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Das Hackbarths in Mitte in der August/Ecke Joachimstraße

© Imago/Rüttimann

Auf dem Tresen, auf dem Boden: In Mitte verändern sich Ausgehverhalten und Barpublikum

Früher böse Gentrifizierungsbar, später Leuchturm, heute unter Touristendruck: Szenen aus dem Hackbarth's in Mitte.

Man kennt das Phänomen aus Kreuzberg, von einem einst ins Desperate gehenden Laden wie dem Mysliwska in der Schlesischen Straße: Als diese vor über einem Jahrzehnt zur Easy-Jetset-Ausgehmeile wurde, lag das Mysliwska gewissermaßen im Auge des Sturms.

Es erlebte eine neue Blüte, nachdem dort schon mehrere Abschieds- und Schließungsfeiern abgehalten worden waren, und ist seit Jahren oft auch unter der Woche, gerade im Sommer, rappelvoll. Zwischen den vielen jungen Berlinreisenden sitzen weiterhin noch einige Alteingesessene herum (obwohl es im Sommer mal wieder hieß, das Myslywiska würde zum Jahresende dicht machen, warum auch immer).

Im Fall des Hackbarth’s in der August- Ecke Joachimstraße in Mitte ist es mit der neuen Blüte ähnlich. Nur dass diese Bar allgemein vom Berlin-Boom profitiert, Mitte schon kurz nach der Wende eine große Anziehungskraft hatte und die Oranienburger Straße nahe ist.

Plötzlich stand das Smartphone des Keepers unter Bier

War das Hackbarth’s zunächst eine böse Gentrifizierungsbar, hell und groß und neu, entwickelte es sich in der Folgezeit zu einem der Leuchttürme der Gegend: unverwüstlich, dem Kunstbetrieb angeschlossen, ein Laden für Menschen ab vierzig aufwärts, eine Oase des cool-soignierten Friedens inmitten des Touristentrubels drumherum.

Inzwischen stellt sich das anders dar. Man hat den Eindruck, dass auch das Hackbarth’s, dieser Mitte-Bar-Dinosaurier, unter erhöhtem Touristendruck steht. Das Publikum wird jedenfalls jünger und jünger, spricht oft spanisch oder englisch und macht häufig den Eindruck, als sei es eher zufällig hier hineingeraten.

Das ist natürlich nicht schlecht fürs Geschäft, führt aber auch zu Begebenheiten wie neulich, da sich ein Jungspund so intensiv an der Theke räkelte, dass er dabei mehrere Biergläser umstieß und auch das Smartphone des alles andere als amüsierten Keepers unter Bier setzte.

Sie machte dann ein Schläfchen auf dem Barhocker

Oder zu jener Szene mit dem jungen Pärchen, das sich angetrunken an der Theke sitzend in jedes Gespräch mischte, davon sprach, wie cool es sonst so in Frankfurts Bankenviertel unterwegs sei und was dabei für Geld ausgegeben würden. Ein Witz dagegen die Preise im Hackbarth’s!

[Bye bye, altes Haus! Das bekannte Bistro "Themroc" auf der Torstraße macht dicht. Laura Hofmann nimmt Abschied und sagt: "Mit der Schließung geht auch ein Teil des alten Berlin-Mitte." Hier ihr Text im neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Mitte]

Zigaretten schnorren taten beide allerdings unentwegt; und während sie dann einfach mal ein Schläfchen auf ihrem Barhocker machte, den Kopf sanft auf dem Tresen gebettet, führte er eifrig Konversation, wusste jedoch mit dem Beruf seiner Gegenüber nur wenig anzufangen, mit Literatur wie Literaturkritik.

Als seine Freundin wieder aufwachte, verstummte er, dann machte es rumms und er lag auf dem Boden. Zumindest aus der Tür nach draußen sind beide kurz darauf ganz manierlich gekommen.

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