auch die Europäer gut schreiben lassen. In Washington haben sie starken Zusammenhalt bewiesen: Die Statements der Staats- und Regierungschefs waren perfekt aufeinander abgestimmt; jeder in dem Krieg zentrale Aspekt wurde kurz und knapp vorgetragen. Ganz so, wie es Trump gefällt.
Der US-Präsident hörte tatsächlich zu, viel mehr aber auch nicht. So ist das Resultat dieser Reise der Mächtigsten trotz allem dürftig.
Denn einmal mehr wurde klar: Über Krieg und Frieden in der Ukraine verhandelt letztlich Trump mit Putin, Selenskyj darf dabei sein. Europa aber bleibt Zaungast – das kann es nicht zufriedenstellen.
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