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Nach Jahrhunderten der Republik wieder ein Oranier auf dem Thron: Willem I. der Niederlande im Kreise seiner Familie. Monumentales Gemälde (310 x 440 Zentimeter) von Innocent Louis Goubaud von 1830. Links vor dem König liegt die Krone aus Kupfer, die nur symbolische Bedeutung hatte und nie getragen wurde.

© Sammlung des Auswärtigen Amtes in Den Haag, Angelika Honsbeek

250 Jahre König Willem I. der Niederlande: Am liebsten alles allein

Willem I. war fleißig, aber beratungsresistent. Seine Rolle übte der erste König der Niederlande bereits als Fürst von Fulda ein, das ihn ehrt.

„Väterchen, Kaufmann und aufgeklärten Despoten“ nennt Freek Schlingmann Willem I., den ersten König der Niederlande, dessen 250. Geburtstag jetzt mit einer großen Ausstellung gefeiert wird. Aber nicht in Amsterdam oder Den Haag, sondern in Fulda. Die Niederländer haben ein gespaltenes Verhältnis zu dem Monarchen, in Fulda feiert man ihn als ersten säkularen Fürsten, der den Kleinstaat reformiert und modernisiert hat. Dass es dazu kam, hat mit den Verwerfungen in Europa zu tun, die Napoleon Bonaparte mit seinen Eroberungskriegen ausgelöst hatte.

Napoleon war es auch, der Willem Frederiks Vater als Erbstatthalter der Republik der Vereinigten Niederlande abgesetzt hatte. Mit seinem Bruder setzte Napoleon einen Franzosen auf den Thron des von ihm neu geschaffenen Königreichs der Niederlande. Dem Vater Willem Frederiks bot er für den Verlust seiner Gebiete das Fürstbistum Fulda an. Doch der Statthalter wollte sich nicht auf Kosten seiner Standesgenossen bereichern und verzichtete zugunsten des Erbprinzen Willem Frederik auf den Titel.

Schloss Fulda, in dem der spätere erste König der Niederlande, Willem I. von 1802 bis 1806 als Fürst regierte und das Land reformierte. Jetzt ehrt ihn die Stadt mit der Ausstellung "Design & Dynastie" bis zum 28. August 2022.

© Rolf Brockschmidt

Dieser hatte keine Skrupel und wurde darin auch von seiner Mutter, Wilhelmine von Preußen, der Nichte Friedrichs des Großen, unterstützt. Bereits 1795 war die Familie ins Exil nach England und dann nach Oranienstein bei Diez gegangen. So wurde der Oranierprinz Willem Frederik mit 30 Jahren 1802 Fürst von Fulda, Corvey, Dortmund und Weingarten. Er wollte rasch vollendete Tatsachen schaffen und machte sich daran, das verarmte Territorium, zu dessen einzig wachsendem Wirtschaftszweig das Bettelwesen gehörte, zu reformieren. Er wollte als vorbildlicher Herrscher Ansehen gewinnen. Was für ihn gut war, war auch für das Land gut. Wie sein Vorbild Friedrich der Große sah er sich als ersten Diener des Staates.

Die Winter verbrachte der Fürst stets von Januar bis Mai bei seiner Familie in Berlin. Um standesgemäß zu wohnen, erwarb er das sogenannte Niederländische Palais Unter den Linden. Da Willem Frederik auf Seiten der Preußen gegen Napoleon kämpfte und die Koalition 1806 bei Jena und Auerstedt verlor, war es auch mit dem Fürstentum Fulda vorbei. „Der Prinz von Oranien regiert nicht mehr Fulda“, schrieb Napoleon lapidar. Willem Frederik musste so nach vier Jahren wieder ins Exil nach Berlin und England, von wo er 1813 triumphierend in die Niederlande zurückkehrte.

Berliner Gedenktafel für Willem I., die auf Initiative eines niederländischen Geschäftsmannes an der Stelle des ehemaligen Niederländischen Palais Unter den Linden angebracht wurde.

© OTFW, Berlin

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 witterten die Orangisten im Königreich Niederlande Morgenluft. Drei Staatsmänner, Gijsbert Karel van Hogendorp, Frans Adam van der Duyn van Maasdam und Leopold van Limburg Stirum, boten dem Oranierprinzen den Titel des „Souveränen Fürsten“ statt den des antiquierten Statthalters an. Unter der Bedingung einer neuen Verfassung war Willem Frederik dazu bereit und landete 1813 in einem Fischerboot am Strand von Scheveningen. Auf dem Wiener Kongress beschlossen die Großmächte, die Nördlichen und die Südlichen Niederlande als Einheitsstaat zu einem Puffer gegen Frankreich zu formen – mit einem König an der Spitze. In Personalunion wurde er als Willem I. zudem Großherzog von Luxemburg. Die Südlichen Niederlande, überwiegend katholisch, fühlten sich von einem protestantischen König bevormundet, seine unglückliche Sprachpolitik zur Durchsetzung des Niederländischen im heutigen Belgien stieß selbst bei Flamen auf Widerstand.

"Was sind Minister? Nichts!"

Willem I. galt als fleißiger und willensstarker König, allerdings war er beratungsresistent. „Was sind Minister? Nichts! Wenn ich will, regiere ich ohne Minister und setze an die Spitze der Ministerien willkürlich Menschen, zum Beispiel meinen Stallmeister; denn schließlich bin ich der Einzige, der handelt, der verantwortlich ist für die Taten der Regierung“, tobte er 1815, als eine Mitarbeit der Generalstände beim Regieren in die Verfassung aufgenommen werden sollte.

Als aufgeklärter Alleinherrscher hatte er sich im kleinen Fulda gesehen und alles bestimmt, so sah er nun auch seine Rolle in den Niederlanden. Er plante Straßen und Kanäle im ganzen Königreich, wovon heute noch Niederländer und Belgier profitieren. Er glaubte an die Eisenbahn, sorgte für Industrialisierung, Landgewinnung, Bildung, die Gründung des Nationalarchivs und der Königlichen Bibliothek in Den Haag und nicht zuletzt für die Gründung der Nationalbank der Niederlande, um all das zu finanzieren. Willem I. versuchte außerdem, durch eine Kirchenreform den Einfluss der Katholiken im Süden zurückzudrängen, auch mit Tricks bei der Verabschiedung des neuen Grundgesetzes.

Belgien erklärt sich 1830 für unabhängig

Die Spannungen wuchsen derart, dass der Süden, das heutige Belgien, sich 1830 für unabhängig erklärte. Das konnte Willem I. nicht akzeptieren und befahl den Einmarsch niederländischer Truppen im Süden, worauf die Belgier die Franzosen um Hilfe baten. Der sogenannte „zehntägige Feldzug“ auf Befehl Willem I. endete mit einem Rückzug. Er musste sich dem internationalen Druck beugen, Belgien – und damit die Einheit – waren verloren. Das Großherzogtum Luxemburg, Brabant und Limburg wurden geteilt. Der König akzeptierte die Abtrennung bis 1839 nicht und trat 1840 endgültig zurück, als die Minister mehr Verantwortung bekommen sollten.

Willem I. in seinem Berliner Exil Unter den Linden 1843 - kurz vor seinem Tod. In diesem Stuhl ist er gestorben.

© Wikipedia

Verbittert zog er sich ins Berliner Exil Unter den Linden zurück, wo er 1843 einsam starb. Willem I. regierte wie ein Patriarch, vom aufkommenden Bürgertum erwartete er Fleiß und Arbeit, aber von Demokratie und Freiheit hielt er nicht viel.

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