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Kultur: 15 Jahre nach Tschernobyl: 61 Mark im Monat

Fünfzehn Jahre nach der Tschernobyl-Katastrophe herrscht noch immer Unklarheit über das wahre Ausmaß. Russische Medien gehen von mindestens 30 000 und maximal einer halben Million Opfern aus.

Fünfzehn Jahre nach der Tschernobyl-Katastrophe herrscht noch immer Unklarheit über das wahre Ausmaß. Russische Medien gehen von mindestens 30 000 und maximal einer halben Million Opfern aus. Darunter vor allem Liquidatoren. Das waren junge Soldaten der Sowjetarmee, die drei Tage lang glühende Trümmer des geborstenen Reaktors einsammelten - ohne Schutzkleidung, um den Unfall zu verharmlosen und Panik unter der Bevölkerung zu vermeiden. Heute macht sie in Russland ein Gesetz zu bloßen Sozialhilfeempfängern, die mit durchschnittlich 800 Rubeln monatlich auskommen müssen. Das sind 61 DM. Der Löwenanteil davon geht für Medikamente drauf. Niemand kann sich einen Rechtsanwalt leisten, der ihre Forderungen nach Entschädigung durchsetzt.

Auch in Tschernobyl selbst gibt es nach wie vor große Probleme. Zwar ging dort am 15. Dezember der letzte Reaktor vom Netz. Doch der Zementsarg, unter dem der explodierte Reaktor begraben wurde, weist bereits zahlreiche Löcher und Risse auf. Auf der Plattform über dem Sarkophag beträgt die Radioaktivität daher 500 bis 600 Milliröntgen pro Stunde. Das ist zwölf Mal mehr als die für Menschen verträgliche Dosis. Unter dem Betonmantel bewegt sich die Strahlung sogar in Werten, die mehrfach über denen liegen, die nach dem Abwurf der Atombombe in Hiroshima gemessen wurden.

Daher wurde schon Mitte der 90er Jahre eine neue Stahlhülle geplant. Finanzieren wollte das Projekt, das laut Voranschlag 700 Millionen US-Dollar kostet, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE). Doch als 1997 für den Strahlenschutz bestimmte Gelder in dunklen Kanälen des Kiewer Establishments versandeten, stellte die EBWE die Zahlungen ein. Zwar gab es am Dienstag Meldungen, nach denen die ukrainische Betreibergesellschaft und die EBWE sich auf die Konstruktion einer rund 434 Millionen Mark teuren Stahlhülle geeinigt hätten. Doch eine Sprecherin der Bank dementierte umgehend: Momentan seien lediglich Verhandlungen zur Reparatur der bestehenden Betonummantelung im Gange.

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