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Kultur: Aiii!!!

Für Kinder: „Ali Baba“ an der Komischen Oper.

Die Vierteilung des raffgierigen Kasim findet kurz vor der Pause statt. Schließlich ist das Stück ab sechs Jahren empfohlen. An der Komischen Oper werden schon die Jüngsten mit den Regie-Gepflogenheiten des Hauses vertraut gemacht – in den „Erwachsenenstücken“ erwarten sie ja bald noch ganz andere Zumutungen. Für die jährliche Kinderoper, die hier stets auf der Hauptbühne herauskommt, wurde diesmal „Ali Baba und die 40 Räuber“ ausgewählt. Ein gleichermaßen in Deutschland wie in der Türkei geläufiges Märchen sollte es sein, denn die Komische Oper bemüht sich derzeit intensiv um die türkische Community, von umfangreichen Vermittlungsangeboten bis hin zu türkischen Untertiteln.

Marietta und Çetin Ipekkaya haben die altbekannte Geschichte für die Bühne adaptiert, Regisseur Matthias Davids erzählt sie ungeschönt drastisch. Von Judith Peter stammen die pfiffig mit modernen Accessoires aufgepeppten orientalischen Kostüme, von Melissa King die ziemlich coolen Choreografien, Sanne Danz hat einen riesigen Teppich über die Bühne gelegt, der sich als Sesam effektvoll hochklappen lässt. Mit Jens Larsen als Ali Baba, Carsten Sabrowski als Räuberhauptmann und Caren van Oijen als eitler Ayse sind drei der spielfreudigsten Ensemblemitglieder dabei. Und Daniel Drewes erobert sich als redegewandter Esel mit silbergrauer Irokesenbürste im Iaaa-Umdrehen die Kinderherzen –schließlich röhren die Tiere auf Türkisch tatsächlich „Aiii“.

Alles prima also nach Art des Hauses? Ein Problem gibt es dann doch – und das trifft ins Herz jedes Musiktheaterstücks. Die Partitur, die der Baglama-Virtuose Taner Akyol abgeliefert hat, ist eine pure Parodie jener „zeitgenössischen Musik“, die Erwachsene scharenweise aus Konzertsälen und Opernhäusern treibt. Aber leider ist das hier absolut ernst gemeint. Abgesehen von ein paar folkoristischen Tanzeinlagen steigt unter der Leitung von Kristiina Poska ein amorphes Geschmirgel, Gefissel und Geschabe aus dem Orchestergraben auf, eine kalkulierte Kakofonie mit Piccoloflötenblitzen und Posaunenfurzen, über der sich die Sänger in grotesken Intervallsprüngen entäußern. Da ist bei der Instrumentation wohl etwas sehr gründlich schiefgelaufen. Auf der als Programmheft-Ersatz angebotenen „Ali Baba“-CD nämlich hört sich das alles im Arrangement für vier traditionelle türkische Instrumente ganz anders gemeint an. Jedenfalls nicht so gemein. Frederik Hanssen

Wieder am 3., 8., 12., 28. und 30.11.

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