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Regierungskritische Journalisten könnten in der Türkei jederzeit festgenommen werden.

© dpa/Sedat Suna

„Unkalkulierbares Risiko“: Verband rät Journalisten von Reisen in die Türkei ab

Wer sich als Medienschaffender kritisch über die Türkei geäußert habe, sei dort nicht sicher, warnt der DJV. Hintergrund ist die Festnahme einer Bundestagsabgeordneten vor zwei Wochen.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Medienschaffenden von beruflichen wie privaten Reisen in die Türkei abgeraten. Die vorübergehende Festnahme der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut bei ihrer Einreise in die Türkei Anfang August zeige „ein weiteres Mal, dass die Erdogan-Autokratie ihre Kritiker als militante Staatsfeinde betrachtet und verfolgt, wenn sie die Möglichkeit dazu hat“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall laut einer Mitteilung am Montag.

Wenn selbst die parlamentarische Immunität einer Abgeordneten nicht vor einer Festnahme schütze, sei die Gefahr für Journalistinnen und Journalisten umso größer.

Die Linke-Politikerin Akbulut war am 3. August in der Türkei kurzzeitig festgenommen worden. Ein von den türkischen Behörden wieder gelöschter Haftbefehl sei wegen „angeblicher Terrorpropaganda“ in vier Jahre alten Posts in sozialen Medien ausgestellt worden, sagte Akbulut dem „Mannheimer Morgen“. Sie verwies auf ihren kurdisch-alevitischen Hintergrund. Die deutsche Botschaft in Ankara und das Auswärtige Amt hätten sich eingeschaltet und damit ihre Freilassung bewirkt.

Akbulut sitzt seit 2017 im Bundestag. Sie ist in der Türkei geboren. Sie hat sich wiederholt kritisch über die türkische Regierung geäußert und setzt sich für eine Aufhebung des deutschen Betätigungsverbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK ein. Die PKK ist in der Türkei, aber auch in der EU als Terrororganisation eingestuft.

Überall sagte weiter: „Wer sich als Journalist schon einmal kritisch in den eigenen Beträgen und in den sozialen Netzwerken über die Türkei, ihren Präsidenten oder die Regierungspartei AKP geäußert hat, sollte sich von dem Land fernhalten.“ Alles andere sei ein unkalkulierbares Risiko.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte in der Regierungspressekonferenz am Montag, ob Medienschaffende in der Türkei einer stärkeren Gefährdung ausgesetzt seien, könne sie „an dieser Stelle nicht bewerten“. Sie verwies wie der DJV auf die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes.

Diese enthielten seit längerem Warnungen vor einer möglichen Festnahme oder Einreisesperren. Konkret heißt es in den Hinweisen des Auswärtigen Amtes: „Aufgrund des weit gefassten Terrorismusbegriffs in der Türkei, der aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte rechtsstaatswidrig ist, können zum Beispiel bloße Äußerungen, das Teilen, Kommentieren oder “Liken’ von Beiträgen in sozialen Medien (...) für eine Strafverfolgung ausreichen.“ (dpa, AFP)

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