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Benjamin Netanjahu erklärt Olaf Scholz etwas.

© dpa/Kay Nietfeld

Wie umgehen mit Israel?: Toleranz gegenüber Netanjahu wäre der falsche Eindruck

Der Westen darf die antidemokratische Tendenz in Israel nicht widerspruchslos hinnehmen. Premier Netanjahu muss erkennen, dass er im Zweifel mehr verliert, als er gewinnen kann.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Was er hier wollte, Benjamin Netanjahu, der neue, alte Premierminister Israels? In jedem Fall gut Wetter machen. Denn die Verbündeten sind in Sorge wegen der Politik der rechtsreligiösen Koalition in Jerusalem. Die Sorge ist nicht geringer geworden.

Da konnte Bundeskanzler Olaf Scholz noch so deutlich werden, so deutlich, wie es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schon vor ihrem Gespräch geworden war. Netanjahu, den Hartgesottenen, beeindruckt das in aller Regel wenig.

Die Entmachtung des Obersten Gerichtshofs ist beschlossene Sache. Mindestens bis jetzt.

Dass in Israel Richter nur noch mit einer Regierungsmehrheit ernannt werden; dass das Parlament Urteile des Gerichtshofs zurückweisen kann, kurz: dass die rechtsreligiöse Koalition an der Gewaltenteilung rührt – für Netanjahu hätte ja das auch persönlich Vorteile. Wer kann ihn dann noch wegen Korruption belangen, wenn seine Regierung so viel Macht auf sich vereint?

Schwierig, schwierig wird das Austarieren. Einerseits ist und bleibt der Schutz Israels Staatsräson für Deutschland. Und dessen erklärter Feind Iran ist der Atombombe sehr nahe. Andererseits kann eine solch antidemokratische Tendenz nicht widerspruchslos übergangen werden. Toleranz wäre hier der falsche Eindruck.

Dass Ungarn und Polen mit ihrer Justiz ähnlich umgehen, macht die Sache nicht besser. Auch sie bekommen Kritik zu hören.

Die USA haben Premier Netanjahu auch nach drei Monaten im Amt noch nicht eingeladen, andere – die Emirate – laden ihn aus, die Saudis lassen ihre geradezu historische Annäherung an Israel ruhen und wenden sich dem Iran zu. Schlimmer geht immer.

Die Europa-Reise durch Italien, Deutschland und Großbritannien steigert das Ansehen nicht. Dem Premier war das sicher bei der Planung klar. Aber alle Einwände, alle Kritik, die auch die Hunderttausende von Demonstranten daheim haben, von den Verbündeten zu hören, ist dann doch noch einmal etwas anderes. Benjamin Netanjahu muss erkennen: Er verliert im Zweifel mehr, als er gewinnen kann.

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