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Bauern bei der Feldarbeit in Nsanje, Malawi.

© DPA

Wenn statt Regen der Zyklon wütet: Malawi wird vom Klimawandel besonders getroffen

Die neue Afrikastrategie des BMZ setzt auf die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft in Afrika. Dazu gehören auch Stromversorgung und Kühlketten.

Von Julian Hilgers

Im Ranking der weltweit vergessenen Krisen listete die Hilfsorganisation Care Malawi auf Platz zwei  - nach Angola. Durch den Klimawandel, anhaltende Dürren und schlechte Ernten leiden Millionen Menschen Hunger. Hier will nun Deutschland gezielt unterstützen.

Die neue Afrikastrategie des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die letzte Woche vorgestellt wurde, sieht in der Landwirtschaft einen wichtigen Wirtschaftszweig vieler afrikanischer Staaten, der Ernährung sichern und Arbeitsplätze schaffen kann.

Daher will Deutschland bei der Transformation einer nachhaltigen und ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft, die die Abhängigkeit von importierten Lebensmitteln verringert, unterstützen. Was Deutschland tun kann, zeigt das Beispiel des kleinen südostafrikanischen Landes Malawi, einem relativ stabilen Staat mit etwa 21 Millionen Einwohnern, einem Agrarland, in dem etwa 85 Prozent der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sind. Doch der Klimawandel trifft das Land hart.

Zyklon statt Regen

Die Regenperiode zwischen November und März bewässert zwar in der Regel die Felder in Malawi und sorgt für gute Ernten. Doch durch den Klimawandel kann die wichtigste Zeit des Jahres auch zur gefährlichsten werden.

Vor einem Jahr fegte der Zyklon Ana über Malawi und das südliche Afrika. „Er zerstörte fast die ganze Ernte, vor allem im Süden des Landes. Also mussten wir die Ernte der anderen Regionen nutzen, um die Menschen im Süden zu ernähren“, erklärt Malawis Landwirtschaftsminister Samuel Kawale im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Die Konsequenz: 5,4 der rund 21 Millionen Einwohner von Malawi haben nicht genug zu essen, 37 Prozent der Kinder in Malawi sind mangelernährt. Diese Zahlen nennt die Hilfsorganisation Care in ihrem Bericht über die vergessenen Krisen der Welt. „Ein Großteil der Bevölkerung ist von der Landwirtschaft abhängig. Lange Trockenperioden und Überflutungen stellen eine existenzielle Bedrohung dar“, schreibt Care in seinem Bericht.

Die Klimakrise verschärft damit die ohnehin schon angespannte Ernährungssituation in Malawi. Durch den Ukraine-Krieg schossen die Preise für Düngemittel in die Höhe. Viele Bauern in Malawi konnten sich das nicht mehr leisten, verzichteten auf Dünger und ernteten weniger.

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Landwirtschaftsminister Kawale hat das Problem erkannt: „Wir stellen 2,5 Millionen Landwirten subventionierte Düngemittel zur Verfügung, um die Nahrungsmittelproduktion zu steigern.“ Außerdem sollen die Landwirte weniger chemischen und mehr organischen Dünger nutzen, zum Beispiel aus Kompost. „Organischer Dünger ist umweltfreundlich, gibt dem Boden Nährstoffe zurück, steigert die Produktion und ist außerdem billiger“, erklärt Kawale.

Der Minister will die Landwirte zudem ermutigen, nicht nur für die Regenzeit anzubauen. Der Winter in Malawi von Juni bis September ist heiß und trocken. Da bisher nur wenige Landwirte künstlich bewässern, bleibt diese Periode landwirtschaftlich ungenutzt.

Der größte Teil der Produkte wird weggeworfen, weil wir keine Kühlmöglichkeiten haben.

Landwirtschaftsminister Samuel Kawale

Dabei besteht das Land mit dem Malawi See und zahlreichen Flüssen zu einem Drittel aus Wasser. Wenn mehr Landwirte dieses Wasser für eine zweite Anbauphase und Ernte nutzen würden, könnte das die Ernährungssituation in Malawi deutlich entspannen.

Doch das Ernährungssystem in Malawi hat ein weiteres Problem: Viele Ernteprodukte verderben, bevor sie überhaupt die Konsumenten erreichen. „Der größte Teil der Produkte wird weggeworfen, weil wir keine Kühlmöglichkeiten haben“, so Kawale. Die Regierung müsse deshalb in eine verlässliche und weitreichende Stromversorgung in Malawi investieren. Nur 15 Prozent der Bevölkerung hatte 2020 laut der Weltbank Zugang zu Strom. „Es macht keinen Sinn, wenn Sie eine riesige Anlage mit Kühlkapazität oder für die Produktion haben und es 12 Stunden Stromausfall gibt“, erklärt Kawale.

Ideen und Lösungsansätze, um den Hunger in Malawi zu bekämpfen, gibt es also. Oft fehlt bei den Landwirten allerdings das Wissen über künstliche Bewässerung und alternative Anbaumethoden. Und vor allem fehlt das Geld. Die neue Afrika-Strategie von Entwicklungsministerin Schulze verweist auf das Potenzial der Landwirtschaft auf dem Kontinent, unterstreicht aber auch die Notwendigkeit, die Infrastruktur entsprechend auszubauen.

Doch die Zeit drängt. Malawis Bevölkerung wird sich bis 2050 fast verdoppeln, auf dann 38 Millionen. Mehr Menschen, das bedeutet auch mehr Bedarf nach Nahrungsmitteln. Zudem wird der fortschreitende Klimawandel die Landwirte im Land vor immer größere Herausforderungen stellen. Die aktuelle Regenzeit könnte die nächste werden.

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